Technologie

Amphotericin B

Invasive Pilzinfektionen sind für die hohe Sterblichkeit immundefizienter oder immunsupprimierter Patienten wesentlich mitverantwortlich. Amphotericin B ist eines der ältesten und zugleich wirksamsten Antimykotika. Sein Anwendungsbereich bleibt jedoch aufgrund starker Nebenwirkungen, vor allem seiner Nephrotoxizität, beschränkt. Mit Hilfe innovativer pharmazeutisch-technologischer Formulierungen werden seit den 1980er-Jahren Wege gesucht, das Risiko der Nephrotoxizität zu minimieren. Seit gut zehn Jahren sind innovative Amphotericin-B-Formulierungen zugelassen und auf dem Markt erhältlich, und weitere befinden sich in der klinischen Testung.

 

Chemische Eigenschaften

Amphotericin B (AmB) ist ein gelb-orangefarbenes, makrozyklisches Polyenantibiotikum mit einer Carboxylgruppe und dem Aminozucker Mykosamin (Abb. 1). Es wurde erstmals 1948 aus Fermentationsansätzen des aus Südamerika stammenden Bakteriums Streptomyces nodosus isoliert und strukturaufgeklärt. AmB ist – wie die ca. 200 anderen heute bekannten Polyenantibiotika – durch seine äußerst geringe Löslichkeit in Wasser und wasserfreien Alkoholen charakterisiert (< 1 mg/L, pH 6 – 7; Tab. 1). Die gastrointestinale Resorption und die orale Bioverfügbarkeit von AmB sind entsprechend gering [10, 68], sodass es parenteral verabreicht werden muss [68].

Unterhalb von pH 2 und oberhalb von pH 11 ist AmB zwar gut wasserlöslich, aber unter diesen extremen Bedingungen ist es chemisch instabil [93, 10]. AmB kann in saurem oder basischem Milieu Salze bilden, die zwar besser wasserlöslich sind, jedoch eine deutlich geringere antimykotische Wirkung zeigen als die Grundsubstanz [68].

Anwendungsgebiete

AmB zeichnet sich durch eine sehr breite antimykotische Wirkung aus und ist das Mittel der Wahl gegen lebensbedrohliche systemische Infektionen mit Pilzen wie Candida und Aspergillus, Fusarium, Scedosporium und Trichosporon [21, 22, 33]. Zudem ist AmB das wichtigste Reservetherapeutikum (second-line drug) bei der Behandlung von kutanen und viszeralen Leishmaniosen. Diese Protozoenerkrankungen werden durch verschiedene Arten der Gattung Leishmania verursacht, welche durch den Stich der Sandmücke (Phlebotomus, Lutzomyia) übertragen werden.

Leishmaniosen sind nicht auf tropische und subtropische Länder beschränkt, sondern treten auch in europäischen Mittelmeerländern auf [20]. Dort wächst die viszerale Leishmaniose (L. infantum), die sich unter Drogenabhängigen durch den Gebrauch nicht steriler Injektionsbestecke rasch ausbreitet (oft Koinfektion mit HIV), zu einem akuten Problem heran [20, 64]. Bei Patienten mit erworbener oder genetisch bedingter Immundefizienz sind die Standardmittel gegen Leishmaniosen oft weniger wirksam, sodass in solchen Fällen häufig auf AmB zurückgegriffen werden muss.

Die Anwendung von AmB bleibt beschränkt aufgrund seiner ausgeprägter Nephrotoxizität, die zur völligen Niereninsuffizienz führen kann. Um das Problem zu entschärfen, wurden pharmazeutische Formulierungen entwickelt, welche bei gleicher therapeutischer Wirksamkeit den Anteil an freiem AmB im Blut minimieren [48, 9]. Entsprechende Präparate, die in den 1990er-Jahren zugelassen wurden, sind der AmB-Lipid-Komplex Abelcet® (Elan Pharmaceuticals), das Liposomenpräparat AmBisome® (Nextar Pharmaceuticals), kolloidale Dispersionen wie Amphocil® (Sequus, USA), Amphil® und Amphotec® (InterMune) oder Tensidlösungen wie Fungizone® (Bristol-Myers-Squibb).

