Recht

Berufsübergreifende Kooperationen mit Apotheken

Was ist erlaubt? Was ist verboten?

Von Valentin Saalfrank

Eine am Patientenwohl ausgerichtete, optimale Versorgung verlangt zunehmend auch die Zusammenarbeit von Apothekern mit Ärzten und Krankenhausträgern. Das Apothekengesetz, die Berufsordnungen der Ärzte und das SGB V gestatten eine solche Kooperation jedoch nicht unbegrenzt. Der nachfolgende Beitrag zeigt die Grundlagen für eine berufsübergreifende Zusammenarbeit auf.

 

Das Apothekengesetz schränkt die Freiheit des Apothekers, berufsübergreifenden Kooperationen beizutreten, ein. Sinn des Apothekengesetzes ist es, die Unabhängigkeit des Apothekers bei der Wahrnehmung seines in § 1 Apothekengesetz (ApoG) normierten Auftrags, die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung sicherzustellen, zu gewährleisten. Vertragliche Bindungen, die die Gefahr begründen, dass er seine gesetzliche öffentliche Aufgabe, eigenverantwortlich an der ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung mitzuwirken, nicht mehr sachgerecht erfüllen wird, darf er daher nicht eingehen [1].

Beim Abschluss von Kooperationen ist insbesondere auf § 8 Apothekengesetz Rücksicht zu nehmen. Danach sind Beteiligungen an einer Apotheke in Form einer Stillen Gesellschaft sowie Vereinbarungen, bei denen die Vergütung für dem Erlaubnisinhaber gewährte Darlehen oder sonst überlassene Vermögenswerte am Umsatz oder am Gewinn der Apotheke ausgerichtet ist, insbesondere auch am Umsatz oder Gewinn ausgerichtete Mietverträge unzulässig. Es sollen nur Apotheker, die im Besitz der Apothekenbetriebserlaubnis sind, an der Apotheke und ihren Erträgen beteiligt sein [2].

Der Betrieb einer Apotheke durch eine Kapitalgesellschaft ist gemäß § 8 ApoG ausgeschlossen. Zugelassen sind nur Personengesellschaften, wobei auch in diesem Fall alle Gesellschafter persönlich eine Betriebserlaubnis beantragen müssen. Eine Kooperation kann also weder Betreiber einer Apotheke sein, noch darf sie bestimmenden Einfluss auf den Apothekenbetrieb in den wichtigen pharmazeutischen oder betriebswirtschaftlichen Fragen ausüben [3].

Besonders streng sind die Anforderungen bei der Be-teiligung von Ärzten an einer Kooperation. Gemäß § 11 ApoG darf ein Apotheker mit Ärzten oder anderen Personen, die sich mit der Behandlung von Krankheiten befassen, keine Rechtsgeschäfte vornehmen oder Absprachen treffen, die eine bevorzugte Lieferung bestimmter Arzneimittel, die Zuführung von Patienten, die Zuweisung von Verschreibungen oder die Fertigung von Arzneimitteln ohne volle Angabe der Zusammensetzung zum Gegenstand haben. Mit dieser Vorschrift korrespondiert § 24 Abs. 2 der Apothekenbetriebsordnung, wonach es unzulässig ist, sog. Rezeptsammelstellen in Arztpraxen zu unterhalten. Auch bezüglich des Arzneimittelsortiments sind gemäß § 10 ApoG Vereinbarungen unzulässig, die darauf zielen, bestimmte Arzneimittel ausschließlich oder bevorzugt anzubieten oder abzugeben oder anderweitig die Auswahl der von ihm abzugebenden Arzneimittel auf das Angebot bestimmter Hersteller oder Händler oder von Gruppen von solchen zu beschränken. Dies schließt zwar nicht aus, dass Apotheker für bestimmte Arzneimittel werben. Vereinbarungen in einer Kooperation, Arzneimittel bestimmter Hersteller ausschließlich oder überhaupt nicht abzugeben, sind indessen nicht statthaft.

Fachliche Zusammenarbeit von Ärzten und Apothekern

Insbesondere § 11 ApoG setzt einer Zusammenarbeit von Ärzten und Apothekern Grenzen. Die Zuweisung von Patienten und Verschreibungen ist danach grundsätzlich untersagt, entsprechende Vereinbarungen sind gemäß § 12 ApoG nichtig und ziehen nicht selten ordnungsrechtliche und berufsrechtliche Maßnahmen – bis zur Entziehung der Apothekenbetriebserlaubnis – nach sich. Von dem Zuweisungsverbot gibt es im Apothekengesetz ausdrücklich normierte Ausnahmen. Darüber hinaus müssen weitere Ausnahmen möglich sein, wenn sie durch sachliche Gründe gerechtfertigt sind. Nur so lässt sich ein Wertungswiderspruch mit § 34 Abs. 5 Musterberufsordnung der deutschen Ärzte (MBO) vermeiden [4].

