Gesundheitspolitik

Bundestag beschließt erstes Sparpaket

Ausnahmen vom erhöhten Zwangsabschlag möglich

Berlin (ks). Der Bundestag hat am 18. Juni das "Gesetz zur Änderung krankenversicherungsrechtlicher und anderer Vorschriften" (GKV-ÄndG) verabschiedet. Dieses enthält auch die kurzfristig im Omnibusverfahren angehängten Sparmaßnahmen bei Arzneimitteln. Damit ist der Weg frei für einen erhöhten Herstellerrabatt für Arzneimittel ohne Festbetrag sowie ein Preismoratorium bis Ende 2013. Zur Erleichterung der Industrie wurden zuletzt noch Ausnahmeregelungen geschaffen.

Letzte Woche Mittwoch hatte der Gesundheitsausschuss des Bundestages grünes Licht für das GKV-Änderungsgesetz gegeben. Zuvor hatten die Regierungsfraktionen einen erweiterten Änderungsantrag vorgelegt. Nun ist im Gesetz klargestellt, dass die Umsetzung der EU-Transparenzrichtlinie auch dahingehend erfolgt, dass pharmazeutische Unternehmer in Ausnahmefällen bei Vorliegen besonderer Gründe eine Abweichung vom Preismoratorium und dem erhöhten Herstellerabschlag beantragen können. Der Begründung zufolge kommen als besondere Gründe "nur solche in Betracht, die eine ausnahmslose Anwendung der für alle betroffenen Unternehmer geltenden gesetzlichen Regelungen als nicht sachgerecht erscheinen lassen". Sie könnten etwa dann vorliegen, wenn der erhöhte Abschlag aufgrund einer besonderen Marktsituation die finanzielle Leistungsfähigkeit des Unternehmens gefährden würde. Die entsprechenden Anträge sind vom pharmazeutischen Unternehmer so umfassend zu begründen, dass sie innerhalb der vorgesehenen Frist von 90 Tagen vom Bundesgesundheitsministerium beschieden werden können. Das Nähere zur Ausgestaltung des Antragsverfahrens, zur Begründung der Anträge, zu den erforderlichen Nachweisen und zur Höhe der Gebühren soll das Ministerium regeln.

Vorgesehen ist zudem eine Härtefallregelung für Orphan Drugs zur Behandlung seltener Erkrankungen. Auch hier können produktbezogene Anträge im Sinne der oben beschriebenen Härtefallregelung gestellt werden. So soll sicher gestellt werden, dass diese Arzneimittel weiterhin für die Versorgung zur Verfügung stehen und nicht vom pharmazeutischen Unternehmer aus dem Markt genommen werden, weil aufgrund des Abschlags die Finanzierung der Aufwendungen, insbesondere für Forschung und Entwicklung, nicht mehr möglich ist.

Klargestellt wird weiterhin, dass im Rahmen von Rabattverträgen vereinbarte Preisnachlässe auf den Herstellerabschlag anzurechnen sind. Nach der Begründung des Änderungsantrags soll hierdurch verhindert werden, dass sich die verschiedenen Abschläge kumulieren. Damit würden diejenigen Hersteller schlechter gestellt, die bereits vertraglich Rabatte vereinbart haben. Würden die verschiedenen Rabatte in der Summe für den Hersteller nicht mehr tragbar sein, bestünde zudem die Gefahr, dass Rabattverträge aus diesem Grund gekündigt werden. Die vorzunehmende Minderung soll dem vertraglich vereinbarten Rabatt entsprechen, höchstens jedoch 10 Prozent. Die Begründung führt hierzu aus, dass der Anspruch der Krankenkasse auf den Abschlag von 6 Prozent nach § 130a Abs. 1 bereits seit dem 1. Januar 2005 besteht und den Vertragspartnern bei Abschluss des Rabattvertrags bekannt gewesen sei. Er könne demnach nicht durch einen vertraglich vereinbarten Rabatt gemindert werden. Bei patentgeschützten und nicht mit Festbetrag geregelten Arzneimitteln kann überdies ab dem 1. August 2010 eine freiwillige Preisabsenkung mit dem erhöhten Herstellerrabatt verrechnet werden.

Bei Neueinführung eines Arzneimittels, für das der pharmazeutische Unternehmer bereits ein Arzneimittel mit gleichem Wirkstoff und vergleichbarer Darreichungsform in Verkehr gebracht hat, ist der Abschlag auf Grundlage des Preises je Mengeneinheit der Packung zu berechnen, die dem neuen Arzneimittel in Bezug auf die Packungsgröße unter Berücksichtigung der Wirkstärke am nächsten kommt.

Bestimmt wird weiterhin, dass Krankenkassen auch für Arzneimittel, die durch Krankenhausapotheken im Rahmen der ambulanten Behandlung nach § 129a abgegeben werden, Anspruch auf den Herstellerabschlag haben. Der Abschlag wird, wie bei Fertigarzneimitteln in parenteralen Zubereitungen, auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer bemessen, der bei Abgabe des Arzneimittels durch eine öffentliche Apotheke aufgrund der Preisvorschriften des Arzneimittelgesetzes vom pharmazeutischen Unternehmer erhoben würde. Damit soll sichergestellt werden, dass trotz Erhöhung des Herstellerabschlags Krankenkassen für nach § 129a abgegebene Arzneimittel keine höheren Ausgaben entstehen als bei der Abgabe durch öffentliche Apotheken. Gleichzeitig wird klargestellt, dass die Abschlagspflicht für Fertigarzneimittel in parenteralen Zubereitungen auch für durch Krankenhausapotheken abgegebene Zubereitungen gilt.

Zuletzt wurde auch noch eine Bestimmung zur elektronischen Gesundheitskarte in den Gesetzentwurf aufgenommen: Mit einem neuen Versichertenstammdatendienst soll der Datenschutz, die Missbrauchsbekämpfung sowie die Wirtschaftlichkeit verbessert werden. Die bereits bestehende Verpflichtung der Krankenkassen, dem Missbrauch der Karten durch geeignete Maßnahmen entgegenzuwirken, wird dadurch ergänzt, dass die Kassen verpflichtet werden, Online-Dienste anzubieten, mit denen die Leistungserbringer die Gültigkeit und die Aktualität der Daten bei den Krankenkassen überprüfen und auf der elektronischen Gesundheitskarte aktualisieren können.

Das nicht zustimmungspflichtige Gesetz wird voraussichtlich am 9. Juli im Bundesrat abschließend beraten und kann dann planmäßig zum 1. August in Kraft treten.

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