Die Seite 3

Copy and paste ...

Dr. Doris Uhl,Chefredakteurin der DAZ

… da denken wir an Plagiate, Urheberrechtsverletzungen, ab­erkannte Doktortitel. Doch im Arzneimittelbereich ist das Kopieren eines Originalarzneimittels durchaus gesellschafts­fähig, ja sogar erwünscht, weil Krankenkassen so viel Geld sparen können. Handelt es sich um chemisch-synthetische ­Arzneimittel, dann ist das Prozedere relativ überschaubar: Wirkstoffidentität und Bioäquivalenz lassen sich nachweisen, Original und zugelassenes Generikum werden sich in ihrer Wirkung bei gleicher Darreichungsform nicht gravierend unterscheiden. Schwieriger wird es, wenn es darum geht, Biologika nachzubauen. Hier müssen einige Klimmzüge unternommen werden (s. S. 34). Weil hier gilt, the Product is the Process, sind nur solche Biologika mit dem Referenzarzneimittel wirkstoffgleich, bei denen Ausgangsstoffe und Produktionsprozess absolut identisch sind. Bestehen Unterschiede, werden aber eng definierte Spezifikationen eingehalten, dann sind die Wirkstoffe zwar nicht gleich, aber ähnlich, man spricht von Biosimilars. Für die Zulassung müssen Wirksamkeit und Sicherheit mithilfe von ebenfalls genau vorgeschriebenen präklinischen und klinischen Studien nachgewiesen werden.

Dieses Vorgehen scheint sich bewährt zu haben. Biosimilars von Wachstumsfaktoren, Interferonen und Insulinen stehen schon seit Längerem zur Verfügung. In den nächsten Tagen wird ein Infliximab-Biosimilar und damit erstmals ein monoklonaler Antikörper als Biosimilar auf den Markt kommen (s. S. 40). Es wird unter den Namen Inflectra® und Remsima® vertrieben und kann genauso eingesetzt werden wie Remicade®, das Original – theoretisch. Denn generell gilt auch hier wie für alle Biologicals: Ein verordnetes Präparat darf nicht durch ein Biosimilar substituiert werden. Ist beispielsweise Remicade® verordnet, muss weiterhin Remicade® abgegeben werden.

Denn Biosimilars sind eben nur ähnlich und nicht wirkstoffgleich – auch wenn sie gleich wirken und genauso sicher sein sollen. Das ist schon kompliziert genug. Doch jetzt kommen mit Inflectra® und Remsima® zwei Infliximab-Präparate auf den Markt, die nicht nur gleich wirken. Als Bioidenticals sind sie per definitionem auch noch wirkstoffgleich. Inflectra® sollte also problemlos gegen Remsima® und umgekehrt getauscht werden können. Doch so einfach geht das nicht. De facto dürfen Bioidenticals nur substituiert werden, wenn sie in Anlage 1 des Rahmenvertrags über die Arzneimittelversorgung nach § 129 Absatz 2 SGB V gelistet sind – und da sucht man Inflectra® und Remsima® bislang vergeblich. Damit haben wir die kuriose ­Situation, dass zwei wirkstoffgleiche Präparate so lange nicht substituiert werden dürfen, bis die Anlage 1 entsprechend ge­ändert ist. Wann das sein wird, wissen wir nicht. Aber für die zeitnahe Umsetzung empfehlen wir – nur in diesem Fall und nur ausnahmsweise – copy and paste!

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