Zu den in § 34 MBO anerkannten sachlich gebotenen Gründen für die Empfehlung einer bestimmten Apotheke oder eines sonstigen Anbieters von gesundheitlichen Leistungen zählen unmittelbar auf dem Gebiet der Medizin liegende Vorteile. Aber auch die Qualität der Versorgung, die Vermeidung von Wegen bei gehbehinderten Patienten oder schlechte Erfahrungen mit anderen Leistungserbringern berechtigen den Arzt zur Verweisung an bestimmte Anbieter [5]. Sachlich geboten kann z. B. die Benennung einer Apotheke sein, wenn diese zur Ausführung verordneter Spezialrezepturen imstande ist [6] oder der Patient für die Besorgung des Arzneimittels Hilfe benötigt [7]. Ein sachlicher Grund liegt auch dann vor, wenn an einem Ort nur eine einzige Apotheke vorhanden ist [8]. Die Qualität der Versorgung und auch die Wirtschaftlichkeit der Behandlung können weitere Gründe sein [9].

Als unzulässige Zusammenarbeit hat das Oberlandesgericht Hamm dagegen die Verabredung eines regelmäßigen Hol- und Bringdienstes für hochpreisige Medikamente zwischen einer Apotheke und einer Arztpraxis angesehen. Eine solche gegen das Ärztebevorzugungsverbot verstoßende Vereinbarung ist gemäß § 12 ApoG nichtig. Die Auswirkungen einer solchen Vereinbarung werden dabei häufig unterschätzt: Verkauft ein Apotheker seine Apotheke und besteht die Gefahr, dass der Käufer die berufsrechtswidrige Praxis des Verkäufers fortsetzt, so kann dies zur Sittenwidrigkeit des Kaufvertrages über die Apotheke führen [10].

Eine Kooperation zwischen Arzt und Apotheker ist schließlich auch nicht statthaft für den Vertrieb eines gemeinsam von ihnen entwickelten Arzneimittels [11].

Grenzen einer Kooperation nach SGB V

Mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG) wurde in § 128 SGB V ein Verbot von Zuwendungen für Hilfsmittel eingeführt. Mit der 15. AMG-Novelle vom 22. Juli 2009 hat der Gesetzgeber das Verbot der Zusammenarbeit zwischen Leistungserbringern und Vertragsärzten auf den Bereich der Arzneimittelversorgung ausgeweitet. Leistungserbringer dürfen gemäß § 128 Abs. 2 SGB V Vertragsärzte sowie Ärzte in Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen nicht gegen Entgelt oder Gewährung sonstiger wirtschaftlicher Vorteile an der Durchführung der Versorgung mit Hilfsmitteln beteiligen oder solche Zuwendungen im Zusammenhang mit der Verordnung von Hilfsmitteln gewähren. Unzulässig ist ferner die Zahlung einer Vergütung für zusätzliche privatärztliche Leistungen, die im Rahmen der Versorgung mit Hilfsmitteln von Vertragsärzten erbracht werden, durch Leistungserbringer. Wirtschaftliche Vorteile sind auch die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung von Geräten und Materialien und Durchführung von Schulungsmaßnahmen sowie die Gestellung von Räumlichkeiten oder Personal oder die Beteiligung an den Kosten hierfür.

Integrierte Versorgung

§ 140a SGB V regelt die Integrierte Versorgung, die sowohl für Ärzte als auch für Apotheker offen steht. Gegenstand des Integrationsvertrages ist die Vereinbarung eines Versorgungsauftrages zwischen den Beteiligten. Dabei kann die Leistungserbringung auch abweichend von den Vorschriften des Leistungserbringerrechts autonom vereinbart werden. Grenzen zieht in Bezug auf Apothekerleistungen indessen das Apothekengesetz, sodass die Aufgabengebiete der öffentlichen Apotheke mit der Erlaubnis zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke nach § 2 ApoG einerseits und zum Betrieb einer Krankenhausapotheke nach § 14 ApoG andererseits nicht überschritten werden dürfen. Denn der in § 140b Abs. 4 SGB V erteilte Dispens von bestehenden Vorschriften umfasst das Apothekengesetz gerade nicht. Die Integrierte Versorgung "durchmischt" daher nicht die Versorgungsbereiche zwischen öffentlicher Apotheke und Krankenhausapotheke [12]. In Verträgen nach § 129 Abs. 5b, an welchen Apotheken beteiligt sind, kann das Nähere über Qualität und Struktur der Arzneimittelversorgung für die an der Integrierten Versorgung teilnehmenden Versicherten auch abweichend von Vorschriften des SGB V vereinbart werden. Vereinbarungen zur Auswahl preisgünstiger Arzneimittel (Positivlisten) – auch aufgrund einer Dauerverordnung – sind im Integrationsvertrag statthaft [13]. Auch innerhalb der Integrierten Versorgung dürfen wegen § 8 ApoG keine Umsatz-/Gewinn-Beteiligungen an der Apotheke verabredet werden. Die Teilnahme an der Integrierten Versorgung ist gemäß § 11 Abs. 2 ApoG ein ausreichender sachlicher Grund für die Zuweisung von Arzneimitteln an eine bestimmte Apotheke. Daher verstößt die bevorzugte Lieferung von Arzneimitteln, die Zuführung von Patienten und die Zuweisung von Verschreibungen im Rahmen dieser Versorgungsform so lange nicht gegen § 11 Abs. 1 S. 1 ApoG, als dies dem Wesen des konkreten Integrationsvertrages entspricht. Sofern mehrere Apotheken am Integrationsvertrag teilnehmen, darf der Arzt allerdings nur dann an eine konkrete Apotheke verweisen, wenn dafür ein weiterer sachlicher Grund besteht. Ist dies nicht der Fall, darf der Arzt die Patienten nur generell an alle am Integrationsvertrag teilnehmenden Apotheken verweisen, d. h. er muss den Patienten sämtliche angeschlossenen Apotheken benennen [14].

