Wirtschaft

Böse Überraschung im Alter

Teil 1: Warum von der Rente oft weniger bleibt als gedacht

Teil 1: Wer von den Kontoauszügen seiner Apothekerversorgung ohnehin schon enttäuscht ist angesichts der Entwicklung in der Niedrigzinsphase, könnte sich bei Renteneintritt verwundert die Augen reiben ob der vielen Abzüge. Und diese werden nicht nur auf die Rente fällig, auch auf Mieteinnahmen oder Auszahlungen von Lebensversicherungen müssen möglicherweise Sozialabgaben bezahlt werden. Was für gut situierte Apothekenleiter dann gerade noch erträglich ist, dürfte bei manchen Teilzeit-Approbierten die eine oder andere Sparmaßnahme zur Folge haben.
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Was bleibt übrig? Mit dem Eintritt in den Ruhestand werden viele Apotheker davon überrascht, mit welchen Abzügen ihre Altersversorgung belastet ist.

Apotheker sind in der Regel Pflichtmitglied in einem berufsständischen Versorgungswerk. Ab dem Eintritt in den Ruhestand wird vom Versorgungswerk eine Altersrente gezahlt. Neben der Altersrente werden oftmals weitere Einkünfte erzielt – aus selbstständiger Arbeit, Vermietung und Verpachtung oder Kapitalvermögen. Auch kommen häufig private Altersvorsorgen zur Auszahlung. Dabei spielen im Ruhestand neben der steuerlichen Belastung weitere Abgaben eine zentrale Rolle, insbesondere kann die Kranken- und Pflegeversicherung diese Einkünfte deutlich mindern. Dies wird häufig bei der Betrachtung der Alterseinkünfte und der Planung der Altersvorsorge nur spärlich berücksichtigt.

Für die Betrachtung der Kranken- und Pflegeversicherung von Apothekern ist zwischen der gesetzlichen und privaten Versicherung zu unterscheiden. Selbstständige Apotheker können sich entweder privat oder freiwillig gesetzlich kranken- und pflegeversichern. Angestellte Apotheker sind, sofern ihr Arbeitsentgelt unter der jährlichen Versicherungspflichtgrenze (2019: 60.750 Euro) liegt, Pflichtmitglieder der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Sofern das Arbeitsentgelt über der jährlichen Versicherungspflichtgrenze liegt, können angestellte Apotheker ebenfalls zwischen der privaten und der freiwilligen gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung wählen. In allen Fällen haben angestellte Apotheker Anspruch auf Zahlung eines Arbeitgeberzuschusses in Höhe von bis zu 50 Prozent der Beiträge, aktuell monatlich insgesamt maximal 420,86 Euro.

Der „Arbeitgeberzuschuss“ fällt weg

Zum Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand und mit Beginn des Bezugs der Altersrente aus dem berufsständischen Versorgungswerk der Apotheker ergeben sich unter Umständen gravierende Änderungen und Mehrbelastungen.

Für privatversicherte Apotheker ändert sich dabei nichts: Die Beitragszahlungen ergeben sich aus den privaten Versicherungstarifen und sind einkommensunabhängig zu leisten. Auch freiwillig gesetzlich krankenversicherte Apotheker sind weiterhin freiwillig gesetzlich krankenversichert. Eine Änderung tritt hingegen für bisher gesetzlich pflichtkrankenversicherte Apotheker ein. Die gesetzliche Versicherungspflicht endet mit dem Ausscheiden aus dem aktiven Arbeitsverhältnis und dem Eintritt in den Ruhestand. Einen Zugang zur Pflichtversicherung der Rentner erhält allerdings nur, wer eine gesetzliche Rente bezieht. In der Regel beziehen Apotheker dagegen eine Altersrente aus einem Versorgungswerk der Apotheker, sodass nunmehr eine freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung nötig wird.

Dagegen sind Bezieher einer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in der Regel pflichtversichert in der gesetzlichen Krankenversicherung der Rentner (KVdR). Bei der KVdR handelt es sich nicht um eine spezielle Krankenversicherung, sondern um einen speziellen Status in der jeweiligen gesetzlichen Krankenkasse. Die Besonderheit ist, dass diese Rentner einen Zuschuss erhalten: Sie haben lediglich 50 Prozent der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge, die auf die gesetzliche Rente entfallen, zu tragen.

Im Gegensatz dazu hat ein Apotheker die Beitragszahlungen an die gesetzliche Krankenversicherung in voller Höhe selbst zu tragen. Ein gewisser Trost dafür ist, dass die Rente vom Versorgungswerk bei vergleichbaren Einzahlungen deutlich höher ausfällt als die Rente der gesetzlichen Rentenversicherung.

Beispiel:

Ein Rentner bezieht eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung von monatlich 2500 Euro, es liegt eine Pflichtversicherung in der KVdR vor. Wie in Tabelle 1 dargestellt, bezahlt er 221 Euro an Kranken- und Pflegeversicherung. Dagegen bezahlt ein freiwillig gesetzlich krankenversicherter Apotheker mit einer Rente aus einem Versorgungswerk von ebenfalls monatlich 2500 Euro Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 441 Euro (siehe Tabelle 2).