Resistenzen

In einer groß angelegten, 1992 publizierten Studie wurden mehr als 104 pathogene Pilze und 21 Isolate aus klinischem Material auf Sensitivität gegen AmB geprüft. Ausgeprägte Resistenzen gegen AmB wurden nicht gefunden [3]. Auch nach 30-jährigem klinischen Einsatz wird über Resistenzfälle nur selten berichtet [22]. Doch kann eine gewisse Dunkelziffer nicht ausgeschlossen werden, da entsprechende Tests nur in wenigen Kliniken routinemäßig durchgeführt werden und die Verfahrensweisen bislang kaum standardisiert sind [67]. Erst in den letzten Jahren sind in Europa und den USA standardisierte Testverfahren für die Ermittlung einer AmB-Resistenz entwickelt worden [85, 67, 32, 81].

Vermutlich sind sehr viele tief greifende biochemische Änderungen im Erreger notwendig, um die schädlichen Wechselwirkungen von AmB mit der Zellmembran zu unterbinden und gleichzeitig die Vitalfunktionen der Zelle zu erhalten [49]. Eine gewisse intrinsische (von Natur aus vorhandene) AmB-Resistenz wurde nur an Isolaten von Candida lusitaniae beobachtet [35], wobei "resistent" auch relativ, also dosisabhängig sein kann [15].

Interaktion mit Ergosterol

AmB-resistente Zellen von Candida und Leishmania donovani weisen einen reduzierten Ergosterolgehalt in der Zellmembran auf, was vermutlich die Bindung von AmB an die Membran verringert. Anstelle des Ergosterols nimmt der Anteil an biosynthetischen Vorstufen und verschiedenen Ergosterolisomeren zu [45]. Die zugrunde liegenden Mutationen im Ergosterolbiosyntheseweg führen gleichzeitig zu einer Resistenz gegen Azolantimykotika, da diese in denselben Biosyntheseweg eingreifen [3, 39].

Zellmembranen enthalten Sterole, welche unter anderem für die Membranfluidität verantwortlich sind. Bei Säugerzellen ist deren Hauptbestandteil Cholesterol, bei Pilzen und manchen Protozoen (z.B. Leishmanien und viele Amöben) hingegen Ergosterol. Die Polyenstruktur von AmB ist verantwortlich dafür, dass es sich in biologische Membranen einlagert und dabei mit den Sterolen so komplexiert, dass Poren in der Zellmembran entstehen. AmB zeigt dabei eine signifikant höhere Selektivität für Ergosterol als für Cholesterol [29, 14].

An künstlichen, aus Dipalmitoylphosphatidylcholin (DPPC) aufgebauten Lipiddoppelschicht-Membranen wurde die Wirkung von AmB näher untersucht [63]. Selbst wenn die Membranen sterolfrei sind, tritt mit steigender AmB-Konzentration ein Phasenübergang von einem gelartigen zu einem lamellar-fluiden Zustand auf. Bei sterolhaltigen Membranen verändert AmB die Orientierung der Acylketten und bildet Komplexe mit dem Sterol.

Basierend auf molekulardynamischen Berechnungen, wurde ein räumliches Modell des AmB-Cholesterol-Komplexes vorgeschlagen (Abb. 2 und 3) [5]. Demnach bilden sieben oder acht AmB-Moleküle gemeinsam mit Cholesterol einen Kanal mit einem inneren Durchmesser von 70 bis 100 nm. Dabei ist das AmB so orientiert, dass das Mykosamin am Rand des Kanals liegt und die Hydroxylgruppen zur Kanalmitte zeigen (Abb. 2); zugleich interagiert die Polyenkette aufgrund von van-der-Waals-Kräften mit dem Sterol und den Phospholipiden in der Membran (Abb. 3).

Wenn sich in einer Zellmembran solche Poren gebildet haben, strömen u. a. Kaliumionen und Adenosintriphosphat (ATP) aus, sodass die Zelle ihr osmotisches Gleichgewicht und ihren Energieträger verliert und zugrunde geht.

