Deutschland, Österreich und Schweiz

Unterschiedlicher Umgang mit der „Pille danach“

Schladming - 23.01.2015, 17:30 Uhr


Die Apothekerschaft aus Deutschland, Österreich und der Schweiz geht durchaus unterschiedlich mit der „Pille danach“ als OTC um. Das zeigte sich bei der Diskussion im Rahmen des Pharmacon-Kongresses im österreichischen Schladming. Sowohl in Österreich wie in der Schweiz sind Notfallkontrazeptiva bereits seit einiger Zeit rezeptfrei in der Apotheke erhältlich. In der Schweiz gibt es dazu klare Auflagen.

Dominique Jordan, bis vor kurzem Präsident des Schweizer Apothekerverbands pharmaSuisse, berichtete, dass die Apotheker in der Schweiz dazu angehalten seien, für eine Einnahme der Tablette in der Apotheke zu sorgen, um eine Bevorratung durch die Patientinnen zu verhindern. Bei der Abgabe von Notfallkontrazeptiva komme den Apotheken auch eine „Sozial-Aufgabe“ zu, betonte er. Das schweizerische Bundesamt für Gesundheit habe von den Apothekern im Vorfeld der Freigabe gefordert, dass diese bei der Abgabe eine Aufklärungsrolle übernehmen müssen. Große Sorgen mache man sich in der Schweiz beispielsweise über die zunehmende Ausbreitung von Geschlechtskrankheiten. Die Apotheker sollen den Patientinnen klar machen, dass es sich bei der „Pille danach“ nicht um eine reguläre Verhütungsmethode handle.

Ein OTC wie jedes andere…

Der Präsident der Österreichischen Apothekerkammer, Mag. Max Wellan, berichtete, dass es, bevor die „Pille danach" vor über fünf Jahren in Österreich rezeptfrei wurde, eine ganz ähnliche Diskussion wie jetzt in Deutschland gegeben habe – allerdings in milderer Form. Die damals geäußerten Befürchtungen hätten sich jedoch nicht bewahrheitet, im Zusammenhang mit der Notfallkontrazeption habe es bisher nicht ein einziges medizinisches Problem gegeben, für das der abgebende Apotheker verantwortlich gewesen sei. In Österreich herrsche ein „grundvernünftiger Umgang“ mit der „Pille danach“, für die Abgabe und Beratung gebe es keine besonderen Vorgaben. „Das ist ein nicht-verschreibungspflichtiges Arzneimittel wie jedes andere.“

Die Freigabe sei für österreichische Apotheker nicht so einschneidend gewesen wie für die deutschen Kollegen, gab Wellan zu bedenken. Im Rahmen des Notfallparagrafen hätten viele Apotheker auch vorher schon die „Pille danach“ eigenverantwortlich abgegeben. Der „Notfallparagraf“ des österreichischen „Rezeptpflichtgesetzes“ erlaubt dem Apotheker in „besonderen Notfällen“ die Abgabe der kleinsten Packung eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels auch ohne Rezept. Dabei obliegt die Definition, was ein Notfall ist, alleine dem Apotheker, wie Wellan betont. „Und was bitte soll ein Notfall sein, wenn nicht die Abgabe der ‚Pille danach‘?“

…oder doch nicht?

Bereits bei der Eröffnung des Pharmacon am 18. Januar hatte Wellan für Erstaunen beim vorwiegend deutschen Publikum gesorgt, als er berichtete, dass die Österreichische Apothekerkammer die „Pille danach“ in die Reiseapotheke gepackt hat, die sie einem österreichischen Archäologenteam zusammengestellt hat, bevor es zu Ausgrabungen im antiken Ephesos aufgebrochen war. „Die ‚Pille danach‘ gehört in jede Reiseapotheke“, meinte Wellan. In der Schweiz könne man diese Meinung nicht nachvollziehen, machte Jordan klar, bei der „Pille danach“ handele es sich eben nicht um ein Verhütungsmittel wie jedes andere.


Dr. Benjamin Wessinger


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