Medizin

Was tun gegen stumpfe Verletzungen?

Schneeglätte und Glatteis: Damit hat das Tief Daisy uns nicht nur winterliche Landschaften beschert, sondern auch Unfälle und Stürze. Viele kommen mit dem Schrecken, blauen Flecken und Schmerzen davon, aber gerade ältere Menschen erleiden oft Knochenbrüche. Während sich leichtere Verletzungen mit Haus- und Apothekenmitteln versorgen lassen, erfordern schwerere zum Ausschluss u. a. von Bänderrissen oder Knochenverletzungen einen Arztbesuch.

Stumpfe Verletzungen ist ein Sammelbegriff für Traumata, die durch äußere Gewalt entstehen und keine offenen Wunden zur Folge haben. Die Verletzungen reichen von mehr oder weniger schweren Prellungen und Quetschungen (Kontusionen) über Verstauchungen (Distorsionen) zu Verrenkungen (Luxationen) und Knochenbrüchen (Frakturen).

Prellungen. Typische Ursachen sind Stöße und Stürze. Verletzte Blutgefäße führen zu Hämatomen, die gequetschten Weichteile und Muskeln schwellen an und besonders die von Faszien umhüllten Muskeln schmerzen. Besonders schmerzhaft sind auch Verletzungen und Einblutungen der Knochenhaut. Daher tun Tritte gegen das Schienbein und Rippenprellungen oft so weh. Die verletzten Gewebe setzen Reparaturvorgänge in Gang, die Entzündungen gleichen und zu weiteren Schwellungen und Schmerzen führen.

Verstauchungen. Die am häufigsten betroffenen Gelenke sind das obere Sprunggelenk ("Umknicken"), das Knie, das Daumengelenk und andere Fingergelenke. Die Gewalteinwirkung überdehnt ruckartig Bänder, Sehnen und Muskeln. Vor allem Bänder können reißen, ebenfalls die Gelenkkapsel. In ungünstigen Fällen sind Knorpel oder Knochen ebenfalls verletzt. Das Gelenk schwillt an und die Beweglichkeit ist schmerzhaft eingeschränkt oder aufgehoben. Der äußere Eindruck sagt nicht sicher, ob Bänder gerissen oder Knochen verletzt sind. Im Zweifelsfall muss das Gelenk daher geröntgt werden.

Verrenkungen. Medizinisch werden Verrenkungen als Luxationen bezeichnet und damit als ausgekugelte Gelenke. Der Laie sagt oft auch Verrenkung, wenn er Verstauchungen oder Gelenkblockaden meint. Verschieben sich die Gelenkflächen stärker zueinander, reißen oft auch Bänder und die Gelenkkapsel. Das Einrenken (Reposition) des Gelenks ist eine ärztliche Aufgabe. Sie sollte rasch erfolgen, um Nerven- und Gefäßschäden zu vermeiden. Bis dahin wird das Gelenk ruhig gestellt und hoch gelagert. Häufiger betroffene Gelenke sind Schultern, Finger und Ellbogen.

Knochenbrüche. Oft schließen nur Röntgenaufnahmen sicher Knochenbrüche aus. Neben Fehlstellungen und starken Schmerzen sind persistierende Schmerzen nach einem Sturz verdächtig, v. a. im Handgelenk. Da dort Knochenbrüche oft erst später sichtbar werden, kann der Befund einer frühen Röntgenaufnahme negativ sein.

Prophylaxe

Die häufigsten Ursachen für stumpfe Verletzungen sind Stürze im Haushalt und Sportunfälle. Bei Glatteis sind besonders ältere Menschen gefährdet. Eine Reihe von prophylaktischen Maßnahmen bieten sich an.

Im Haushalt sind Stolperfallen zu beseitigen. Stand- und trittsichere Hocker und Leitern beseitigen die häufigsten Sturzursachen.

Beim Sport schützen neben entsprechendem Training und Aufwärmen Protektoren, seien es Schienbeinschützer, Helme oder Rückenprotektoren für Snowboard- und Geländefahrradfahrer.

Bei älteren Menschen ist neben der Umgebungsgestaltung, z. B. mit Haltehilfen im Bad und an Treppen, körperliches Training wichtig, um die Beweglichkeit, Koordination und Kraft zu stärken. Medikamente sind in zweifacher Hinsicht bedeutend: einmal die medikamentöse Therapie bei Durchblutungsstörungen und Kreislaufproblemen, aber auch die Aufklärung über mögliche Nebenwirkungen von Medikamenten wie Schwindel.

Erstmaßnahmen

Eine rasche und richtige Erstversorgung verhindert oder verringert Folgeschäden und verkürzt den Heilungsprozess. Eine Beratung über Erstmaßnahmen ist daher eine sinnvolle Prophylaxe im Sinne einer sekundären (schnelle Diagnose und Therapie) und tertiären (Vermeidung von Krankheitsfolgen) Prävention.

Die Erstmaßnahmen haben drei Ziele:

  • Schwellung und Entzündungsreaktion dämpfen,
  • Schmerzen vermindern,
  • eine dem Schaden angemessene Therapie einleiten.

