Signalproteine

Rheb steuert das Zellwachstum

Bochum - 06.11.2010, 06:54 Uhr


Das Signalprotein Rheb kommt in vielen Körperzellen vor, besonders im Gehirn. Es ist wichtig für Wachstumsprozesse – bei Zellstress zeigt es aber sein zweites Gesicht. In diesem Fall beschleunigt es den Tod der Zelle, die Apoptose, wie Forscher der Ruhr-Universität Bochum jetzt herausfanden.

Damit das Signalprotein Rheb (Ras homologue enriched in brain) seine Wirkung entfalten kann, muss der Rheb-Signalweg aktiviert werden. Das geschieht unter anderem durch die Bindung von aktiviertem Rheb an die Proteinkinase mTOR (Target of Rapamycin). Der Komplex verursacht über weitere Signalkaskaden Zellwachstum, Steuerung des zellschützenden kontrollierten Abbaus von Zellbestandteilen (Autophagie), Reaktionen der Zelle auf Energieverknappung und Proteinherstellung. Das Antibiotikum Rapamycin hemmt die mTOR-Kinase und somit auch die Aktivierung durch Rheb. Rapamycin wird zur Unterdrückung der Immunantwort oder bei der Krebstherapie eingesetzt, um Zellwucherungen zu verhindern.

Rheb ähnelt dem Produkt des Krebsgens Ras. Ras schützt Nervenzellen nach Verletzungen vor dem Zelltod, erhöht die Zahl der Verschaltungen zwischen Nervenzellen im Gehirn und vergrößert das Volumen der Nervenzellen. Rheb hat entgegen gesetzte Wirkungen: Nach bestimmten Stress-Behandlungen wie UV-Bestrahlung, schützt es nicht vor dem Zelltod, sondern verstärkt im Gegenteil die Apoptose.

Um den Ursachen dieses Unterschieds auf den Grund zu gehen, bestimmten Bochumer Forscher die Proteinstruktur von Rheb in inaktivem Zustand. Die Daten setzten sie in Beziehung zur Dynamik des Proteins. Dabei stellte sich heraus, dass die Flexibilität der für die Funktion des Rheb wichtigen Schalter-I- und Schalter-II-Regionen vom Aktivitätszustand dieses Proteins abhängt. Demnach verhält sich Rheb ebenso dynamisch wie Ras. Eine physiologisch bedeutsame Wechselwirkung zwischen ihnen gibt es jedoch nicht, so die Forscher. Die Signalwege von Rheb und Ras sind weit voneinander entfernt. Durch gezielte Unterdrückung der Bildung eines weiteren Signalproteins konnten sie beweisen, dass dieses maßgeblich und ursächlich an der von Rheb verstärkten Apoptose beteiligt ist.

Die Erkenntnisse sind nicht nur für die Grundlagenforschung bedeutsam. Mutationen in dem Rheb vorgeschalteten Signalkomplex verursachen tuberöse Sklerose (Bourneville-Pringle-Syndrom). Diese autosomal-dominante genetische Erkrankung geht mit Fehlbildungen und Tumoren des Gehirns, Hautveränderungen und meist gutartigen Tumoren in anderen Organsystemen einher und führt häufig zu epileptischen Anfällen und kognitiven Behinderungen. Sie betrifft etwa eines von 8.000 Kindern. In laufenden Studien erhofft man sich eine Verbesserung der Symptome durch Rapamycin.

Quelle: Karassek, S., et al.: J. Biol. Chem. 2010; 285 (44): 33979–3391


Dr. Bettina Hellwig