ApothekenRechtTag online

Der ewige Skonti-Streit

Rückblick und Ausblick zu Großhandelsskonti

tmb | In welchem Umfang dürfen Großhändler beim Verkauf von Rx-Arzneimitteln an Apotheken Skonti gewähren? Diese einfach erscheinende Frage ist seit zehn Jahren umstritten und beschäftigt weiterhin die Gerichte. Rechtsanwalt Dr. Morton Douglas, Freiburg, beschrieb den derzeitigen Stand und wagte den Blick voraus. In einem laufenden Rechtsstreit erwartet er von künftigen Instanzen neue Wendungen.
Foto: DAV/Hahn

Mit Abstand eine spannende Diskussion: Dr. Morton Douglas (links) und Moderator Dr. Christian Rotta im Gespräch.

Die Frage nahm ihren Anfang in der Neuregelung des Großhandelsaufschlags auf Rx-Arzneimittel in § 2 Arzneimittelpreisverordnung (AmPreisV), die am 1. Januar 2012 in Kraft trat. Seitdem gilt für den Großhandel ein Zuschlag von 3,15 Prozent auf den Herstellerabgabepreis und ein weiterer preisunabhängiger Zuschlag von 70 Cent pro Rx-Arzneimittelpackung. Letzterer soll gemäß der Gesetzesbegründung die Leistungen des Großhandels zur Erfüllung seines gesetzlichen Versorgungsauftrags honorieren. Während Rabatte im Rahmen des preisabhängigen Zuschlags unumstritten sind, blieb die Zulässigkeit von Skonti ein Thema für die Gerichte.

Für Douglas geht es dabei um folgende Fragen:

  • Darf der Großhandel auf die 3,15 Prozent oder auf die 70 Cent verzichten?
  • Darf zu einem Verzicht auf die 3,15 Prozent im Rahmen eines Rabattes zusätzlich ein Skonto gewährt werden?
  • Wie hoch darf dies sein und welches Zahlungsziel darf dabei gelten?
  • Darf ein Skonto auf die 70 Cent gewährt werden?

Unklar bleibt auch, ob die Unterscheidung zwischen echten und unechten Skonti weiterhilft. Unter echten Skonti werden gemeinhin Gegenleistungen für eine vorzeitige Zahlung, unter unechten Skonti dagegen Vergünstigungen für eine ohnehin selbstverständliche pünktliche Zahlung verstanden. Doch diese Begriffe sind gesetzlich nicht definiert.

Gesetzesänderung nach der ersten Runde

Nach widersprüchlichen Urteilen der ersten Instanzen entschied der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 5. Oktober 2017 (Az.: I ZR 172/16), dass der Großhandel auf beide Zuschlagskomponenten verzichten dürfe, weil der Wortlaut der Regelung kein ausdrückliches Verbot enthalte. Auf die Gesetzesbegründung komme es dabei nicht an.

Foto: DAV/Hahn

Dr. Morton Douglas sieht im Streit über Großhandelsskonti derzeit noch alle Fragen offen. Für die Zukunft wünscht er sich eine differenzierte Betrachtung, besonders zum Unterschied zwischen Rabatten und Skonti.

Neue Unsicherheit in der zweiten Runde

Daraufhin formulierte der Gesetzgeber die Vorschrift in der Arzneimittelpreisverordnung um und legte fest, dass der Großhandel die 70 Cent zu erheben hat. In der Amtlichen Begründung vom 7. Dezember 2018 (BT-Drs. 19/6337) zum novellierten § 2 Abs. 1 AmPreisV heißt es jedoch auch, dass Rabatte und allgemein übliche Skonti nur auf den Abgabepreis und Rabatte nur im Rahmen des prozentualen Zuschlags er­hoben werden dürfen. Damit sieht Douglas nun alle oben genannten Fragen wieder offen. Douglas betonte, dass der Gesetzgeber offenbar zwischen Rabatten und Skonti unterscheidet. Dies sei auch nicht neu. Der Gesetz­geber habe dies bereits 2006 in einer anderen Gesetzesbegründung getan.

Aufgrund der neuen Rechtslage erklärte das Oberlandesgericht Celle ein Skonto von 4,5 Prozent bei einem Zahlungsziel von drei Monaten und zehn Tagen für unzulässig, weil es nicht marktüblich sei. Das Landgericht Cottbus entschied im Oktober 2021, auf die 70 Cent dürfe weder ein Rabatt noch ein Skonto gewährt werden. Denn auch ein Skonto sei ein Teilverzicht und darum beim 70-Cent-Zuschlag unzu­lässig. Douglas folgerte, bei dieser Betrachtungsweise würden sich die weiteren obigen Fragen zu Skonti erübrigen.

Douglas erhofft differenzierte Entscheidung

Das Gericht in Cottbus verwies in seinem Urteil vom 7. Oktober 2021 (Az.: 11 O 3/20) auf Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg (Beschl. v. 20.06.2008, Az.: 13 ME 61/08) und des Oberlandesgerichts Stuttgart (Urt. v. 25.08.2011, Az.: 2 U 21/11). Doch diese Entscheidungen bezögen sich auf Skonti für Endkunden und damit auf ganz andere Fälle, betonte Douglas. Der Experte für Apothekenrecht machte deutlich, dass er derzeit noch kein endgültiges Ergebnis sieht. Er erwarte von den folgenden Instanzen andere Entscheidungen und wünsche sich eine differenziertere Betrachtung, auch zum Unterschied von Rabatten und Skonti. Letztere gebe es sogar im Sozialrecht, beim Apothekenabschlag und im Bundesmantel­tarifvertrag für Ärzte. Danach dürfen Ärzte Skonti von bis zu 3 Prozent für sich behalten. Dies sieht Douglas als möglichen Ansatz für eine künftige Entscheidung zu Großhandelsskonti. Doch ob ein Skonto auf die 70 Cent denkbar ist, mochte auch Douglas nicht vorhersagen. |

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