Gesundheitspolitik

Betrug in der Zytostatika-Versorgung

Altes Problem – neue Lösung?

HAMBURG (tmb). Die Verarbeitung nicht zugelassener Importware in individuellen Zytostatika-Zubereitungen ist ein Dauerthema, das die Apotheken immer wieder in schlechtem Licht erscheinen lässt. In der vorigen Woche war es wieder soweit. Es wurden erneut zwei Fernsehbeiträge ausgestrahlt, in denen es überwiegend um bereits bekannte Fälle, aber auch um neue Ermittlungen ging. Inzwischen kümmern sich Krankenkassen und Apothekerorganisationen gemeinsam um die Aufarbeitung des Problems. Doch es gibt weitere Vorschläge, wie klarere vertragliche Regelungen künftig für mehr Sicherheit sorgen könnten.

Das ARD-Magazin "Plusminus" berichtete am 6. Juli erneut über die seit Jahren laufenden Ermittlungen gegen Apotheken, die importierte Fertigarzneimittel aus fragwürdigen Quellen bezogen und in Zytostatika-Zubereitungen verarbeitet haben sollen. Das Verfahren liegt inzwischen bei der Staatsanwaltschaft Mannheim, die bundesweit Durchsuchungen veranlasst habe. In 50 untersuchten Proben seien keine Hinweise auf unwirksame oder verfälschte Arzneimittel gefunden worden, hieß es in dem Fernsehbeitrag. Doch bleibe der Verdacht auf betrügerische Abrechnung der teureren Originalware. Dr. Jörn Graue, Vorsitzender des Hamburger Apothekervereins, kam in dem Beitrag zu Wort und verwies darauf, dass die bereits verabreichten Arzneimittel nicht mehr geprüft werden könnten.

In einem Beitrag im ARD-"Morgenmagazin" am 8. Juli wurde zudem über weiter ausgedehnte Ermittlungen im Frankfurter Raum berichtet. Insgesamt würden jetzt bundesweit 90 Apotheken wegen falscher Abrechnungen von Zytostatika-Zubereitungen verdächtigt. In der gleichen Sendung erklärte Tim Steimle, Apotheker bei der Techniker Krankenkasse, bei einer der schon länger verdächtigten Apotheken werde ein Schaden von 680.000 Euro allein zulasten der Ersatzkassen angenommen. Zudem berichtete Steimle über die gemeinsamen Bemühungen der Apothekerorganisationen und der Krankenkassen, solche Fälle künftig zu verhindern. Dazu werde inzwischen einiges getan und auch der Gesetzgeber habe reagiert, denn seit Anfang 2010 müssten die Apotheken mehr Daten über die Herkunft der verarbeiteten Arzneimittel dokumentieren und so für Transparenz sorgen.

Lösungsvorschlag für die Zukunft

Im Gespräch mit der DAZ plädierte Dr. Jörn Graue jedoch dafür, die Vertragslage in diesem Zusammenhang deutlicher zu fassen. Neben den gesetzlichen Bestimmungen zur Arzneimittelherstellung sollten nach seiner Ansicht in der Anlage 3 zur Hilfstaxe klare Regeln zur Abrechnung formuliert werden. "Denn die Abrechnung ist eine vertragliche Angelegenheit", so Graue. Es sei daher problematisch, dass zu Beginn der Anlage 3 zur Hilfstaxe nicht die Herstellung aus Fertigarzneimitteln erwähnt wird. Stattdessen werden bei der Preisberechnung die "Preise für die in der Zubereitung enthaltenen Stoffe" genannt. Graue fordert, klarer auszudrücken, dass die Abrechnung von einer Zubereitung aus Fertigarzneimitteln ausgeht. Unter Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen sei eine wirtschaftlichere Zubereitung aus Substanzen zwar möglich, doch dann müsse der Einkaufspreis der Substanzen eingesetzt werden.

Weiterhin schlägt Graue vor, im Einklang mit § 21 AMG und der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes ausdrücklich im Vertrag zu regeln, dass Fertigarzneimittel nur abrechenbar sind, wenn ein in Deutschland zugelassenes Fertigarzneimittel verwendet wird. Nur wenn ein solches Arzneimittel nicht verfügbar sei, könne ein importiertes Fertigarzneimittel verwendet werden. Außerdem dürften nur Fertigarzneimittel eingesetzt werden, die keiner Vertriebsbindung unterliegen, also keine Klinikware gemäß § 14 ApoG. Falls diese in der ambulanten Versorgung im Einzelfall eingesetzt werden dürfe, seien gesonderte Preisvereinbarungen nötig.

Zur Begründung seines Vorschlags erklärte Graue: "Eine solche klare Vertragsregelung böte mehr Rechtssicherheit und bessere Möglichkeiten, Verstöße als solche zu erkennen und zu ahnden." Doch trotz der guten Zusammenarbeit mit den Krankenkassen bei der Aufdeckung von Betrugsfällen seien solche vorausschauenden Regelungen mit dem GKV-Spitzenverband bisher nicht zustande gekommen, beklagte Graue.

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