Fortbildung

Dermatologie: Die häufigsten Hauterkrankungen

Die Haut ist nicht nur das größte, sondern auch das komplizierteste Organ des Menschen. Entsprechend vielfältig sind ihre Krankheiten. Der Apotheker sollte die häufigsten Hauterkrankungen kennen, um in der Beratung einen Beitrag zur Compliance und zur Reduktion von Arzneimittelnebenwirkungen leisten zu können. Auf dem Fortbildungstag der Apothekerkammer Berlin am 6. März wurde über Neurodermitis, Hauttumoren, Akne und Hyperhidrosis axillaris referiert.

 

Neurodermitis – meistens ab dem 1. Lebensjahr

Mit einer Prävalenz zwischen 8 und 16 Prozent ist die Neurodermitis einer der häufigsten Erkrankungen der Haut. Die international gebräuchlichste Bezeichnung ist atopische Dermatitis. Es handelt sich um eine chronische oder chronisch rezidivierende entzündliche Erkrankung, die durch infiltrierende, nässende und exkoriative Erscheinungen an der Haut gekennzeichnet ist. Sie gehört wie das allergische Asthma und die allergische Rhinitis zu den Erkrankungen des atopischen Formenkreises. In etwa 60 Prozent aller Fälle tritt sie bereits im ersten Lebensjahr, bei 85 Prozent der Patienten vor Vollendung des fünften Lebensjahres auf.

Der Erkrankung liegt eine genetische Disposition zugrunde, wobei eine Veranlagung von Seiten der Mutter eine größere Rolle zu spielen scheint als von Seiten des Vaters. Auch Umweltfaktoren haben einen Einfluss. So ist beispielsweise das Erkrankungsrisiko in Städten höher als in Landgemeinden, bei Einzelkindern höher als bei Kindern mit vielen Geschwistern. Ein erhöhtes Risiko ist außerdem mit einem hohen sozialen Status und einer geringen Zahl von Infekten im Kindesalter assoziiert.

Diagnostische Kriterien

Um eine Neurodermitis eindeutig diagnostizieren zu können, müssen mindestens drei Hauptkriterien sowie drei Nebenkriterien erfüllt sein. Zu den Hauptkriterien zählen als Leitsymptom der Juckreiz (Pruritus), die typischen Effloreszenzen der Haut, ein chronischer oder chronisch rezidivierender Verlauf sowie eine positive Familien- oder Eigenanamnese.

Die Zahl der Nebenkriterien ist sehr groß: beispielsweise eine trockene, zu Infektionen neigende Haut, Unverträglichkeit von Wolle, Verstärkung des Juckreizes durch Schwitzen, Denny-Morgan-Lidfalte, Leckekzem (Cheilitis sicca) sowie trockene, aufgesprungene Haut an Fingerkuppen oder Zehen (Pulpitis sicca). Die beiden meistgefürchteten Komplikationen der Neurodermitis sind zum einen die Superinfektion der Haut mit Staphylococcus aureus, die mit Antibiotika therapiert wird, sowie das Eczema herpeticum, das durch eine massenhafte Aussaat von Herpes-simplex-Viren (HSV) bedingt ist und erfolgreich mit Aciclovir behandelt werden kann.

Triggerfaktoren von großer Bedeutung

Faktoren, die zur Verschlimmerung des Krankheitsbildes beitragen können (Triggerfaktoren), spielen bei der Neurodermitis eine wichtige Rolle. Dazu zählen beispielsweise chemische Irritanzien, Wolle, Zigarettenrauch, warmes Duschen und infektiöse Mikroben wie Staphylokokken und HSV. Bei etwa einem Drittel der Atopiker spielen bestimmte Nahrungsmittel als Triggerfaktoren eine Rolle, und zwar sind Eier, Erdnüsse, Kuhmilch, Fisch und Weizen für 90 Prozent der nahrungsmittelbedingten Reaktionen verantwortlich. Erhält ein Kind mit Neurodermitis vor Vollendung des ersten Lebensjahres eines dieser Nahrungsmittel, kommt es zu Exazerbationen der Erkrankung, Durchfällen und möglicherweise sogar zu einem anaphylaktischen Schock.

Breite Palette an Therapeutika

Bezüglich der Therapie der Neurodermitis unterscheidet man die Basistherapie von der Behandlung im subakuten, akuten und chronischen Stadium. Für jedes dieser Stadien steht eine breite Palette an Therapeutika zur Verfügung. Die Corticoide spiele eine wichtige Rolle in akuten und subakuten Stadien der Neurodermitis. Die derzeit verfügbaren topischen Corticoide werden nach ihrer Wirkstärke klassifiziert. Neben dieser Einteilung ist jedoch für die tatsächliche Wirkung beim Patienten noch eine Reihe anderer Faktoren verantwortlich.

