Recht aktuell

Der BSE-Test im (trüben) Licht des AMG

Der Rinderwahn, die Bovine Spongiforme Enzephalopathie (BSE), bewegte vor wenigen Jahren noch heftig die deutschen Gemüter – inzwischen hat das Medieninteresse zu Gunsten "reizvollerer" Katastrophen nachgelassen. Nur noch gelegentlich – beispielsweise bei der Beschäftigung mit dem deutschen Arzneimittelrecht – wird man daran erinnert, dass BSE auf den Menschen übertragbar ist und geistige Verwirrung auslöst.

Grund für meine Rechtsrecherche war die Frage eines deutschen Unternehmens, welche Anforderungen bei der Kennzeichnung eines in einem Drittstaat hergestellten BSE-Tests (In-vitro-Diagnostikum, IVD) einzuhalten seien.

Kein Medizinprodukt, sondern Arzneimittel?

Zunächst ist festzustellen, dass ein In-vitro-Diagnostikum zur Anwendung im Humanbereich (Beispiele: Schwangerschaftstest, Glucoseteststreifen) ein Medizinprodukt darstellt und unter das Medizinproduktegesetz fällt. Bei einem In-vitro-Diagnostikum zur Anwendung im Veterinärbereich handelt es sich jedoch, auch wenn es völlig identisch wie ein entsprechendes Human-IVD aufgebaut sein sollte, um ein Arzneimittel gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 4 AMG: "Als Arzneimittel gelten Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die, auch im Zusammenwirken mit anderen Stoffen oder Zubereitungen aus Stoffen, dazu bestimmt sind, ohne am oder im tierischen Körper angewendet zu werden, die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktion des tierischen Körpers erkennen zu lassen oder der Erkennung von Krankheitserregern bei Tieren zu dienen."

Der Aha-Effekt des AMG-Anwenders wird jedoch schon in § 4a AMG wieder neutralisiert, welcher lautet: "Dieses Gesetz findet keine Anwendung auf Arzneimittel, die unter Verwendung von Krankheitserregern oder auf biotechnischem Wege hergestellt werden und zur Verhütung, Erkennung oder Heilung von Tierseuchen bestimmt sind." Einschlägig für das Herstellen und Inverkehrbringen eines BSE-Tests sind die Bestimmungen der Verordnung über Sera, Impfstoffe und Antigene nach dem Tierseuchengesetz (Tierimpfstoff-Verordnung).

Für das Inverkehrbringen eines IVD, welches nicht unter Verwendung von Krankheitserregern oder auf biotechnischem Wege hergestellt wird, gelten die Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes. Allerdings bedarf es gemäß § 21 AMG keiner amtlichen Zulassung. Auch eine Herstellungserlaubnis nach § 13 AMG – egal ob abgefüllt oder nur gekennzeichnet wird – sowie eine Einfuhrerlaubnis nach § 72 AMG werden vom Gesetzgeber nicht verlangt.

Soweit beispielsweise die Herstellung eines Nierenfunktions-Harntests beim Rind in einem Drittstaat, also einem Nicht-Mitgliedstaat der EU, erfolgt, hat gemäß § 72a AMG grundsätzlich die für den Einführer zuständige deutsche Behörde die Verantwortung, durch eine Inspektion vor Ort die GMP-Konformität des ausländischen Herstellungsbetriebes zu bestätigen (GMP = Good Manufacturing Practice, Gute Herstellungspraxis für Arzneimittel).

Fazit

Wer in Deutschland In-vitro-Diagnostika herstellen und in den Verkehr bringen will, muss zunächst prüfen, inwieweit das Arzneimittelgesetz oder die Tierimpfstoff-Verordnung gelten. Danach richtet sich die behördliche Zuständigkeit. Bei AMG-IVDs muss der pharmazeutische Unternehmer seine Tätigkeit nach § 67 AMG der zuständigen Arzneimittelbehörde in seinem Bundesland anzeigen und unterliegt gemäß § 64 Abs. 3 AMG "regelmäßig und in angemessenem Um-fang" der behördlichen Überwachung.

Alle, die den Kopf über die Tatsache schütteln, dass ein IVD für den Menschen in einem anderen Gesetz geregelt ist als ein IVD für den Einsatz am Tier – und sich wiederum die Regelungen für Tier-IVD über zwei verschiedene Gesetze erstrecken –, mögen sich damit trösten, dass dieser Wahnsinn Methode hat: Ein Skalpell in der Hand des Humanmediziners ist ein CE-gekennzeichnetes Medizinprodukt. Dasselbe Skalpell für die Hand des Tierarztes muss als Arzneimittel nach § 2 Absatz 2 Nr. 1a AMG in den Verkehr gebracht werden.

Noch Fragen, warum der Wirtschaftsstandort Deutschland chronisch in den Seilen hängt?

 

Dr. Michael Schmidt,

Pfeiferstr. 15, 72108 Rottenburg (der Autor ist Fachapotheker für Öffentliches Gesundheitswesen und

freier Fachjournalist)

 

 

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