Dermatologie

H.-J. TietzEin-Tages-Therapie bei Fußpilz

Vor wenigen Wochen wurde das Präparat Lamisil Once mit dem Wirkstoff Terbinafin zur Einmalbehandlung des Fußpilzes (Tinea pedis) in den Markt eingeführt. Aufgrund einer besonderen Galenik soll der Wirkstoff besser und länger auf den betroffenen Stellen haften. Durch die einmalige Anwendung versprechen sich die Befürworter dieser Therapie eine bessere Compliance. Der Autor des nachfolgenden Beitrags, Professor Hans-Jürgen Tietz vom Berliner Institut für Pilzkrankheiten und Mikrobiologie, sieht dieses Präparat jedoch eher kritisch, als "Schritt in die falsche Richtung". Im Sinne einer offenen Diskussion veröffentlichen wir im Folgenden diesen Beitrag.

Fußpilz ist eine Infektionskrankheit mit hoher Rezidivrate. Dies liegt zum Einen an den vielen Ansteckungsmöglichkeiten. Etwa zwei Drittel der Betroffenen behandeln sich nicht.

Das macht sie zu Infektionsquellen für Menschen, die barfuß laufen: im Hotel, Schwimmbad, Schuhgeschäft, sogar im eigenen Heim. Zum Zweiten bleibt nach einer Infektion meist keine Immunität zurück. Die Infektion kann bei jeder weiteren Ansteckung neu auftreten.

Der wichtigste Grund jedoch ist: Diejenigen, die sich behandeln, tun dies häufig zu kurz. Nach dem Verschwinden des Juckreizes ist meist Schluss mit der Therapie. In der Regel persistiert die Infektion weiter. Aus diesen Gründen ist die Entwicklung einer Ein-Tages-Therapie, in welcher Form auch immer, kontraproduktiv. Ein solches Therapeutikum wurde kürzlich als 1-prozentige Lösung zur einmaligen Anwendung auf der Haut zugelassen. Das Produkt trägt den Namen Lamisil Once. Es dient zur Behandlung der vom Hersteller als "Fußpilzerkrankung" definierten Krankheit an einem Tag. Der Wirkstoff ist Terbinafin.

Kann man diesem Coup noch einen Schuss merkantile Genialität abgewinnen, so ist deren Zulassung nicht erklärbar. Es ist ein Schritt in die falsche Richtung.

Begründet wird die kritische Expertise mit folgenden Argumenten:

  1. der Infektionsbiologie der Erreger,
  2. der physiologischen Besonderheiten der Haut und
  3. der Eigenschaften der Wirksubstanz.

Infektionsbiologie der Erreger Die wichtigsten Erreger der Tinea pedis sind Dermatophyten und Hefen: T. rubrum, T. interdigitale, T. tonsurans, E. floccosum, C. albicans und C. para-psilosis sowie weitere Arten. Terbinafin wirkt bei Dermatophyten fungizid, gegenüber C. albicans und C. parapsilosis lediglich fungistatisch sowie nur in deren Myzelform. Bei anderen Candida-Arten bestehen Wirksamkeitslücken. Die Stärke von Terbinafin liegt in der Abtötung von Pilzhyphen der Dermatophyten im Bereich von 0,001 µg/ml. Es ist somit eines der wirksamsten Antimykotika. Die Substanz agiert jedoch nur auf Ebene der Ergosterol-Biosynthese. Damit ist Terbinafin gegenüber in Ruhe befindlichen Erregerbestandteilen wie Chlamydosporen (E. floccosum, T. tonsurans, C. albicans), Blastosporen (C. albicans) und Dauersporen (T. rubrum, T. interdigitale) wirkungslos. Da Pilzsporen lange überdauern können, ergibt sich hieraus ein prinzipieller Schwachpunkt von Ein-Tages-Therapien.

Dermatophyten gehören außerdem zur Gruppe der extrem langsam wachsenden Erreger. Die Generationszeit, um aus einer vermehrungsfähigen Einheit eine Zweite zu produzieren, beträgt ca. 20 Stunden. Die meisten Bakterien benötigen nur 20 Minuten. Cave: Je langsamer ein Erreger wächst, desto länger muss er behandelt werden. Beispiele für dieses Therapiegesetz sind Tuberkulose, Syphilis, Borreliose und alle Formen der Tinea. Um eine von T. rubrum komplett befallene Nagelplatte vollständig heilen zu können, u. a. mit Terbinafin, dem hier wirksamsten systemischen Antimykotikum, braucht man etwa ein Jahr. Dies liegt nicht allein an der geringen Wachstumsgeschwindigkeit vieler Nägel, auch an der Biologie des Erregers.