So hängt beispielsweise die Resorption (und damit die Bioverfügbarkeit) des Wirkstoffs stark vom Alter des Patienten und vom Schweregrad der Erkrankung ab. Auch die Galenik der topischen Zubereitung hat einen Einfluss. Dieser Tatsache wurde z.B. beim Präparat Flutivate®-Salbe bzw. -Creme Rechnung getragen. Aus der Creme wird der Wirkstoff Fluticason-17-propionat wesentlich schlechter liberiert. Daher besitzt die Salbe eine Wirkstoffkonzentration von 0,05 mg/g, die Creme dagegen von 0,5 mg/g, wodurch beide Formulierungen als gleich wirksam bezeichnet werden können.

Die inzwischen zur topischen Behandlung der Neurodermitis zugelassenen Immunsuppressiva Tacrolimus und Pimecrolimus sind nach Ansicht von Prof. Dr. Roland Niedner "im Kommen". Langzeiterfahrungen, vor allem zu unerwünschten Wirkungen, müssen jedoch erst noch gesammelt werden. Vor der Anwendung von Bufexamac hat die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft gewarnt, da die Substanz ein hohes Sensibilisierungspotenzial besitzt.

Ein Wirkstoff, den Niedner in seiner klinischen Praxis sehr gern einsetzt, ist Capsaicin (Konzentration 0,025 bis 0,05%), das die Depletion des Neurotransmitters Substanz P aus sensorischen Nervenfasern bewirkt; dadurch sinkt vorübergehend die Empfindlichkeit der Haut, und der Juckreiz vermindert sich. Allerdings ist nach dem Auftragen zunächst ein Stechen und Brennen spürbar.

Maligne Tumoren der Haut

In Deutschland erkranken jährlich 100.000 Menschen an malignen Tumoren der Haut. Da bei ihrer Entstehung UV-Licht eine wichtige Rolle spielt, ist wegen des derzeitigen Freizeitzeitverhaltens eine weitere Zunahme zu erwarten. Jedoch ist Hautkrebs nicht gleich Hautkrebs – zu unterscheiden sind das Basaliom, das Plattenepithelkarzinom, das maligne Melanom und das kutane Lymphom.

Das Basaliom (Basalzellkarzinom) ist der häufigste Hauttumor. Es wächst lokal-destruierend. Therapie der ersten Wahl ist die chirurgische Entfernung. Seit kurzem ist für die lokale Behandlung kleiner Basaliome auch der Immunmodulator Imiquimod (Aldara®) zugelassen. Das Plattenepithelkarzinom, zu 90 Prozent im Gesicht lokalisiert, ist der zweithäufigste maligne Hauttumor. Bei Immunsuppression ist das Risiko, daran zu erkranken, um das 100fache erhöht, daher müssen Transplantationspatienten diesbezüglich besonders sorgfältig überwacht werden. Vorläufer des Plattenepithelkarzinoms ist die Aktinische Keratose, die nicht unterschätzt werden sollte.

Malignes Melanom besonders gefährlich

Das maligne Melanom tritt am häufigsten zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr auf. Zu den Risikofaktoren zählen eine große Zahl von Muttermalen, insbesondere wenn sie eine atypische Form besitzen und an Größe zunehmen, eine helle Haarfarbe und ein heller Hauttyp. Maligne Melanome können sich spontan auf vorher völlig normaler Haut oder auf dem Boden eines Nävuszellnävus ("Muttermal", "Leberfleck") entwickeln. Um normale Muttermale von malignen Formen abgrenzen zu können, werden sie im Auflichtmikroskop (Dermatoskop) betrachtet und nach der ABCDE-Regel (Asymmetrie, Begrenzung, Colorit, Durchmesser, Erhabenheit) beurteilt.

Beim malignen Melanom sind die therapeutischen Möglichkeiten beschränkt. Sicherste Therapie ist die möglichst frühzeitige chirurgische Exzision; am Hauttumorzentrum der Charité wird zusätzlich der Wächterlymphknoten entfernt. Unter einer Chemotherapie mit Dacarbazin (DTIC), dem "Goldstandard", zeigte sich in größeren kontrollierten Studien eine Ansprechrate von nur 5 bis 7 Prozent. Neue Therapieoptionen erhofft man sich vom monoklonalen Antikörper Bevacizumab und dem Proteasomen-Inhibitor Bortezomib; gesicherte Daten für den Einsatz dieser Wirkstoffe beim malignen Melanom stehen jedoch noch aus.

