Reaktionen zum Arbeitsentwurf: "Wettbewerb wird zum bloßen Lippenbekenntnis"

Kritik von allen Seiten zum Arbeitsentwurf des GKV-Wettbewerbsstärkungs-Gesetz. BERLIN (ks). Der erste Arbeitsentwurf zum GKV-Wettbewerbsstärkungs-Gesetz ist bei den Verbänden des Gesundheitswesens, den Krankenkassen und der Opposition überwiegend auf scharfe Kritik gestoßen. Für ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf hat er "sein Ziel klar verfehlt" und bedarf einer gründlichen Überarbeitung. In einer ersten Stellungnahme der ABDA kritisierte Wolf, dass die Eckpunkte in dem Arbeitsentwurf nicht mehr erkennbar seien. Wenn es wie geplant nur noch einen Spitzenverband der Krankenkassen gäbe, wäre ein Vertrags- und Preisdiktat gegenüber Leistungserbringern die wahrscheinliche Konsequenz, so Wolf. Mit Wettbewerb im Sinne der Verbraucher habe dies nichts zu tun.

Industrie vermisst den Wettbewerb


Unruhe herrscht auch in den Verbänden der pharmazeutischen Industrie. Der Verband Forschender Arzneimittelhersteller (VFA) rügte den Arbeitsentwurf als "Staatsmedizin pur", der mit den Eckpunkten "nichts mehr zu tun" habe. Das Ministerium habe den Wettbewerbsgedanken "konsequent eliminiert", erklärte VFA-Hauptgeschäftsführerin Cornelia Yzer. Im Blick hat sie dabei insbesondere die Höchstpreise, die Kosten-Nutzenbewertung und die erforderliche Zweitmeinung. Auch der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) sieht den versprochenen Wettbewerb für zu kurz gekommen: "Der Entwurf verspricht im Titel viel, hält aber wenig. Wettbewerb wird zum bloßen Lippenbekenntnis", kritisierte BPI-Hauptgeschäftsführer Henning Fahrenkamp. Das Ziel einer echten Strukturreform werde verfehlt. Stattdessen verkompliziere der Entwurf das bestehende System und führe zu einer Verstaatlichung des Gesundheitswesens. Der BPI geht davon aus, dass der Arbeitsentwurf erhebliche Diskussionen auslösen wird und Nachbesserungen folgen werden. Beim Verband Pro Generika kann man hingegen einige Ansätze erkennen, "die zu mehr Vertragswettbewerb im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung führen können". Allerdings wünscht sich Pro Generika-Geschäftsführer Hermann Hofmann, dass während der parlamentarischen Beratungen noch "mehr Mut zu Deregulierung" aufkommt. Wer auf den Markt setze, sollte sich auch von gesetzlichen Zwangsmaßnahmen wie Festbeträgen und Herstellerrabatten verabschieden.

PKV fühlt sich in der Existenz bedroht


Hans Jürgen Ahrens, Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbands, ist überzeugt, dass der Gesundheitsfonds den gesetzlich Krankenversicherten "null Nutzen" bringen wird. Mit dem Arbeitsentwurf werde "der Weg in die Staatsmedizin" eingeschlagen und das ursprüngliche Ziel der Reform – mehr Wettbewerb und Effizienz, weniger Bürokratie – ins Gegenteil verkehrt. Der Vorsitzende des PKV-Verbandes Reinhold Schulte kritisierte, dass der vorliegende Entwurf die PKV faktisch abschaffe. Er stehe damit im eklatanten Widerspruch zum von der Koalition beschlossenen Eckpunktepapier. Offenbar wollten die Ministeriumsbeamten "Nebelkerzen zünden, um der eigentlichen Absicht der Schädigung der PKV Vorschub zu leisten". Schulte erwartet nun, dass sich die Koalitionsparteien klar von dem jetzt verbreiteten Ministerialwerk distanzieren.

Kritik aus der Opposition


Biggi Bender, gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, kritisierte, dass die große Koalition an der "überholten" Doppelstruktur von gesetzlichen und privaten Krankenkassen festhalte. Statt an der PKV "herumzudoktern", sollte sie den Mut aufbringen, einen einheitlichen Versicherungsmarkt zu schaffen. Der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Daniel Bahr, sieht mit dem Arbeitsentwurf den "Weg in ein staatliches und zentralistisches Gesundheitswesen" bereitet. Die Union müsse sich fragen, wo ihre Handschrift bei dieser Reform bleibt, sagte Bahr. Der dringend notwendige Wettbewerb zwischen Krankenversicherungen um Tarife, Beitragshöhen und innovative Versorgungsformen werde zunichte gemacht. Bahr: "Das ist der Weg in die Einheitskasse."

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