T. rubrum, der häufigste Erreger der Tinea pedis, vermag erst nach zwei Wochen gut sichtbare Kolonien auszubilden. Gleichsam braucht der Erreger Zeit, um im Gewebe die für die Hemmung der Ergosterolsynthese notwendigen Angriffspunkte zu entwickeln. Häufig werden diese essenziellen Andockstellen für die Antimykotika nicht ausgeprägt. Denn Dermatophyten sind sehr anpassungsfähig. Einem Verwandlungskünstler gleich variieren sie zwischen Hyphen und ruhenden Sporen. Dauerformen entstehen auch als Reaktion auf im Gewebe befindliche Antimykotika. In dieser Phase sind sie gegenüber Ergosterolhemmern wie Terbinafin resistent. Sporen entstehen auch spontan. Schon der Entdecker der pilzlichen Ursache der Onychomykose, Georg Meissner, zeichnete in der Vor-Antimykotika-Ära in seinen Publikationen Hyphen und Sporen. Dermatophytensporen keimen zwar immer wieder neu aus, nicht jedoch zuverlässig in einer vorherbestimmten Depotzeit. Diese ist für den Erfolg einer Ein-Tages-Therapie aber lebensnotwendig. Im Falle von Lamisil Once soll sie 13 Tage betragen. Als Mechanismus wird eine Bindung von Terbinafin an Lipidbestandteile des Stratum corneum vermutet.

Physiologische Besonderheiten der Haut Der zweite wesentliche Kritikpunkt dieser Stellungnahme richtet sich folgerichtig gegen den Mythos von der Wirksamkeit und Unangreifbarkeit eines Arzneimitteldepots in schnell wachsenden menschlichen Geweben. Hierzu gehört in markanter Weise die Haut.

Zuvor sei noch angemerkt, dass in einer früheren Zulassungsstudie zur Ein-Wochen-Therapie bei Patienten mit Tinea pedis interdigitalis nur mühsam eine Signifikanz im Vergleich zur Kontrollgruppe erreicht wurde. Die Patienten wurden täglich über eine Woche mit Terbinafin behandelt (Abbildung 1). Das hier in Rede stehende Produkt wird aber nur 1 Mal und zudem in einem viel breiteren Therapiebereich angewandt. Dieser wird vom Hersteller als "Fußpilzerkrankung" definiert (Abbildung 2). In der Produktbeschreibung heißt es: "Die Fußpilzerkrankung kommt nur an den Füßen vor. Sie beginnt oft zwischen den Zehen, kann sich jedoch auch auf die Fußsohlen und Fußränder ausbreiten". Ausgenommen sind lediglich lang andauernde Pilzinfektionen der Fußsohlen und Fersen mit verdickter und/oder stark schuppender Haut. Durch eine einmalige Anwendung können demnach alle Infektionen der Zehenzwischenräume, der Fußsohle und der Fußränder sowie die Erkrankung vom Mokassintyp, mit Erfolg behandelt werden. Das Anwendungsgebiet wird in der Packungsbeilage wie folgt beschrieben: "Verteilen Sie das Arzneimittel auf der Haut, zwischen, unter und auf allen Zehen. Danach auf der Sohle und dem Fußrand auftragen". Zur besseren Orientierung sind instruktive Zeichnungen beigefügt.

Einer Umfrage zufolge würden 85% aller befragten Dermatologen Infektionen, die über das Stadium der Tinea pedis interdigitalis hinausgehen, stets über mindestens drei Wochen topisch und in bestimmten Fällen systemisch behandeln, ganz im Sinne der Leitlinien der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (Abbildung 3).

Eigenschaften der Wirksubstanz Der Schlüssel zum Heilerfolg von Ein-Tages-Therapien ist der Aufbau eines Depots. In der Packungsbeilage heißt es: "Nach der Anwendung auf den Füßen bleibt ein dünner farbloser Film auf der Haut zurück. Der Film gibt den arzneilich wirksamen Bestandteil an die Haut ab". Doch ausgerechnet dieses hochessenzielle Wirkprinzip ist äußerst fragil. Laut Produktinformation verringert das Abwaschen des Films den Terbinafin-Gehalt im Stratum corneum. Das ist logisch. Terbinafin ist nicht wasserfest. Daher folgt an späterer Stelle der unabdingbare Hinweis: "In den ersten 24 Stunden sollte das Waschen vermieden werden, um eine größtmögliche Penetration von Terbinafin ins Stratum corneum zu ermöglichen". Die Füße dürfen also einen Tag nicht gewaschen werden. Wie verhält es sich dabei mit körpereigenen Flüssigkeiten? Darf geschwitzt werden? Oder ist die Absonderung endogener Flüssigkeiten eine Gefahr für das Depot? Die Keratinozyten sollten am besten ebenfalls nicht proliferieren. Denn Terbinafin könnte in zu kurzer Zeit abgeschilfert werden.

