Kongresse

Phytotherapie bei Stoffwechselstörungen

LDL-Cholesterol-Senkung dank Flohsamenschalen und Knoblauch?

Prof. Dr. Robert Fürst vom Pharmazeutischen Institut für Biologie der Goethe-Universität Frankfurt leitete seinen Vortrag zur „Phytotherapie zur Behandlung von Stoffwechselstörungen“ damit ein, dass Phytotherapie in diesem Bereich „evidenz­basiert“ eigentlich nicht möglich ist. Unter dem Motto „was nicht geht“ machte er dennoch deutlich, wie viel man von pflanzlichen Arzneimitteln – gegenüber Nahrungsergänzungsmitteln – bei Hyperlipid­ämie erwarten darf.
Foto: DAZ/dm

Prof. Dr. Robert Fürst

Ob Hyperlipidämie, Diabetes, Adipositas, Hyperthyreose oder Gicht – wenn es in der Apotheke um Stoffwechselstörungen geht, denkt wohl kaum einer an evidenzbasierte Phytotherapie. Viele Kundinnen und Kunden sehen das anders, und so ist es sicherlich angebracht in der Apotheke auch erklären zu können, warum die meisten pflanzlichen Arzneimittel in diesem Bereich nicht sinnvoll sind. Natürlich gibt es nicht „gar keine Daten“ und damit auch nicht „keinerlei Evidenz“ für die Phytotherapie bei Stoffwechselstörungen. Um in der Praxis Empfehlungen aussprechen zu können, müsse aber auf die Validität und vor allem auf die Größe des Therapieeffekts geachtet werden, so Fürst.

„Die letzte Bastion gegen die Nahrungsergänzungsmittel“

Bei der Beurteilung der Evidenz zu (pflanzlichen) Arzneimitteln muss zwischen den verschiedenen Zulassungsarten unterschieden werden. So sind Arzneimittel mit einer Well-established-Use-Zulassung zwar auf Basis von kontrollierten randomisierten Studien zugelassen worden, allerdings nur bibliografisch. Eine „Evidenz­grenze“ zog Fürst sodann zwischen der Well-established-Use-Zulassung und den Traditional-Use-Arznei­mitteln. Denn diese wurden nicht zugelassen, sondern nur registriert. Fürst plädierte dennoch für die Wertschätzung all solcher pflanzlichen Arzneimittel, denn sie seien „die letzte Bastion gegen die Nahrungsergänzungsmittel“.

Schwacher Therapieeffekt

Bei der Behandlung der Hyperlipidämie müssen sich pflanzliche Arzneimittel allerdings an hohen Maßstäben bei der LDL-Reduktion messen lassen. Denn Statine, Ezetimib oder PCSK9-Inhibitoren senken einzeln oder in Kombination LDL-Cholesterol-Werte im Bereich von 30 bis 85%.

Flohsamenschalen verfügen über eine Well-established-Use-Zulassung und sind indiziert bei Hypercholesterol­ämie, allerdings nur adjuvant zu einer Diät. Das Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC) stützt sich in seiner Bewertung auf eine Metaana­lyse aus 21 klinischen Studien. Das klingt zunächst nach vielen Daten und somit starker Evidenz. Aber die Metaanalyse umfasst nur ein Kollektiv aus 1030 Personen. Und auch sonst sind die in die Metaanalyse eingeflossenen Studien mit vielen Unsicherheiten behaftet, z. B. weil beliebige Diäthintergründe vorlagen oder die Dosierungen und jeweilige Behandlungsdauer stark variierten.

Schließlich heißt es in der Empfehlung des HMPC vom 14. Mai 2013, dass im Durchschnitt Flohsamenschalen zu einer Senkung der Gesamtcholesterol-Werte um 4 bis 5% führen, während sie das LDL-Cholesterol um fast 7% senken. Auf das HDL-Cholesterol haben sie keine Auswirkungen. Auch das HMPC bezeichnet diesen Effekt gegenüber Statinen als „klein“.

Knoblauch lehnt sich „weit aus dem Fenster“

Anders als Indische Flohsamenschalen ist Knoblauchpulver tatsächlich „als Adjuvans zur Vorbeugung von Atherosklerose“ indiziert, allerdings nur als traditionelles Arzneimittel registriert. Der Evidenz werden hier die zahlreichen verschiedenen Inhaltsstoffe je nach Präparation zum Verhängnis. Fürst betonte, dass man nicht „Äpfel mit Birnen vergleichen“ dürfe, und hält die Wortwahl der Indikation entsprechend für mutig. |

dm

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