Gesundheitspolitik

Substitutionsbehandlung ist eine Erfolgsstory

Ärzte sollen sich zu Suchtmedizinern fortbilden lassen

BERLIN (ks). Die Bundesärztekammer (BÄK) ermuntert Ärzte, sich zu Suchtmedizinern weiterbilden zu lassen. Die Behandlung Opiatabhängiger mit Ersatzstoffen sei eine Erfolgsstory, erklärt Prof. Dr. Frieder Hessenauer, Präsident der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz und Vorsitzender des Sucht- und Drogen-Ausschusses der BÄK. "Um diese fortzusetzen, sind aber mehr substituierende Ärzte und eine noch bessere Koordination der Versorgung zwischen den Sektoren und den verschiedenen Institutionen notwendig".

Derzeit werden dem Substitutionsregister des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zufolge deutschlandweit mehr als 77.000 Opiatabhängige durch Ärzte substituiert. Viele dieser Menschen konnten deshalb in den letzten Jahren vor dem Tod bewahrt werden: Die Zahl der Drogentoten ist rückläufig. Häufig gelingt es auch, den Krankheitsverlauf zu stabilisieren. Zuweilen finden Drogenabhängige durch die ärztliche Behandlung und die begleitende psychosoziale Betreuung sogar wieder in ein normales Leben mit Familie und Arbeit zurück.

"Wir brauchen aber mehr substituierende Ärzte, um den steigenden Bedarf an dieser Behandlungsform decken zu können", so Hessenauer. Bundesweit sei die Zahl der Substitutionsbehandlungen in den letzten Jahren im Durchschnitt um 40 Prozent gestiegen. Nach den Daten des BfArM seien 2003 noch auf jeden substituierenden Arzt 20 Opiatabhängige entfallen, heute seien es etwa 29 Patienten. Probleme in der Versorgung sieht der Suchtexperte durch das altersbedingte Ausscheiden suchtmedizinisch qualifizierter Ärzte insbesondere in ländlichen Gebieten. Hessenauer: "Dabei stellt die Suchtmedizin eine vielseitige und anspruchsvolle medizinische Tätigkeit dar, zu der man junge Ärztinnen und Ärzte nur ermuntern kann."

Brüche in der Versorgung entstehen der BÄK zufolge oftmals dann, wenn bei substituierten Patienten die Behandlung durch ihren niedergelassenen Arzt nicht fortgesetzt werden kann. Das ist meist bei einer Einweisung in ein Krankenhaus, in ein Pflegeheim oder in eine Haftanstalt der Fall. Aus Unwissenheit, Angst oder auch aufgrund institutioneller Hürden würden die Suchtkranken dort nicht selten "kalt" entzogen oder nicht adäquat weiter substituiert. Dadurch erhöhe sich das Risiko eines Rückfalls, der auch tödlich enden kann.

Studien zeigten, dass der Anteil Opiatabhängiger in einigen Haftanstalten bei bis zu 30 Prozent liegt. Häufig ist die Suchterkrankung Ursache für wiederholte Straffälligkeit. "Durch die Sicherstellung der Behandlungskontinuität während eines Haftaufenthaltes können Rückfälle vermieden werden. Das ist nicht nur im Interesse des Betroffenen, sondern auch in dem der gesamten Gesellschaft", so Hessenauer.

Die BÄK hat deshalb in ihren im letzten Jahr novellierten "Richtlinien zur Durchführung der substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger" festgelegt, dass bei einem Wechsel des Patienten in einen stationären Versorgungsbereich oder in eine Haftanstalt die Kontinuität der Behandlung durch die übernehmende Institution sicherzustellen ist.



AZ 2011, Nr. 34, S. 8

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