Beim kutanen T-Zell-Lymphom gestaltet sich die Diagnostik oft schwierig, da eine relativ große Ähnlichkeit zu anderen Krankheitsbildern wie beispielsweise Psoriasis besteht. Effektive Therapien sind hier leider noch nicht vorhanden.

Akne – oft ein Fall für die Selbstmedikation

80 bis 90 Prozent aller Jugendlichen leiden unter Acne vulgaris, wobei 30 Prozent von ihnen hautärztlich behandelt werden müssen. Da viele Betroffene Rat in der Apotheke oder bei einer Kosmetikerin suchen, ist die Kenntnis der Symptome und Therapiemöglichkeiten der Akne für Apotheker von großer Bedeutung.

Das Erscheinungsbild der Akne ähnelt anderen dermatologischen Krankheitsbildern wie z. B. Rosazea oder periorale Dermatitis ("Stewardessen-Krankheit"), die häufig auch als Nebenwirkung einer Cortisontherapie im Gesicht auftritt. Das entscheidende Erkennungsmerkmal der Akne ist der Mitesser (Komedo). Er kann entweder offen oder geschlossen vorliegen. Bei offenen Komedonen finden sich häufig schwarze Punkte. Dabei handelt es sich um Melanin und nicht, wie vielfach angenommen, um "Schmutz" infolge ungenügender Reinigung der Haut. Ausgangspunkt für die Entstehung der Akne ist der Talgdrüsenfollikel, wo sich hauptsächlich folgende pathologische Prozesse abspielen:

  • gesteigerter Talgfluss (Seborrhö),
  • follikuläre Hyperkeratose (Verhornungsstörung, bei der von der Innenwand des Haarfollikel-Epithels vermehrt Hornzellen abgeschilfert werden),
  • Entzündungserscheinungen, gefördert durch Stoffwechselprodukte von Propionibacterium acnes, einem anaeroben Bakterium, das im Mitesser wegen des Talgpfropfes besonders günstige Bedingungen vorfindet

Lokaltherapie der Akne

Die Lokaltherapie der Akne erfordert viel Geduld, denn ein sichtbarer Erfolg stellt sich oft erst nach drei bis sechs Monaten Behandlungsdauer ein. Das häufig eingesetzte Benzoylperoxid verfügt über eine gute antibakterielle Wirkung und löst im Gegensatz zu antibiotischen Wirkstoffen keine Resistenzen aus. Empfehlenswert ist zunächst eine niedrige Dosis (2,5%) in einer Cremegrundlage. In der Beratung muss darauf hingewiesen werden, dass der Wirkstoff ein Bleichmittel ist und daher in den behandelten Arealen die Lichtempfindlichkeit erhöht.

Einen wichtigen Platz in der Aknetherapie nehmen die Retinoide Tretinoin, Isotretinoin und Adapalen ein. Zu beachten ist, dass in den ersten vier Behandlungswochen eine Erstverschlimmerung ("Aufblühen") eintreten kann. Isotretinoin und Adapalen reizen weniger stark und besitzen eine gute entzündungshemmende Wirkung. Wegen ihrer Teratogenität dürfen Retinoide – vor allem bei systemischer Anwendung – bei Frauen im gebärfähigen Alter nur unter strikter Kontrazeption eingesetzt werden.

Weiterhin kommen in der Lokaltherapie Azelainsäure und Antibiotika wie Erythromycin und Clindamycin zum Einsatz. Nach dem Auftragen Azelainsäure-haltiger Zubereitungen kann es initial zu Juckreiz kommen. Die antimikrobielle, keratolytische und entzündungshemmende Wirkung dieser Substanz ist relativ schwach ausgeprägt. Dafür bietet sie den Vorteil, dass sie auch bei Schwangeren bedenkenlos eingesetzt werden kann. Bei den Antibiotika sind das Allergisierungspotenzial und die mögliche Resistenzentwicklung zu beachten.

Bei schweren Formen systemisch behandeln

Wenn eine Lokaltherapie nicht ausreicht, muss die Akne systemisch behandelt werden. Als Antibiotika kommen die Tetracycline Doxycyclin und Minocyclin zum Einsatz. In der Beratung sollte auf mögliche unerwünschte Wirkungen wie gastrointestinale Nebenwirkungen und Soor sowie eine möglicherweise verminderte Wirksamkeit von Kontrazeptiva hingewiesen werden. Frauen mit schwerer Acne vulgaris, die gleichzeitig eine Empfängnisverhütung wünschen, werden Kontrazeptiva mit den Antiandrogenen Cyproteronacetat, Chlormadinonacetat oder Dienogest verordnet.