Nebenwirkungen

Die Nebenwirkungen einer Therapie mit AmB sind gravierend. Sie lassen sich in akute (Fieber, Erbrechen, Kopfschmerzen) und subakute Effekte (Funktionsstörungen von Niere und Leber) unterteilen. Etwa 80% der behandelten Patienten leiden unter Nebenwirkungen, darunter ca. 30% unter eingeschränkter Nierenfunktion [73, 59]. In deren Folge sind der Serumkreatininspiegel erhöht und die Kalium- und Magnesiumspiegel erniedrigt.

Ursache der Nephrotoxizität ist die Ausbildung von Poren in der Membran von Nierenzellen. Eine Behandlung mit AmB ist daher immer kontraindiziert, wenn ein Nierenschaden bereits vorliegt oder wenn die Gabe anderer potenziell nephrotoxischer Wirkstoffe, zum Beispiel Cidofir, Foscarnet, Aminoglykoside oder Carbapeneme, erforderlich ist. Gleiches gilt für Arzneistoffe, welche eine Hypokaliämie fördern, z.B. Diuretika, Hydrocortisone oder Ziprasidon.

Wegen seiner Lipophilie und seiner Affinität zu Lipoproteinen reichert sich AmB bevorzugt in der Leber an und kann so auch zu Leber- und Gallenfunktionsstörungen führen [2]. AmB kann ferner das Blutbild verändern; an Patienten unter AmB-Therapie wurden beispielsweise normochrome Anämie, Thrombozytopenie und Agranulozytose häufiger beobachtet.

Pharmakokinetik

Wie oben erwähnt, ist nach oraler Gabe von AmB keine nennenswerte gastrointestinale Aufnahme zu verzeichnen, weshalb es in der Regel intravenös appliziert wird (Ausnahmen siehe unten). Erschöpfende Angaben zur Metabolisierung von AmB liegen nicht vor [30]. Die Elimination des AmB verläuft triexponentiell und biphasisch (kürzere initiale Halbwertzeit von ca. 24 h und längere terminale HWZ von ca. 15 Tagen). Nur ein geringer Teil (< 10%) wird über die Nieren ausgeschieden, 30–40% über die Galle und etwa 30% über die Leber. Der Rest wird in tiefen Kompartimenten deponiert und langsam eliminiert. Etwa 2 bis 5% des AmB im Urin liegt in unveränderter, biologisch aktiver Form vor [41, 68, 71].

Nach der i.v. Injektion von Fungizone® wird der AmB-Anteil vom Desoxycholat abgetrennt und zu 90 bis 95% an Serumproteine, hauptsächlich≠-Lipoproteine, gebunden [7, 10, 4, 68]. Liposomal verabreichtes AmB (Ambisome®) ist in allen Organen, einschließlich des ZNS, nachweisbar und liegt dort in höheren Konzentrationen vor als mit Fungizone® appliziertes AmB [2]. Weitere Angaben über Verteilung und Eliminationshalbwertszeiten sind folgend bei der jeweiligen Arzneistoffformulierung aufgeführt.

Innovative AmB-Formulierungen

Das vorrangige Ziel bei der Entwicklung innovativer AmB-Formulierungen ist die Reduktion seiner Nephrotoxizität. Einerseits müssen daher die Serumkonzentrationen der freien Substanz möglichst gering gehalten werden, andererseits soll der Wirkstoff sein Zielgewebe beziehungsweise die Zielorganismen in maximaler Konzentration und mit hoher Selektivität erreichen. Dies kann mit Hilfe von Trägersystemen gelingen, die den Wirkstoff erst dann freisetzen, wenn er am Zielgewebe oder Pathogen angelangt ist, wobei die übrigen Zellen und Gewebe unbeeinflusst bleiben.

Derzeit konzentriert sich das Interesse auf die Entwicklung von kolloidalen und partikulären Trägersystemen [89]. Partikuläre Formulierungen werden durch phagozytierende Zellen des retikulo-endothelialen Systems (Monozyten-Makrophagen-System) rasch aus dem Kreislauf entfernt, Partikel größer als 5000 nm sogar schon vor der ersten Leberpassage. Dies erklärt ihre geringe Serum-Halbwertzeit, niedrige Bioverfügbarkeit und die ungleichmäßige Körperverteilung. Die schnelle Phagozytose ist jedoch ein großer Vorteil, wenn es darum geht, gezielt gegen bestimmte intrazelluläre Erreger vorzugehen, zum Beispiel gegen Leishmanien, welche sich obligat in Makrophagen aufhalten.

