Arzneimittel und Therapie

Parkinson-Therapie

Schädigung der Herzklappe Die Behandlung des Morbus Parkinson mit den ergolinen Dopamin-Agonisten Pergolid und Cabergolin können das Risiko für Herzklappenfehler erhöhen. In den deutschen Fachinformationen findet sich lediglich bei Pergolid ein Hinweis auf Herzklappenveränderungen.

Herzklappenschäden durch Pergolid und Cabergolin

Die Behandlung der Parkinson-Krankheit mit den Dopamin-Agonisten Pergolid und Cabergolin kann zu einer Schädigung der Herzklappen führen. Darauf weisen zwei aktuelle Studien hin. Bei einer Therapie mit anderen Dopamin-Agonisten wurde keine erhöhte Inzidenz von Herzklappenfehlern gefunden. Es wird vermutet, dass die Schädigung der Herzklappen über 5-HT2B -Rezeptoren vermittelt wird, ein spezieller Subtyp der Serotoninrezeptoren, den es auch im Bereich der Herzklappen gibt und zu dem Pergolid und Cabergolin eine hohe Affinität haben.

Eine Parkinson-Therapie wird insbesondere bei jüngeren Patienten nicht direkt mit Levodopa, sondern mit einem Dopamin-Agonisten begonnen. Levodopa ist zwar die wirksamste Substanz und kann über eine Periode von etwa drei bis fünf Jahren den Patienten ihre volle Beweglichkeit wiedergeben, dann lässt die Wirkung aber nach. Um diesen Zeitpunkt so lange wie möglich hinauszuzögern, wird die Therapie mit Dopamin-Agonisten begonnen. Dabei unterscheidet man ergoline, also Derivate der Mutterkornalkaloide, und nicht-ergoline Dopamin-Agonisten (siehe Tabelle 1).

Aufgrund mehrerer Fallberichte kam der Verdacht auf, dass die ergolinen Dopamin-Agonisten Pergolid (z. B. Parkotil®) und Cabergolin (z. B. Cabaseril®) das Risiko für Herzklappenfehler erhöhen. Nun wurden im New England Journal of Medicine zwei Studien veröffentlicht, die diesen Verdacht untermauern.

In einer Fall-Kontroll-Studie wurde die Therapie von 31 Parkinson-Patienten, bei denen ein Herzklappenfehler neu diagnostiziert wurde, und von 663 Parkinson-Patienten ohne Herzklappenfehler rückblickend betrachtet. Dabei ergab sich, dass überdurchschnittlich viele Patienten in der Fall-Gruppe mit Cabergolin oder Pergolid behandelt wurden, nämlich jeweils 19% im Vergleich zu 5 und 4% in der Kontroll-Gruppe. Dies bedeutet eine signifikant um den Faktor 4,9 erhöhte Inzidenz von Herzklappenfehlern bei Cabergolin und eine um den Faktor 7,1 erhöhte Inzidenz bei Pergolid. Bei der Therapie mit anderen Dopamin-Agonisten wurde keine erhöhte Inzidenz von Herzklappenfehlern gefunden.

Studie mit Ultraschalluntersuchung bestätigt Verdacht

Bei 155 Parkinson-Patienten, die in ihrer Therapie DopaminAgonisten erhielten, wurde eine Ultraschalluntersuchung am Herzen durchgeführt und gezielt nach möglichen Herzklappenfehlern gesucht. Dabei wurde eine klinisch relevante Regurgitation, das heißt, dass das Blut aus den Herzkammern wieder zurück in die Vorhöfe fließt, bei 23,4% der Patienten mit Pergolid-Therapie und bei 28,6% der Patienten mit Cabergolin-Therapie gefunden. Dagegen wurde kein Patient mit Herzklappenfehler und Therapie mit nicht-ergolinen Dopamin-Agonisten gefunden. In einer zusätzlichen Kontroll-Gruppe, in der sich keine Parkinson-Patienten befanden, wurde bei 5,6% der Patienten ein Herzklappenfehler festgestellt.

Somit zeigte sich auch in dieser Studie ein signifikant erhöhtes Risiko für die Entstehung von Herzklappenfehlern unter Pergolid und Cabergolin.

Pergolid war vor allem mit einer Regurgitation an der Mitralklappe assoziiert (relatives Risiko 6,3), während für Cabergolin das größte Risiko an der Aortenklappe (relatives Risiko 7,3) ermittelt wurde. Bei beiden Wirkstoffen wurden Schäden an allen drei untersuchten Klappen (Aorten-, Mitral- und Tricuspidalklappe) gefunden.

Fibrosierung der Herzklappe durch Wachstumsstimulation

Pergolid und Cabergolin haben eine hohe Affinität zum Serotonin-Rezeptorsubtyp 5-HT2B , von dem sich viele auf den Zellen der Herzklappen befinden. Diese Rezeptoren spielen bei der Stimulation für die Zellteilung eine Rolle. Eine zusätzliche Stimulation führt möglicherweise zur Fibrosierung der Herzklappen. Die Appetitzügler Fenfluramin und Dexfenfluramin wurden 1997 wegen ähnlicher herzschädigender Wirkungen vom Markt genommen.

Risiko bereits bekannt, aber Konsequenzen unklar

Ganz unbekannt ist das Risiko der Herzklappenschädigung bei Dopamin-Agonisten nicht, in den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie heißt es: "Bei Patienten, die neu auf eine Therapie mit einem Ergot-Dopamin-Agonisten eingestellt werden, ist eine kardiovaskuläre Untersuchung durch einen Kardiologen, einschließlich transthorakaler Echokardiographie, durchzuführen. Hierdurch soll eine bereits vorbestehende Herzklappenerkrankung ausgeschlossen werden." Weiter heißt es: "Patienten unter einer Therapie mit Ergot-Dopamin-Agonisten sollten halbjährlich einer körperlichen Untersuchung mit Auskultation des Herzens und der Lunge, sowie jährlich einer transthorakalen Echokardiographie unterzogen werden."

Ob die nun vorliegenden Studienergebnisse zu einer Neubewertung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses von Pergolid und Cabergolin führen, ist derzeit noch offen.

Quelle

Zanettini, R; et al.: Valvular heart disease and the use of dopamine agonists for parkinson’s disease. N. Engl. J. Med. 356 , 39-46 (2007).

Schade, R.; et al.: Dopamine agonists and the risk of cardiac-valve regurgitation. N. Engl. J. Med. 356 , 29-38 (2007).

Lennecke, K.: Pharmazeutische Betreuung von Parkinson-Patienten. Med. Monatsschr. Pharm. 28 , 228-236 (2005).

Apothekerin Bettina Martini
  • Parkinson-Patienten unter 70 Jahren ohne wesentliche Komorbidität: Zunächst Monotherapie mit einem Dopamin-Agonisten. Bei unzureichender Wirkung oder Unverträglichkeit wird eine Kombinationstherapie mit Levodopa eingeleitet.
  • Parkinson-Patienten über 70 Jahre oder multimorbide Patienten: Monotherapie mit Levodopa. Bei älteren und multimorbiden Patienten sollte eine Monotherapie mit Levodopa fortgesetzt werden, solange keine Wirkungsfluktuationen oder andere Therapiekomplikationen auftreten.
[Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie; www.uni-duesseldorf.de/awmf]

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