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Festbeträge: BAH gegen Alleinentscheidung der Kassen

BONN (im). Die pharmazeutischen Hersteller wollen stärker bei der Festlegung von Festbeträgen beteiligt werden. Juristisch sei die jetzige Lösung über den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen - vor allem das wettbewerbswidrige einseitige Nachfragekartell durch die Kassen - überholt. Eine Lösung mittels Rechtsverordnung des Bundesgesundheitsministeriums hätte den Vorteil, dass alle Beteiligten in gleicher Weise gehört werden. Dies sagte Dr. Mark Seidscheck vom Bundesfachverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) am 13. April vor Journalisten in Bonn.

Nach Worten des BAH-Hauptgeschäftsführers ist die Legalisierung des Verfahrens überfällig. Wie berichtet, ist das derzeitige System seit längerem wettbewerbs- und kartellrechtlich unter Beschuss geraten. Die bisherige Festsetzung sei durch Willkür durch die Krankenkassen geprägt, sagte Seidscheck. Bisher hätten die Kassen völlig einseitig und ohne jede Begründung Einsparvolumina für sich realisiert. Jetzt sei eine rechtssichere Lösung - zum Beispiel über eine Rechtsverordnung - nötig, bei der das Bundesgesundheitsministerium (BMG) die Vorschläge der Kassen prüfen müsste. Bei der Delegation an eine Bundesoberbehörde zeigte sich der BAH-Repräsentant offen, das müsste nicht zwingend das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information sein.

Im bisherigen Regierungsentwurf des "Festbetrags-Neuordnungsgesetzes" ist die Übertragung auf eine neu zu errichtende Bundesoberbehörde genannt, das bisherige DIMDI müsste dazu erweitert werden. Gegen das DIMDI hatten Kritiker eingewendet, es sei teils auf Aufträge aus der pharmazeutischen Industrie angewiesen. Auch bei einer Delegation an eine Oberbehörde bliebe es bei der Genehmigungspflicht des BMG, vertrat Seidscheck. Er hielt Klagen einzelner Unternehmen nicht für ausgeschlossen, falls das Ministerium diese Aufgabe nicht wahrnehme, sondern Vorlagen ohne inhaltliche Prüfung lediglich abzeichne.

Neben dem BAH, der die Hersteller von Selbstmedikationspräparaten repräsentiert, sei auch der Verband Forschender Arzneimittelhersteller (VFA), der zwei Drittel des Marktes vertritt, für die rechtssichere Lösung mittels Rechtsverordnung. Der von den Kassen und Ärzten ins Spiel gebrachten Absicherung des zuständigen Bundesausschusses Ärzte/Krankenkassen - in Form einer Körperschaft des öffentlichen Rechts - gab Seidscheck keine Aussicht auf Erfolg. Aus wettbewerblichen und kartellrechtlichen Gründen sei die gemeinsame Selbstverwaltung in dieser Wiese nicht zu halten.

Unverständlich war für ihn daher die Haltung des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI). Der BPI hatte sich mit den Ersatzkassen für die Stärkung der Selbstverwaltung ausgesprochen und die Übernahme des Verfahrens durch das BMG als Schritt in die Staatsmedizin mit kritisiert. Die vom BPI in diesem Zusammenhang geforderte "Beratungsbank" hielt Seidscheck lediglich für eine Worthülse.

Kritik an Rechtswegzuweisung

Scharfe Kritik übte der BAH-Hauptgeschäftsführer an einer speziellen Bestimmung der Reform 2000. Seit Jahresbeginn können die Unternehmen den Klageweg nur noch über die Sozialgerichte betreten. Dies sei gleichbedeutend mit einem Ausschluss geltenden europäischen Kartellrechts, denn die Sozialgerichte seien in der Regel nicht darauf spezialisiert. Werde im konkreten Fall sichtbar, dass europäisches Kartellrecht ausgeklammert werde, seien Klagen einzelner Unternehmen vor dem Europäischen Gerichtshof vorprogrammiert.

Die pharmazeutischen Hersteller wollen stärker bei der Festlegung von Festbeträgen beteiligt werden. Juristisch sei die jetzige Lösung über den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen überholt. Eine Lösung mittels Rechtsverordnung hätte den Vorteil, dass alle Beteiligten in gleicher Weise gehört werden, so die Aussage von Dr. Mark Seidscheck vom Bundesfachverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH).

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