Andere Arbeitsgruppen zielen auf eine pulmonale Applikation des Wirkstoffs und können auch hier mit ersten Erfolgen aufwarten [31, 24, 42]. Die Effizienz unterschiedlicher AmB-Formulierungen wurde in zahlreichen Tierversuchen getestet (Tab. 2), aber bisher nur in wenigen Studien direkt miteinander verglichen, z.B. in einem Mausmodell der Cryptosporidiose [18] und in einem Mausmodell der viszeralen Leishmaniose [50].

Mizellen, Lipidkomplexe, Kolloide, Emulsionen

Mit Fungizone® (Tensidlösung) und Abelcet® (Lipid-Komplex) befinden sich zwei AmB-Präparate zur intravenösen Therapie auf dem Markt, die zur Behandlung der systemischen Candidose zugelassen sind (Tab. 3). Fungizone® besteht aus AmB und Natriumdesoxycholat. Letzteres bewirkt als Tensid die Bildung von Mizellen, aus denen später ein Teil des Wirkstoffs in Lösung geht [93, 68]. Bei der Applikation sollten keine Sterilfilter (Porengröße 0,22 µm) verwendet werden, da diese einen nicht abschätzbaren Anteil der Mizellen aus der Infusion entfernen [10]. Problematisch an dieser Therapie ist das mit 30% sehr hohe Risiko eines Nierenleidens. Eine Verlängerung der Infusionsdauer von 4 auf 24 Stunden kann das Risiko reduzieren, vorausgesetzt, die Patienten bleiben ausreichend hydratisiert [23, 75]. Nachteilig ist auch, dass das Desoxycholat hämolytisch wirkt.

Abelcet® besteht aus AmB, welches mit den Lipiden Dimyristoylphosphatidylcholin (DMPC) und Dimyristoylphosphatidylglycerol (DMPG) komplexiert ist. Unter Schütteln entstehen spontan Partikel mit einem mittleren Durchmesser von 1 bis 6 µm. Abelcet® zeigt einen günstigeren therapeutischen Index als Fungizone® und – bei einer Tagesdosis von 1,0 bis 5,0 mg/kg – ein deutlich geringeres Risiko von Nierenschäden. Nachteilig ist, dass die Lipidkomplexe wegen ihres kolloidalen Charakters schnell von mononukleären Zellen, insbesondere von Kupfferzellen in der Leber, phagozytiert werden, was wiederum das Risiko von Leberfunktionsstörungen in sich birgt.

In der Regel wird ein Wechsel der AmB-Formulierung vom Patienten gut vertragen. Schwere allergische Nebenwirkungen, die beim Wechsel von Fungizone® auf Abelcet® und AmBisome® (s.u.) auftraten, wurden möglicherweise durch die Hilfsstoffe der Formulierungen verursacht [11].

Amphocil®, und Amphotec® sind AmB-kolloidale Dispersionen (ABCD), bestehend aus AmB und Cholesterylsulfat in äquimolarem Verhältnis. Die Partikel sind scheibenförmig, mit einem mittleren Durchmesser von 100 nm und einer Dicke von ca. 4 nm [86]. Durch die Bindung von AmB an das Cholesterol bleibt der Anteil an freiem AmB relativ gering. Amphocil® ist ähnlich effizient wie Fungizone®, wirkt dabei jedoch weniger nephrotoxisch und hämolytisch; zudem bindet ein geringerer Teil des AmB an Serumproteine [26]. Akute Nebenwirkungen und Anzeichen von Nephrotoxizität treten bei Amphocil® erst bei einer Dosierung von 1,5 mg/kg/Tag auf im Vergleich zu 0,5 bis 0,75 mg/kg/Tag bei Fungizone® [26]. Die von einigen Autoren vorgeschlagene Beigabe von AmB zu Fettemulsionen, welche als parenterale Nährlösungen verabreicht werden (z.B. Lipofundin® und Intralipid®), ist kritisch zu sehen. Bei einfachem Zumischen besteht das Risiko, dass sich AmB-Fett-Partikel bilden, die bei einer anschließenden Sterilfiltration zurückbleiben.