Die Schwellung entsteht initial durch die Einblutung. Dann folgende Entzündungsprozesse und der gestörte Blut- und Lymphabfluss fördern die Schwellung. Die Entzündungsreaktion macht z. B. Gefäße durchlässiger, leider nicht nur für Abwehrzellen und Mediatoren, sondern auch für Flüssigkeit. Entzündung und Schwellung verstärken die Schmerzen und Funktionseinschränkung und verzögern die Heilung.

Kühlung verringert die Durchblutung und dämpft die Entzündung. Dadurch nehmen Schwellung und Schmerzen ab. Eine Ruhigstellung verhindert weitere Schäden und Schmerzen. Eine Hochlagerung verringert die Durchblutung, fördert den Abfluss und vermindert so die Schwellung.

Eine Synopsis und gut zu merken ist das P.E.C.H.-Schema:

  • Pause: (sportliche) Tätigkeit sofort beenden und verletzten oder schmerzenden Körperteil ruhig stellen.
  • Eis: steht für Kühlen, am besten innerhalb von 15 min und für mindestens 20 min. Gut geeignet sind Kühlelemente wie Coolpacks – mit Kindern im Haus sollte immer ein Vorrat im Gefrierfach liegen – oder feuchte Umschläge. Die Kühlelemente dürfen wegen der Gefahr von Gewebeschäden nicht direkt auf der Haut liegen. Eissprays können bei unsachgemäßer Anwendung lokal zu Erfrierungen führen und sind daher für den Hausgebrauch ungeeignet.
  • Compression: Mit einem elastischen Kompressionsverband sollen größere Einblutungen verhindert werden. Coolpacks u. Ä. können eingeschlossen werden oder über dem elastischen Verband fixiert werden.
  • Hochlagerung. Wie geht es nach der Erstversorgung weiter? Solange eine Entzündungsreaktion spürbar ist, sollte gekühlt werden, i. d. R. intermittierend über ein bis drei Tage. Um die Schwellung nicht zu verstärken, ist eine möglichst durchgehende Hochlagerung über mehrere Tage sinnvoll. Belastungen sind erlaubt, soweit keine Schmerzen auftreten. Die elastischen Verbände sollten regelmäßig erneuert werden. Sie helfen nicht nur durch die dosierte Kompression, sondern stützen auch Gelenke und verhindern zu starke Bewegungen.

Medikamente

Eine medikamentöse Therapie dämpft Entzündungsreaktionen und Schmerzen. Bei leichten Schmerzen bieten sich Paracetamol- und Acetylsalicylsäure-Präparate an. Liegen allerdings offene Wunden oder größere Blutungen vor oder ist ein operativer Eingriff wahrscheinlich, ist Acetylsalicylsäure wegen seiner gerinnungshemmenden Wirkung ungeeignet. Bei stärkeren Schmerzen helfen NSAR wie Ibuprofen oder Diclofenac, die es auch als Salben gibt.

Lokal kühlend und Schwellungen reduzierend wirken Gele, die z. B. mit Menthol oder Salicylaten versetzt sind.

Heparinsalben sind im akuten Stadium nicht hilfreich. Nach einigen Tagen eingesetzt unterstützen sie die Resorption von Hämatomen.

Gegen die Schwellung helfen Erfahrungen zufolge auch Enzympräparate, z. B. mit dem Ananasenzym Bromelain.

Homöopathen empfehlen darüber hinaus die frühzeitige Einnahme von Arnika Globuli C30.

So könnte also für den privaten Haushalt ein Erste-Hilfe-Set für stumpfe Verletzungen aussehen:

  • Kühlelemente im Gefrierfach
  • Kühlende Salbe
  • Elastische Binden
  • Schmerzmittel
  • Evtl. ergänzt um Arnika Globuli C30 o. ä. Präparate.

Eine Heparinsalbe und Enzympräparate kauft man bei Bedarf nach der Akutphase.

Bei folgenden Symptomen ist ein Arztbesuch und evtl. eine weitergehende Diagnostik nötig:

  • Große Gewalteinwirkung
  • Blutungsstörung, Antikoagulationstherapie
  • Fehlstellung
  • Starke oder über Tage anhaltende Schmerzen
  • Sensibilitätsstörung
  • Starke Funktionseinschränkung
  • Gefühl der Gelenkinstabilität oder Reiben im Gelenk.

Lieber sollte ein Röntgenbild zu viel gemacht werden, als z. B. Bänderrisse und knöcherne Verletzungen zu übersehen, die eine konsequente Ruhigstellung oder operative Eingriffe erfordern.

Übrigens: Selbst wenn keine offenen, blutenden Wunden wie Schürfungen vorliegen, sollte der Tetanusschutz kontrolliert und ggf. aufgefrischt werden!

Die meisten stumpfen Verletzungen sind zwar schmerzhaft, verursachen aber keine größeren Schäden. Mit rasch ergriffenen Erstmaßnahmen wie Kühlung, Ruhigstellung, Kompressionsverband und Hochlagerung lassen sich die Folgen begrenzen. Medikamente unterstützen die Heilung. Werden die Maßnahmen konsequent dem Befund angemessen fortgesetzt und Gelenke und Gewebe nicht zu früh belastet, kann man sich bald geheilt dem nächsten Tief mit Schneeglätte und Glatteis stellen.


Quellen

Schäffler, A. (Hrsg.): Gesundheit heute, 2. Aufl. 2009, Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart


Autoren
Hans Reuter, Dr. A. Schäffler, Schäffler & Kollegen, Augsburg www.schaeffler.cc

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.