Interpharm 2019 – Was Frauen bewegt

Analgetikum versus Antibiotikum

Wie lässt sich der Antibiotika-Verbrauch bei unkomplizierten Harnwegsinfekten reduzieren?

mc | Unter dem Gesichtspunkt zunehmender Resistenzen stellt sich die Frage, ob unkomplizierte Harnwegsinfekte statt mit Antibiotika mit einem Analgetikum behandelt werden sollten. Prof. Dr. Ildiko Gágyor von der Universität Würzburg erläuterte, wann diese Vorgehensweise sinnvoll sein kann – und unter welchen Bedingungen.

Analgetikum versus Antibiotikum

Antibiotika-Resistenzen sind ein zunehmendes Problem. Zu den häufigsten Indikationen für Antibiotika-Verordnungen bei Erwachsenen gehören unkomplizierte Harnwegsinfekte. Anders als in der entsprechenden Leitlinie empfohlen, verschreiben viele niedergelassene Ärzte Antibiotika der zweiten Wahl – die für seltene, schwerwiegende Infektionen oder bei Komplikationen vorgesehen sind. Einer der häufigsten Erreger ist Escherichia coli. In vielen Ländern Europas sind 10 bis 25% der Stämme inzwischen resistent gegen Chinolone – in einigen Ländern > 25%. Bei einer solchen Resistenzrate sollten diese Mittel eigentlich nicht mehr gegen den entsprechenden Erreger verordnet werden.

Alternative Strategien sind gefragt

Muss immer ein Antibiotikum verordnet werden oder gibt es andere Strategien? Eine Möglichkeit ist Gágyor zufolge die „delayed Prescription“: Man bekommt zwar ein Rezept für ein Antibiotikum, soll es aber nur dann einlösen, wenn die Beschwerden innerhalb von zwei Tagen nicht besser werden. Auch mit einer symptomatischen Therapie mit nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) lässt sich der Antibiotika-Verbrauch reduzieren. Doch ist sie genauso wirksam? Das sollte in einer randomisierten, kontrollierten, doppelblinden Studie im hausärztlichen Setting geprüft werden. Primäre Endpunkte waren Antibiotika-Verbrauch und Symptomlast, sekundäre Endpunkte die Rate an Komplikationen, Rückfällen und rekurrenten Infektionen sowie unerwünschte Ereignisse. Eingeschlossen wurden 494 Frauen in 42 hausärztlichen Praxen. Frauen der Analgetika-Gruppe erhielten dreimal 400 mg Ibuprofen, Frauen der Anti­biotika-Gruppe 3 g Fosfomycin. Wurden die Symptome in der Analgetika-Gruppe nicht besser, konnten die Frauen ein Antibiotikum erhalten.

Prof. Dr. Ildiko Gágyor
Foto: DAZ/Matthias Balk

Weniger Antibiotika, mehr Symptome

Unter der symptomatischen Behandlung wurden 67% weniger Antibiotika ausgegeben, und es traten signifikant weniger rekurrente Harnwegsinfekte auf. Dafür war die Symptomlast höher, und mehr Frauen entwickelten eine Pyelonephritis. Ähnliche Studien bestätigten die Ergebnisse: In einer Studie aus der Schweiz war Diclofenac Norfloxacin in Bezug auf die Sym­ptomlast unterlegen, und die Symptome dauerten zwei Tage länger an. Der Antibiotika-Verbrauch konnte jedoch um 37% gesenkt werden. In einer Studie aus den skandinavischen Ländern war Ibuprofen Pivmecillinam ebenfalls in der Symptomlast unterlegen, und auch hier dauerten die Symptome unter dem Analgetikum länger an. Der Antibiotikaverbrauch konnte jedoch ebenfalls deutlich gesenkt werden. In beiden Studien hatten Frauen in der Analgetika-Gruppe häufiger eine Pyelonephritis – unter Antibiotika-Gabe trat kein Fall auf.

Was bedeutet das für die Praxis?

In der aktuellen Behandlungsleitlinie heißt es, dass Patientinnen mit einer akuten unkomplizierten Zystitis eine nicht antibiotische Behandlung angeboten werden kann. Zu berücksichtigen sei jedoch die höhere Symptomlast.

Antibiotika sind laut Gágyor auch bei unkomplizierten Harnwegsinfekten Mittel der ersten Wahl. Analgetika können dann angeboten werden, wenn eine Patientin keine Antibiotika einnehmen möchte, sie ausreichend über Vor- und Nachteile dieser Behandlungsstrategie informiert wird und die Möglichkeit besteht, dass sie sich bei Bedarf ein Antibiotikum in der Apotheke holen kann. |

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