Substanzielle Fortschritte in der Entwicklung von Emulsionen und Dispersionen sind in naher Zukunft kaum zu erwarten, ausgenommen Cochleate (s.u.) [60]. Mikroemulsionen (IPM, Wasser, Lecithin und Brij 96) zeigen so bedenkliche toxikologische Eigenschaften, dass ihre Aufnahme in klinische Studien nicht zu erwarten ist.

Cochleate

Cochleate sind zylinderförmige, multilamellare (flüssigkristalline) Mizellen, welche sich spontan formen, wenn Ca2+-Ionen zu Ultraschall-behandeltem Phosphatidylserin in wässriger physiologischer Kochsalzlösung gegeben werden (Abb. 4) [62]. Das Phoyphatidylserin bildet eine Doppelschicht, die sich spiralförmig um eine Achse windet und dabei von einer wässrigen Phase mit den Ca2+-Ionen begrenzt wird [72].

AmB-Cochleate wurden bereits in Leishmania donovani-infizierten Mäusen getestet [72], doch zeigten sich weder bei oraler noch bei parenteraler Applikation erkennbare Vorteile gegenüber den konventionellen Systemen. In einem murinen Aspergillose-Modell erzielten AmB-Cochleate hingegen sogar per os eine Heilungsrate von 70%. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass im Leishmaniose-Modell mit der Behandlung erst begonnen wurde, als sich der Erreger etabliert hatte, wohingegen im Aspergillose-Modell – klinisch weniger relevant – mit der Therapie bereits zum Zeitpunkt der Infektion begonnen wurde.

Liposomen

In AmBisome® liegt AmB in unilamellaren Liposomen verpackt vor. Diese bestehen aus hydrogeniertem Soja-Lecithin, Soja-Phosphocholin, Cholesterol, Sucrose zur Isotonisierung, alpha-Tocopherol und Dinatriumsuccinat-Hexahydrat, die als Lyophilisat geliefert und unmittelbar vor Gebrauch in Wasser unter Schütteln rekonstituiert werden. Der mittlere Durchmesser der so erzeugten Liposomen liegt bei 60 bis 70 nm. Die Liposomen setzen das AmB erst frei, wenn sie sich an eine Zellwand anlagern, im Idealfall von Pilzen oder Leishmanien [12, 13].

Die empfohlene Initialdosis liegt bei 1 mg/kg/Tag und kann auf 3 bis 5 mg/kg/Tag gesteigert werden [17, 36]. In einer randomisierten, multizentrischen klinischen Studie mit 66 Teilnehmern wurden AmBisome® und Fungizone® miteinander hinsichtlich Effektivität und Nephrotoxizität verglichen. Nur 14,2% der mit AmBisome® behandelten Patienten entwickelten renale Komplikationen (42,3% in der Vergleichsgruppe), und die Gesamtmortalität betrug nur ein Drittel der Fugizone®-Gruppe [6]. AmBisome® ist zugelassen für die Therapie von febriler Neutropenie, Aspergillose, Candidose und Cryptococcose. Es wird ferner für die Behandlung problematischer viszeraler Leishmaniosen empfohlen, obwohl es dafür nicht zugelassen ist.

Das pharmakokinetische Profil von AmB in seiner Formulierung als AmBisome® ist deutlich besser als in Fungizone® oder Abelcet®. Die Serum-Eliminationshalbwertszeit beträgt 8,7 gegenüber 11,2 h, die AUC-Werte liegen entsprechend höher, und die Plasma-clearance-Werte sind mit 9,4 ml/h/kg signifikant geringer (Tab. 3). Die Elimination von AmB ist wiederum deutlich biphasisch, doch ist die Beta-Phase länger. Nach parenteraler Applikation ist der größte Teil des AmBisome® in der Leber und Milz, gefolgt von Lunge und Niere zu finden, jeweils bevorzugt in mononukleären Zellen.

