Zentrales Nervensystem

Stoßdämpfer für das Gehirn

Berlin - 13.01.2010, 06:50 Uhr


Mit Flüssigkeit gefüllte Hirnkammern fangen wie Stoßdämpfer Erschütterungen oder Stöße ab und schützen das Gehirn. Berliner Forscher konnten bei Zebrafischen zeigen, wie sich diese Kammern bereits vor Anlage der Blut-Hirn-Schranke bilden

Claudin5a bildet eine Barriere zwischen dem Nervenzellgewebe und den Kammern. Fehlt es, können sich die Kammern nicht ausdehnen und die Formung des Gehirns ist gestört. Diese Erkenntnisse könnten, so die Forscher, für Tests zur Durchlässigkeit von Arzneimitteln ins Gehirn genutzt werden.

Wie die Blut-Hirn-Schranke, die verhindert, dass Krankheitserreger über das Blut ins Gehirn eindringen, sind auch die Hirnkammern oder Hirnventrikel von ihrer Umgebung abgeschottet. So können sich die Kammern mit Flüssigkeit füllen, ausdehnen und somit zur Stabilität des Gehirns beitragen. Die hierfür verantwortliche Barriere enthält im Gegensatz zur Blut-Hirn-Schranke keine Blutgefäße, sondern besteht ausschließlich aus Nervenzellen, die aber ebenfalls fest über Proteinfäden miteinander verbunden sind. Ein Bestandteil dieser eng geknüpften Fäden, den Tight junctions, ist das Protein Claudin5a.

Berliner Wissenschaftler haben jetzt die Funktion dieses Proteins erstmals in einem sehr frühen Entwicklungsstadium der Zebrafische entschlüsselt. In ihren Versuchen konnten sie zeigen, dass die Kammern sich nicht ausdehnen, wenn Claudin5a fehlt. Als Folge wird die Form des Gehirns verändert. Stellten die Forscher aber die Funktion von Claudin5a wieder her, indem sie Claudin5a im gesamten Embryo wieder anschalteten, konnten sich die Hirnkammern wieder ausdehnen.

Diese Erkenntnisse über die Dichtheit von Barrieren durch Claudin5 können möglicherweise auch für die pharmakologische Forschung genutzt werden. Arzneimittel gelangen kaum oder gar nicht durch die Blut-Hirn-Schranke, was die Behandlung von Hirnerkrankungen erschwert. Im Zebrafisch könnte man untersuchen, welche Substanzen kurzzeitig die Funktion von Claudin5a ausschalten und damit zur Öffnung von Gehirnbarrieren wie der Blut-Hirn-Schranke beitragen, so die Forscher. Das könnte für die Entwicklung von Arzneimitteln von Bedeutung sein, die ihre Wirkung im Gehirn entfalten sollen.

Quelle: Zhang, J., et al. Proc. Natl. Acad. Sci. 2009; DOI:10.1073/pnas.0911996107


Dr. Bettina Hellwig