Tab. 1: Kranken- und Pflegeversicherung – gesetzliche Rente
Krankenversicherung
2500 € × 7,30%
=
183 €
Pflegeversicherung
2500 € × 1,53%
=
38 €
mtl. Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge
221 €
Tab. 2: Kranken- und Pflegeversicherung – Rente vom Versorgungswerk
Krankenversicherung
2500 € × 14,60%
=
365 €
Pflegeversicherung
2500 € × 3,05%
=
76 €
mtl. Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge
441 €

Wie oben erwähnt, ist diese unterschiedliche Behandlung der Tatsache geschuldet, dass Apotheker ihre Rente nicht aus der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern vielmehr aus einem Versorgungswerk beziehen. Dies ist jedoch nicht die einzige negative Konsequenz. 
Bei Pflichtversicherten in der KVdR werden neben den gesetzlichen Renteneinkünften auch der Rente vergleichbare Einnahmen sowie Einkünfte aus einer Selbstständigkeit der Kranken- und Pflegeversicherung unterworfen. Dies können Leistungen aus betrieblichen Altersvorsorgen, Direktversicherungen oder auch Rürup-Renten sein. Es muss sich hierbei um arbeitgebermitfinanzierte oder besonders steuerlich geförderte Versicherungen handeln. 
Anders sieht dies hingegen bei freiwillig Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung der Rentner aus. In diesem Fall unterliegt grundsätzlich die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Das bedeutet, dass zusätzlich auch auf Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie Einkünfte aus Kapitalvermögen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge zu entrichten sind. 
 

Beispiel:

Ein Rentner bezieht eine Rente von monatlich 2500 Euro aus der gesetzlichen Rentenversicherung, es liegt eine Pflichtversicherung in der KVdR vor. Ferner bezieht er eine Rente aus der betrieblichen Altersvorsorge (BAV) von monatlich 500 Euro und erzielt Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung eines Mehrfamilienhauses von monatlich 1500 Euro. Diese Einnahmen werden wie in Tabelle 3 dargestellt monatlich mit 309 Euro an Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen belastet. Ganz anders sieht es bei einem freiwillig gesetzlich krankenversicherten Apotheker aus, der eine Rente aus einem Versorgungswerk von monatlich 2500 Euro, eine Rente aus der betrieblichen Altersvorsorge (BAV) von monatlich 500 Euro sowie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung eines Mehrfamilienhauses von monatlich 1500 Euro erhält: Er bezahlt monatlich 794 Euro an Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen (siehe Tabelle 4).

Tab. 3: gesetzliche Rente – Beiträge auf bestimmte Einnahmen
Krankenversicherung auf die gesetzliche Rente
2500 € × 7,30%
=
183 €
Pflegeversicherung auf die gesetzliche Rente
2500 € × 1,53%
=
38 €
Krankenversicherung auf die BAV-Rente
 500 € × 14,6%
=
73 €
Pflegeversicherung auf die BAV-Rente
 500 € × 3,05%
=
15 €
mtl. Krankenversicherungs- und ­Pflegeversicherungsbeiträge
309 €
Tab. 4: Rente vom Versorgungswerk – Beiträge auf alle Einnahmen
Krankenversicherung auf die Rente des Versorgungswerks
2500 € × 14,6%
=
365 €
Pflegeversicherung auf die Rente des Versorgungswerks
2500 € × 3,05%
=
76 €
Krankenversicherung auf die BAV-Rente
 500 € × 14,6%
=
73 €
Pflegeversicherung auf die BAV-Rente
 500 € × 3,05%
=
15 €
Krankenversicherung auf Einkünfte ­Vermietung und Verpachtung
1500 € × 14,6%
=
219 €
Pflegeversicherung auf Einkünfte ­Vermietung und Verpachtung
1500 € × 3,05%
=
46 €
mtl. Krankenversicherungs- und ­Pflegeversicherungsbeiträge
794 €

Der Apotheker hat im Vergleich zu einem Rentner, der pflichtversichert in der KVdR ist, zusätzlich monatlich 265 Euro Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge auf die Vermietungseinkünfte zu zahlen, sodass von den Mieteinkünften – abgesehen von der steuerlichen Belastung – monatlich nur 1235 Euro zur Verfügung stehen. 

Das Gute ist: Die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge sind weiterhin der Höhe nach begrenzt. So werden auch im Ruhestand Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge nur bis zur Höhe der Beitragsbemessungsgrundlage von aktuell (2019) monatlich 4537,50 Euro erhoben, sodass sie monatlich, vorbehaltlich individueller Zusatzbeiträge, bei 800,87 Euro liegen.

Literaturtipp

Lesen Sie zum Thema auch den Beitrag in der AZ 2019, Nr. 7, S. 7 vom 11. Februar: „Jetzt zahlen, später sparen: Niedrigere Beiträge in der Krankenversicherung der ­Rentner“ von Rentenberater Wolfgang Thaysen.

Wie stark Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge die Auszahlungen von Lebensversicherungen belasten und wie Sie sich davor schützen können, lesen Sie in einer der folgenden Ausgaben der Apotheker Zeitung. |

Niko Hümmer

Dipl.-Finanzwirt (FH)/M.A. Niko Hümmer ist angestellter Steuerberater bei der bundesweit tätigen Kanzlei Dr. Schmidt und Partner mit Niederlassungen in Koblenz, Dresden, München und Oberhausen

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