Durch zusätzliche Beschichtung der Liposomen mit Polyethylenglykol (Pegylierung) können die Serum-Halbwertszeit von AmB nochmals verlängert und die Nebenwirkungen weiter gemildert werden [48]. Es bildet sich eine hydrodynamische Schicht auf der Liposomenoberfläche, welche diese sterisch abschirmt, sodass es weniger Interaktion zwischen den Liposomen und Zellmembranen gibt und weniger Liposomen phagozytiert werden. Den Vorteilen der AmB-Präparate stehen die viel höheren Kosten gegenüber.

Interessant erscheint die Strategie, Liposomen aus den Zellmembranlipiden der Empfänger oder bestimmter Organe oder Gewebe herzustellen, um einerseits die Verträglichkeit zu verbessern und andererseits eine Gewebespezifität im Sinne des Drug-targeting zu erzielen [27].

Nanopartikel

Nanopartikuläre Trägersysteme eignen sich für AmB, weil dieses in wässrigem Milieu quasi unlöslich ist. Getestet wurden Nanosuspensionen, bei denen der Wirkstoff selbst mikronisiert ist [55], und feste Lipid-Nanopartikel (solid lipid nanoparticles, SLN), bei denen der Wirkstoff in die Lipidmatrix eingearbeitet ist und später durch Erosion wieder freigesetzt wird (Abb. 5) [78].

AmB wird zu Nanosuspensionen verarbeitet, indem es in einem Kolben-Spalt-Homogenisator mehrfach unter hohem Druck (1500 bar) durch einen variablen Spalt gepresst wird. In Abhängigkeit von Druck, Temperatur, Zyklenzahl und zugesetzten Tensiden variiert die durchschnittliche Partikelgröße von 100 bis 800 nm. Eine AmB-Nanosuspension, die L. donovani-infizierten Mäusen per os verabreicht wurde, wurde – im Gegensatz zu einfach mikronisiertem AmB (mittlere Partikelgröße 10–20 µm) – merklich resorbiert und reduzierte die Leishmanienzahl in der Leber um 30%, verglichen mit unbehandelten Kontrolltieren [37, 38]. Intravenös verabreicht sind AmB-Nanosuspensionen so wirksam wie AmBisome®.

AmB-Nanosuspensionen werden von Makrophagen aufgenommen und gelangen dort zu den intrazellulär in Vakuolen persistierenden Leishmanien, wie mit Hilfe des Elektronenmikroskops gezeigt wurde [36]. Durch Veränderungen der physikochemischen Oberflächeneigenschaften der Partikel, zum Beispiel durch Pegylierung, kann deren pharmakologisches Profil weiter optimiert werden [28, 55]. Nanosuspensionen weisen auch gegenüber liposomalen Präparationen einige klare Vorteile auf: unter anderem Lagerungsstabilität bei Raumtemperatur (shelf-life), Autoklavierbarkeit und geringere Produktionskosten.

SLN sind etwa so groß wie die Nanosuspensionen. Ähnlich wie Öl-in-Wasser-Emulsionen und Liposomen bestehen sie aus physiologisch gut verträglichen Komponenten und können im industriellen Maßstab durch einfache Hochdruckhomogenisierung preiswert hergestellt werden [78, 51–56]. Außer AmB wurden bislang nur sehr wenige Wirkstoffe zu SLN verarbeitet [76, 77]. Die durchschnittliche Wirkstoffbeladung beträgt im Fall von AmB 10 bis 15%, je nach Zusammensetzung der Lipidmatrix. Auch AmB-SLN zeichnen sich durch Lagerungsstabilität bei Raumtemperatur und eine gewisse orale Bioverfügbarkeit aus.

AmB-SLN sind gleichfalls im Mausmodell der viszeralen Leishmaniose untersucht worden. Intravenös appliziert, reduzierten sie die Parasitenzahl in der Leber um 45% [37, 38].