In den Zulassungsdokumenten finden sich einige Kuriositäten. Groteske, ja beinahe kabarettistische Züge nehmen folgende Hinweise an: "Behandeln Sie jeden Fuß in gleicher Weise, auch wenn die Haut gesund aussieht", "Versuchen Sie nicht zu kratzen ... da dies die Ausbreitung der Infektion fördern könnte". Beachte: Das Produkt enthält Alkohol und ist deshalb von offenen Flammen, nicht jedoch von stark entzündlichen Hautarealen fernzuhalten, obwohl gerade hierdurch unwiderstehlicher Juckreiz ausgelöst werden könnte.

Dafür findet sich mehrfach der recht bedrohliche Hinweis: "Tragen Sie das Arzneimittel kein zweites Mal auf". An anderer Stelle folgt nochmals die Aufforderung: "Lamisil Once ist an beiden Füßen anzuwenden, auch wenn nur auf einem Fuß sichtbare Anzeichen des Fußpilzes sind. Der Pilz könnte auf anderen Fußpartien vorhanden sein, auch wenn es keine sichtbaren Anzeichen gibt". Es stellt sich die Frage, warum nicht auch Hände oder andere Körperpartien als potenzielle Infektionsquellen mitbehandelt werden sollten. Immerhin "sollten Sie Handtücher und Kleidung häufig waschen".

Wo sind die Grenzen einer Ein-Tages-Therapie? "Ihr Hautzustand sollte sich nach wenigen Tagen verbessern, es kann jedoch bis zu 4 Wochen dauern, bis Ihre Haut vollständig abgeheilt ist". Damit wird die Langwierigkeit der Heilung von pilzinfizierter Haut eingestanden und indirekt Zweifel an Sinnfälligkeit sowie am Erfolg einer Ein-Tages-Therapie eingeräumt.

Unübertrefflich ist das abschließende Bonmot: "Tragen Sie Ihre eigene Kleidung, ohne sie mit anderen Personen zu teilen". Wie konnte dieser Satz den Zulassungsprozess überstehen? Nüchtern dagegen ist das Kapitel über Anwendungsbeschränkungen: "Nur für Erwachsene". "Nicht anzuwenden bei Patienten unter 18 Jahren". "Tragen Sie das Arzneimittel kein zweites Mal auf". "Sollten Sie innerhalb von 1 Woche keine Anzeichen der Besserung beobachten, lassen Sie sich von Ihrem Arzt oder Apotheker beraten". Bedarf es nicht vier Wochen der vollständigen Heilung? Wie dem auch sei, Dermatologen werden das hier besprochene Produkt wohl eher nicht empfehlen.

Pro Einmaltherapie

Vorteile der Einmalbehandlung

Die Befürworter der Einmalbehandlung stellten die Vorteile dieser Therapie in dem Beitrag "Fußpilz-Therapie – bessere Compliance durch Einmalbehandlung" dar (siehe DAZ Nr. 34, S. 89). Hier zur Schnellinformation das Resümee:

Die Wirksamkeit und Verträglichkeit der neuen Zubereitung wurden in groß angelegten kontrollierten klinischen Studien bestätigt. In einer fünfarmigen multizentrischen Dosis-Findungsstudie, in die 536 Patienten mit klinisch und mykologisch gesicherter Tinea pedis einbezogen wurden, konnte gezeigt werden, dass die 1%ige Wirkstoffkonzentration, so wie sie auch in anderen topischen Terbinafin-Zubereitungen vorliegt, für die Einmaltherapie ausreicht.

Die neue Terbinafin-haltige Formulierung zur Einmalanwendung stellt aufgrund ihrer einfachen Handhabung und der im Vergleich zu anderen Antimykotika zu erwartenden besseren Compliance eine Bereicherung in der Therapie von Fußmykosen dar. Das Präparat bietet gute Voraussetzungen für die Selbstmedikation der Tinea pedis interdigitalis, die nach Auffassung der Gesellschaft für Dermopharmazie nur dann zu empfehlen ist, wenn hochwirksame und einfach zu handhabende Präparate eingesetzt werden, die bei der überwiegenden Mehrzahl der Patienten auf Anhieb eine Heilung erwarten lassen.

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