Empfehlenswerte Pflegeprodukte

Bei der Beratung von Aknepatienten in der Apotheke sollten auch Pflegehinweise gegeben und auf spezielle, nicht komedogene Präparate (z. B. von Neutrogena, Roche Posay und Sebamed) verwiesen werden. Zur Hautreinigung eignen sich Syndets mit einem pH-Wert von 5,5 und milden Tensiden. Geeignete Peeling-Substanzen sind Aluminiumoxid (Brasivil® medium) oder Zubereitungen mit Milch- oder Salicylsäure. In Pflegeprodukten sollten nur nicht komedogene Vehikel wie leichte O/W-Emulsionen oder Hydrogele vorhanden sein. Zur Abdeckung eignen sich Titandioxid-, Eisenoxid- oder Kaolin-haltige Kosmetika.

Übermäßiges Schwitzen – schwer zu therapieren

Patienten, die unter übermäßigem Schwitzen in den Achselhöhlen (Hyperhidrosis axillaris) leiden, stehen unter einem hohen Leidensdruck. Sie fühlen sich stigmatisiert, haben Probleme in Beruf und Partnerschaft, was nicht selten zu einem völligen sozialen Rückzug führt. Die Therapiemöglichkeiten sind leider beschränkt. Allgemeine Empfehlungen wie das Tragen lockerer Kleidung, das Meiden von Alkohol, Tee, Kaffee und scharfen Gewürzen sowie die Verwendung spezieller Deodoranzien oder Puder helfen in schweren Fällen nicht weiter.

Lokale Therapien wie die Anwendung von Aluminiumhexahydrat oder die Iontophorese zeigen nur begrenzten Erfolg. Das gilt auch für Botulinumtoxin A (Botox®), das seit einiger Zeit zur Behandlung der Hyperhidrosis axillaris zugelassen ist, dessen Wirkung aber nicht lang genug anhält. Systemisch können Salbeiextrakt und Anticholinergika eingesetzt werden. Das für diese Indikation zugelassene Präparat Sormodren® (Wirkstoff Bornaprin) hat jedoch viele Nebenwirkungen und daher eine schlechte Compliance.

Saugcurettage erfolgreich

Chirurgische Verfahren zur Therapie der Hyperhidrosis axillaris sind die Sympathektomie, die Schweißdrüsen-Exzision und die operative Saugcurettage. Bei der Sympathektomie werden sympathische Ganglien verödet, oft kommt es danach jedoch zu einer kompensatorischen Hyperhidrosis. Bei der Schweißdrüsen-Exzision bleiben meist große Narben zurück, dieses Verfahren ist heute obsolet. Bei der operative Saugcurettage kommt es nur selten zur Narbenbildung. Dagegen gelingt es mit dieser Methode, die Schweißproduktion dauerhaft auf 25 bis 50 Prozent des Ausgangsniveaus zu senken. Allerdings wird die Behandlung von der GKV nicht erstattet; private Krankenkassen übernehmen dagegen 95 Prozent der Kosten.

Dr. Claudia Bruhn, Berlin

 

Quelle

Prof. Dr. Roland Niedner, Potsdam: „Neu- rodermitis“; Prof. Dr. Christoph Gellen, Berlin: „Maligne Tumoren der Haut“; Dr. Yael Adler, Potsdam: „Aktuelle Möglich- keiten in der Akne-Therapie“; Dr. Edwin Hilbert, Berlin: „Operative Saugcurettage  – eine neue Behandlungsform in der Hyper- hidrosis axillaris“. Referate auf dem 9.

Fortbildungstag der Apothekerkammer Berlin am 6. März 2005 im Campus Vir- chow-Klinikum.

 

"Ohne Juckreiz ist es keine Neurodermitis." 

Prof. Roland Niedner, Potsdam

"Neurodermitiker sollten nur kühl und kurz duschen. Ich hab es selbst ausprobiert: Zwei Minuten reichen zum Sauberwerden."

Prof. Roland Niedner, Potsdam

"Nur die Akne hat Komedonen."

Dr. Yael Adler, Potsdam

Literaturtipp

Roos, Thomas C.; Brost, Harald Neurodermitis Juckreiz und Hautentzündungen stoppen 104 Seiten, vierfarbige Abbildungen, Kartoniert. 16,80 Euro. S. Hirzel Verlag, Stuttgart 2004. ISBN: 3-7776-1263-4

Literaturtipp 

Roland Niedner und Yael Adler Hautkrankheiten im Blick für die Kitteltasche 368 S., 324 vierfarbige Abb., Kunststoff, 24 Euro Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart 2004 ISBN 3-8047-2045-5

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.