Tuberkulose

Die untote Infektionskrankheit

26.03.2010, 10:00 Uhr


Die Resistenzen gegen die verfügbaren TB-Medikamente nehmen dramatisch zu. Das betrifft nicht nur Indien und China, sondern auch zahlreiche europäische Länder. Nur ein rasches und

Anfang der 1980-er Jahre glaubte man, die Tuberkulose (TB) sei so gut wie besiegt. Im Jahr 2008 erkrankten wieder 9,4 Millionen Menschen neu an einer TB. Die WHO schätzt, dass schon mehr als eine halbe Million von ihnen eine multiresistente (MDR-)TB aufweisen. Sie ist definiert als Resistenz gegenüber den beiden wichtigsten Antibiotika, Isoniazid und Rifampicin. Zwischen fünf und 20% dieser Patienten dürften eine extensive Resistenz (XDR-TB) haben. Sie sind auch resistent gegen die wichtigsten Zweitlinien-Medikamente. Vereinzelt sind auch schon XXDR-Tuberkulosefälle gemeldet worden, bei denen fast kein Medikament mehr wirkt. Bei all diesen Patienten sinken die Heilungschancen auf unter 60%. Die Ausbreitung der resistenten Erreger nimmt natürlich entsprechend zu.

Stark betroffen sind bevölkerungsstarke, aber relativ einkommensschwache Länder wie Indien (131.000 Fälle), China (112.000) und auch die Russische Föderation (43.000). Jedoch sind es 15 Länder der Europa-Region der WHO, die 85% der Patienten mit multiresistenter (MDR)-TB stellen.

Das Risiko für eine MDR- oder XDR-Tuberkulose steigt bei antituberkulotischen Vorbehandlungen, Herkunft aus einer Hochprävalenzregion, Kontakt zu MDR-/XDR-Tuberkulosepatienten, Gefängnisaufenthalten und wahrscheinlich auch bei HIV-Koinfektion. Begünstigt werden die Resistenzen durch falsche Verordnung, schlechte Adhärenz, Resorptionsstörungen oder mangelnde Medikamentenqualität. Jedoch fehlen in vielen Ländern schon die Möglichkeiten und Ressourcen für eine sichere Diagnostik, um überhaupt die Resistenzsituation bestimmen zu können.

Die Behandlungskosten für eine MDR-TB sind 10- bis 100mal höher als für eine nicht-resistente Tuberkulose. Die direkten Krankheitskosten für die Behandlung einer XDR-TB in Deutschland betragen bis zu EUR 170.000 pro Patient. Große Hoffnung wird auf Impfverfahren gelegt, die aber noch in der Entwicklung sind.

Quelle: Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. , Hannover, März 2010


Ralf Schlenger/DAZ


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