Import/Original-Verordnung mit Aut-idem-Kreuz

Urteil sorgt für Unsicherheit

Berlin - 18.04.2014, 12:01 Uhr


Die Frage, ob ein Aut-idem-Kreuz einen Rabattvertrag schlägt, wenn es um die Abgabe eines Imports oder Originals geht, wurde bis vor kurzem klar verneint. Das Sozialgericht Koblenz sah dies anders. Es gab der Therapiehoheit der Ärzte Vorrang und schützte damit eine Apotheke, die das Aut-idem-Kreuz beachtet hatte, vor einer Retaxation. Der GKV-Spitzenverband hat sich der Rechtsauffassung des Sozialgerichts angeschlossen – doch nicht alle Kassen ziehen mit, etwa die AOK Baden-Württemberg.

Ein Schreiben des GKV-Spitzenverbandes an seine Mitgliedskassen hat kürzlich Unruhe ausgelöst. In diesem zeigte sich der Verband der Argumentation des Sozialgerichts Koblenz aufgeschlossen. Ein Austausch scheide aus, „wenn die Verordnung keinen Ermessensspielraum belasse“, teilte der Spitzenverband auch dem Deutschen Apothekerverband (DAV) mit, wie das DeutscheApothekenPortal (DAP) berichtet. Zudem habe die ABDATA die Softwarehäuser der Apotheken angewiesen, ihre Software entsprechend dem Urteil anzupassen.

Daraufhin informierte etwa der Hessische Apothekerverband, dass das Aut-idem Kreuz fortan bei einem sozialrechtlich geforderten Austausch von Import- und Originalarzneimitteln aus Wirtschaftlichkeitsgründen – entweder aufgrund des Vorrangs eines Rabattvertrags oder wegen der 15/15er-Regel – ab sofort zu beachten sei. Es schließe den Austausch aus.

Ganz so klar ist die Situation allerdings nicht. Der GKV-Spitzenverband kann seinen Mitgliedskassen keine verbindliche Vorgabe machen – sie entscheiden noch immer selbst, ob sie retaxieren oder nicht. Die im Koblenzer Fall betroffene Krankenkasse hat das Urteil anerkannt und führt den Rechtsstreit nicht weiter – eine höchstrichterliche Entscheidung, die Klarheit schaffen könnte, steht damit nicht an.

Das betont auch die AOK Baden-Württemberg in einer Stellungnahme zu diesem Sachverhalt gegenüber dem DAP. Zwar sei die Einzelfallentscheidung des Sozialgerichts Koblenz rechtskräftig geworden – von einer gefestigten Rechtsprechung in dieser Grundsatzfrage könne aber nicht die Rede sein, betont die AOK. Und weiter: „Diese Situation ist für Apotheken wie Krankenkassen unbefriedigend. Das Sozialgericht Koblenz hat mehr Unsicherheit als Klärung gebracht, das Rundschreiben des GKV-Spitzenverbands hat dies nicht besser gemacht“.

Die AOK verweist darauf, dass das Arzneimittelgesetz Originale und deren Reimporte gleichstelle. Bei Arzneimitteln, die auch arzneimittelrechtlich als identisch gelten, könne ein Aut-idem-Kreuz des Arztes keine Wirkung entfalten, da es sich demnach nicht um den Austausch zweier verschiedener Arzneimittel handelt. Anders läge dies, so die AOK, wenn neben Reimporten auch Arzneimittel mit einer generischen Zulassung auf dem Markt verfügbar wären. Der Austausch anderer Arzneimittel gegen das verordnete Original oder deren Reimport müsse unterbleiben.

Abschließend erklärt die AOK gegenüber dem DAP, sie erkenne an, dass die Sachlage nicht rechtssicher geklärt ist. Und sie verspricht nur eines: „Gibt eine Apotheke ein rabattiertes Originalarzneimittel bzw. einen rabattierten Reimport ab, obgleich der nicht rabattierte Reimport bzw. das nicht rabattierte Original auf dem Rezept mit einem Aut-idem-Kreuz versehen ist, so sichert die AOK Baden-Württemberg der Apotheke diesbezüglich Regressfreiheit zu.“

Wie andere Kassen mit dem Urteil umgehen werden, bleibt nun abzuwarten.


Kirsten Sucker-Sket


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