 

Literatur bei den Verfassern

Amphotericin B ist eines der ältesten und zugleich wirksamsten Antimykotika, es birgt jedoch die Gefahr von Nebenwirkungen, insbesondere ein hohes nephrotoxisches Risiko, was seine Anwendung stark einschränkt. Um das Problem zu entschärfen, wurden pharmazeutische Formulierungen entwickelt, die durch gezieltes Targeting mit einer geringeren Dosis auskommen und folglich bei gleicher Wirksamkeit die Konzentration des Wirkstoffs im Blut minimieren. Zu den innovativen Formulierungen, die sich bevorzugt an die pathogenen Pilzzellen heften und deren Membrankanäle durchdringen, zählen Liposomen, Mizellen, Kolloide und Cochleate. Von ihnen erwartet man große therapeutische Fortschritte.

Zusammenfassung
  • Amphotericin B bleibt ein unverzichtbares Antimykotikum zur Behandlung schwerer Pilzinfektionen.
  • Durch die Adaptation bekannter Formulierungen wie Liposomen und kolloidale Dispersionen konnte die therapeutische Sicherheit von AmB deutlich erhöht und die Morbidität gesenkt werden.
  • Liposomale Präparate erlauben im Vergleich zu gelöstem AmB eine fünffach höhere Dosierung, bezogen auf das Nebenwirkungsrisiko.
  • Auch für die Behandlung der viszeralen Leishmaniosen bleibt AmB in absehbarer Zukunft das wichtigste Reservetherapeutikum (second-line drug).
  • Angesichts neuer Triazolantimykotika bleibt abzuwarten, ob AmB auch weiterhin eine herausragende Rolle bei der Therapie von Candida-Infektionen spielen wird.
  • Die durchweg geringe Tendenz zur Resistenzentwicklung bleibt die große Stärke von AmB und lässt vermuten, dass es auf absehbare Zeit unverzichtbar bleibt.
  • Die Suche nach noch besseren Formulierungen bleibt aktuell. Bei den heute bereits bekannten innovativen Formulierungen ist mit einer Markteinführung nicht vor 2015 zu rechnen.

 

Die Autoren

Assist. Prof. Dr. Oliver Kayser (Jg. 1967) schloss 1991 sein Pharmaziestudium in Münster ab. 1992 Aufenthalt an der University of Florida in Gainesville, 1997 Promotion im Fach Pharmazeutische Biologie an der FU Berlin, dort Habilitation in den Fächern Pharmazeutische Technologie und Pharmazeutische Biotechnologie, seit 2004 Assistant Professor an die Rijksuniversiteit Groningen.
Hauptarbeitsgebiete: Combinatorial biosynthesis, Drug delivery antiparasitärer Wirkstoffe, Identifzierung neuer Naturstoffe als potenzielle Antiparasitika.
Anschrift: Assist. Prof. Dr. Oliver Kayser, Rijksuniversiteit Groningen, Farmaceutische Biologie, NL-9713 AV Groningen, o.kayser@rug.nl
Andreas Lemke (Jg. 1976) studierte von 1995 bis 2001 Pharmazie an der FU Berlin. 2002 Approbation als Apotheker. Aufnahme eines Dissertationsvorhabens am Institut für Pharmazie der FU Berlin auf dem Gebiet der antiparasitären Wirkstoffformulierung (Pharmazeutische Technologie): Formulierung von Miltefosin zur oralen Applikation zur Behandlung der viszeralen Leishmaniose. Forschungsaufenthalte an der London School of Hygiene and Tropical Medicine (2003) und der Rijksuniversiteit Groningen (2005).
Dr. Albrecht F. Kiderlen (Jg. 1954) studierte 1974–81 Biologie an der Universität Freiburg und der University of Glasgow, 1982 Diplom, 1986 Promotion in Hannover, seit 1990 Laborleiter am Robert Koch-Institut.
Forschungsschwerpunkte: Erreger-induzierte Mechanismen der natürlichen Immunreaktion, Wirkmechanismen antiparasitärer Wirkstoffe.
Anschrift: Dr. Albrecht Kiderlen, Robert Koch-Institut, Abteilung für Infektionskrankheiten, Nordufer 20, 13353 Berlin, a.kiderlen@rki.de

 

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