Arzneimittel-Sparpaket

Regierungskoalition plant Härtefallregelung

Berlin - 16.06.2010, 13:43 Uhr


Für die zum 1. August geplante Erhöhung des Herstellerrabatts für Arzneimittel ohne Festbetrag soll zur Erleichterung der Industrie eine Ausnahmeregelung geschaffen werden. Der Gesundheitsausschuss

Der erhöhte Herstellerrabatt und das mit ihm verbundene Preismoratorium wurden im Omnibusverfahren an das „Gesetz zur Änderung krankenversicherungsrechtlicher und anderer Vorschriften“ (GKV-ÄndG) angehängt. Der entsprechende Änderungsantrag wurde heute im Gesundheitsausschuss beschlossen. Die abschließende Beratung im Bundestag soll diesen Freitag stattfinden.

Nach dem neuen Änderungsantrag soll die Umsetzung der EU-Transparenzrichtlinie auch dahingehend erfolgen, dass pharmazeutische Unternehmer in Ausnahmefällen bei Vorliegen besonderer Gründe eine Abweichung vom Preismoratorium und dem erhöhten Herstellerabschlag beantragen können. Der Begründung zufolge kommen als besondere Gründe „nur solche in Betracht, die eine ausnahmslose Anwendung der für alle betroffenen Unternehmer geltenden gesetzlichen Regelungen als nicht sachgerecht erscheinen lassen“. Besondere Gründe in diesem Sinn könnten etwa dann vorliegen, wenn der erhöhte Abschlag aufgrund einer besonderen Marktsituation die finanzielle Leistungsfähigkeit des Unternehmens gefährden würde. Die entsprechenden Anträge sind vom pharmazeutischen Unternehmer so umfassend zu begründen, dass sie innerhalb der vorgesehenen Frist von 90 Tagen vom Bundesgesundheitsministerium beschieden werden können. Das Nähere zur Ausgestaltung des Antragsverfahrens, zur Begründung der Anträge, zu den erforderlichen Nachweisen und zur Höhe der Gebühren soll das Ministerium regeln.

Vorgesehen ist zudem eine Härtefallregelung für Orphan Drugs zur Behandlung seltener Erkrankungen. Auch hier können produktbezogene Anträge im Sinne der oben beschriebenen Härtefallregelung gestellt werden. So soll sichergestellt werden, dass diese Arzneimittel weiterhin für die Versorgung zur Verfügung stehen und nicht vom pharmazeutischen Unternehmer aus dem Markt genommen werden, weil aufgrund des Abschlags die Finanzierung der Aufwendungen, insbesondere für Forschung und Entwicklung, nicht mehr möglich ist.

Klargestellt wird weiterhin, dass im Rahmen von Rabattverträgen vereinbarte Preisnachlässe auf den Herstellerabschlag abzurechnen sind. Nach der Begründung des Änderungsantrags soll hierdurch verhindert werden, dass sich die verschiedenen Abschläge kumulieren. Damit würden diejenigen Hersteller schlechter gestellt, die bereits vertraglich Rabatte vereinbart haben. Würden die verschiedenen Rabatte in der Summe für den Hersteller nicht mehr tragbar sein, bestünde zudem die Gefahr, dass Rabattverträge aus diesem Grund gekündigt werden. Die vorzunehmende Minderung soll dem vertraglich vereinbarten Rabatt entsprechen, höchstens jedoch 10 Prozent. Die Begründung führt hierzu aus, dass der Anspruch der Krankenkasse auf den Abschlag von 6 Prozent nach § 130a Abs. 1 bereits seit dem 1. Januar 2005 besteht und den Vertragspartnern bei Abschluss des Rabattvertrags bekannt gewesen sei. Er könne demnach nicht durch einen vertraglich vereinbarten Rabatt gemindert werden. Bei patentgeschützten und nicht mit Festbetrag geregelten Arzneimitteln kann überdies ab dem 1. August 2010 eine freiwillige Preisabsenkung mit dem erhöhten Herstellerrabatt verrechnet werden.

Der neue Änderungsantrag sieht überdies vor, dass Krankenkassen auch für Arzneimittel, die durch Krankenhausapotheken im Rahmen der ambulanten Behandlung nach § 129a abgegeben werden, Anspruch auf den Herstellerabschlag haben. Der Abschlag wird, wie bei Fertigarzneimitteln in parenteralen Zubereitungen, auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer bemessen, der bei Abgabe des Arzneimittels durch eine öffentliche Apotheke aufgrund der Preisvorschriften des Arzneimittelgesetzes vom pharmazeutischen Unternehmer erhoben würde. Damit soll sichergestellt werden, dass trotz Erhöhung des Herstellerabschlags Krankenkassen für nach § 129a abgegebene Arzneimittel keine höheren Ausgaben entstehen als bei der Abgabe durch öffentliche Apotheken. Gleichzeitig wird klargestellt, dass die Abschlagspflicht für Fertigarzneimittel in parenteralen Zubereitungen auch für durch Krankenhausapotheken abgegebene Zubereitungen gilt.

Ein weiterer Änderungsantrag betrifft die elektronische Gesundheitskarte. Mit einem neuen Versichertenstammdatendienst soll der Datenschutz, die Missbrauchsbekämpfung sowie die Wirtschaftlichkeit verbessert werden. Die bereits bestehende Verpflichtung der Krankenkassen, dem Missbrauch der Karten durch geeignete Maßnahmen entgegenzuwirken, wird dadurch ergänzt, dass die Kassen verpflichtet werden, Online-Dienste anzubieten, mit denen die Leistungserbringer die Gültigkeit und die Aktualität der Daten bei den Krankenkassen überprüfen und auf der elektronischen Gesundheitskarte aktualisieren können.

Das nicht zustimmungspflichtige Gesetz wird voraussichtlich am 9. Juli im Bundesrat abschließend beraten und kann dann planmäßig zum 1. August in Kraft treten.


Kirsten Sucker-Sket