Form-Retax nach dem neuen Rahmenvertrag

DAK bleibt harter Retax-Linie treu

Berlin - 17.08.2016, 15:30 Uhr

Die DAK-Gesundheit sorgt bei Apothekern immer wieder für Überraschungen in Sachen Retax. (Foto: DAK)

Die DAK-Gesundheit sorgt bei Apothekern immer wieder für Überraschungen in Sachen Retax. (Foto: DAK)


Die DAK-Gesundheit bleibt hart: Die neuen Retax-Regelungen im Rahmenvertrag gelten aus ihrer Sicht nur für Verordnungen, die ab dem 1. Juni 2016 abgerechnet wurden. Den Einspruch einer Apothekerin, der sich auf die neuen Vorgaben bezogen hat, hat die Kasse jetzt zurückgewiesen.

Im September 2015 kam eine DAK-versicherte Krebspatientin mit einem Klinikrezept über Ondansetron in eine Apotheke im Saarland. Die Apothekerin wollte wegen pharmazeutischer Bedenken das Mittel gegen Übelkeit bei einer Chemotherapie nicht austauschen. Sie gab daher nicht das Rabattarzneimittel der DAK-Gesundheit ab. Auf dem Rezept vermerkte sie das entspechende Sonderkennzeichen.

Daraufhin flatterte ihr im Juni 2016 eine Beanstandung der DAK-Gesundheit ins Haus. Sie wollte nicht für das Arzneimittel bezahlen. Der Kasse reichte das Sonderkennzeichen für pharmazeutische Bedenken nicht. Sie forderte vielmehr, die Bedenken auszuformulieren.

Über den Landesapothekerverband legte die Apothekerin Einspruch gegen diese Retaxation ein. Dabei verwies sie auf den nunmehr in Kraft getretenen neuen § 3 des Rahmenvertrags über die Arzneimittelversorgung. Hier ist in Absatz 1 Nr. 7 c) ausdrücklich geregelt, dass es ein unbedeutender – und daher den Vergütungsanspruch nicht ausschließender – Formfehler ist, wenn die Apotheke im Fall pharmazeutischer Bedenken nur das vereinbarte Sonderkennzeichen aufträgt.

Verweis auf alten Kommentar zum Rahmenvertrag

Doch die DAK-Gesundheit wies den Einspruch zurück. Sie bleibt dabei: Gibt der Apotheker nicht das rabattbegünstigte, sondern ein anderes Arzneimittel ab, so hat er „den Grund der abweichenden Abgabe entsprechend des Kommentars zum Rahmenvertrag nach § 129 SGB V auf dem Verordnungsblatt stichwortartig zu vermerken und das Sonderkennzeichen (2567024) aufzudrucken“. Dies ist ein zutreffender Verweis auf den Kommentar zum Rahmenvertrag von 2012. 

Seit 1. Juni 2016 gilt allerdings ein neuer Rahmenvertrag – und auch die Kommentierung ist nun eine andere. Doch die neuen Regelungen meint die DAK nicht anwenden zu müssen. Sie ist der Auffassung, der Beschluss der Schiedsstelle, mit dem § 3 des Rahmenvertrags geändert wurde, gelte nur für Belieferungen ab dem Datum seines Inkrafttretens. Denn „das Entstehen des Vergütungsanspruchs der Apotheke [hängt] stets von der Belieferung der Verordnung ab (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Rahmenvertrag). Eine Regelung über die Anwendbarkeit auf Belieferungen vor dem 1. Juni 2016 enthält der Beschluss nicht“. Für vor dem 1. Juni 2016 abgerechnete Verordnungen – wie vorliegender Fall – könne der Beschluss daher nicht rückwirkend herangezogen werden.

Anderer Ansicht: ABDA, Schiedsstelle, DAP

Ob die Kasse damit wirklich richtig liegt, wird möglicherweise vor Gericht entschieden werden müssen. Denn es gibt durchaus eine andere Auffassung zu der Frage, ab wann die neuen Regelungen des Rahmenvertrags gelten. So erklärte die ABDA in ihrem Geschäftsführer-Rundschreiben vom 24. Mai 2015: „Die Neuregelung gilt für alle Beanstandungen, die künftig ausgesprochen werden oder bei denen das Beanstandungsverfahren noch nicht abgeschlossen wurde“.

Auch Dr. Elmar Mand, der zu den unabhängigen Mitgliedern der Schiedsstelle um Dr. Rainer Hess gehörte, die den Retax-Kompromiss zwischen Deutschem Apothekerverband und GKV-Spitzenverband herbeigeführt hat, erklärte gegenüber der DAZ: „Der Vertrag soll zum 1. Juni in Kraft treten. Das heißt, über Retaxationsentscheidungen nach diesem Datum ist unter Beachtung der getroffenen Neuregelungen zu entscheiden. Das gilt auch, wenn das Rezept bereits vorher eingereicht war“.  

Auch das DeutscheApothekenPortal (DAP) ist der Ansicht, dass die DAK die Neuregelung (fälschlicherweise) zu ihren Gunsten auslegt. Die Gültigkeit der Neuregelung beziehe sich eben nicht auf das Abgabedatum auf dem Rezept, sondern auf den Zeitpunkt der Beanstandung. Dies leitet das DAP nicht zuletzt aus § 129 Abs. 4 Satz 2 SGB V ab. Dort heißt es: „In dem Rahmenvertrag ist erstmals bis zum 1. Januar 2016 zu regeln, in welchen Fällen einer Beanstandung der Abrechnung durch Krankenkassen, insbesondere bei Formfehlern, eine Retaxation vollständig oder teilweise unterbleibt;...“

Die Apothekerin will sich nun mit ihrem Landesapothekerverband über das weitere Vorgehen abstimmen.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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3 Kommentare

Lieber Nikolaus, ich wünsche mir....

von Andreas P. Schenkel am 17.08.2016 um 20:35 Uhr

.... ab dem nächsten Jahr eine Rating-Agentur für das deutsche Gesundheitswesen. Dann hätten die DAK-Rezepte nämlich offiziell Ramsch-Status: "hohe Wahrscheinlichkeit eines Zahlungsausfalls". Ho ho hoooo.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Retax reloaded

von Heiko Barz am 17.08.2016 um 17:58 Uhr

Und das wollen "Partner" im Gesundheitswesen sein??
Ist denen das Wohl ihrer Beitragszahler wirklich etwas wert?

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Partner von wem?

von Andreas Grünebaum am 17.08.2016 um 19:49 Uhr

Die DAK hat schließlich ihre Mitglieder zu "VERSORGEN". Wir sind nur Erfüllungsgehilfen der Krankenkassen, die deren Job gegen eine Gebühr übernehmen.

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