Anwendungsfertige Zytostatikazubereitungen

Besondere Kooperationsmöglichkeiten für die Zusammenarbeit zwischen Arzt und Apotheken bestehen in der Onkologie. Gemäß § 11 Abs. 2 darf der Inhaber einer Erlaubnis zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke aufgrund einer Absprache anwendungsfertige Zytostatikazubereitungen, die im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebes hergestellt worden sind, unmittelbar an den anwendenden Arzt abgeben. Da nicht jede Apotheke in der Lage ist, anwendungsfertige Zytostatikazubereitungen herzustellen und die Aushändigung dieses Arzneimittels an den Patienten aus Sicherheitsgründen nicht in Betracht kommt [15], gibt es auch einen hinreichenden Grund für die Zusammenarbeit i. S. d. § 34 MBO. Eine Besonderheit gilt bei der Versorgung mit Zytostatika für ambulante Applikationsbehandlungen im Krankenhaus. Bei dieser kann auch eine Kooperation mit einer öffentlichen Apotheke zur Gewährleistung der Arzneimittelversorgung in Betracht gezogen werden, wenn der Krankenhausträger selbst keine anwendungsfertigen Zytostatikazubereitungen herstellen kann oder will. Umgekehrt kann eine anwendungsfertige Zytostatikazubereitungen herstellende Krankenhausapotheke öffentliche Apotheken beliefern. In beiden Fällen agieren die liefernden Apotheken als Lohnhersteller für die sodann die Rezeptur in eigener Verantwortung und eigenem Namen abgebende Bestellapotheke. Diese Herstellung der Zytostatikazubereitungen durch die öffentliche Apotheke erfolgt im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs und ist daher gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 1 Arzneimittelgesetz nicht erlaubnispflichtig. Abgerechnet gegenüber den Patienten bzw. den Kassen wird das Rezept durch die abgebende Apotheke.

Medizinische Versorgungszentren

Als Gesellschafter eines MVZ kommen neben Ärzten auch Apotheken in Betracht [16]. Einer Kooperation von Apotheken in Medizinischen Versorgungszentren setzen jedoch die §§ 7, 8 ApoG Grenzen. Da die Vorschriften des SGB V nicht von den Regelungen des Apothekengesetzes befreien, darf ein MVZ nicht an der Apotheke beteiligt sein. Deshalb kann ein Apotheker seine Apotheke nicht in das MVZ einbringen [17]. Gleichwohl kann er sich als Gesellschafter an einem MVZ – wie auch an anderen Gesellschaften – beteiligen, solange der Betrieb der Apotheke hiervon unabhängig bleibt. Der Apothekenbetrieb ist hiernach nur eine persönliche Voraussetzung für den Apotheker, um Gesellschafter in einem MVZ zu werden [18].

Auch ist die Anstellung eines Apothekers durch ein solches Zentrum nicht möglich, weil die wirtschaftliche Unabhängigkeit des Apothekers damit aufgegeben wäre. Die Beteiligung am medizinischen Versorgungszentrum als solche liefert keinen sachlichen Grund für eine Ausnahme vom Zuweisungsverbot des § 11 ApoG [19].

Eine Kooperation zwischen MVZ und den für das MVZ tätigen Ärzten und Apotheken, die auf Informationen über Arzneimittel, Selbstbeteiligungen, Messungen von Körperwerten etc. abzielt, wird vom Verbot des § 11 ApoG zwar noch nicht erfasst. Die vertraglichen Vereinbarungen dürfen jedoch nicht zum Ziel haben, das MVZ an Umsätzen mit Rezepten, die von Ärzten des MVZ stammen, zu beteiligen [20].

 

Quellen 

[1] BGHZ 75, 214, 215 zu § 7 ApoG.

[2] BGH, ZMR 1998, 137; Schiedermair/Pieck, Apothekengesetz, 1981, § 8 Rdnrn. 146, 149.

[3] Der EuGH hat mit Urteil vom 19. 5. 2009 das Verbot des Betriebs einer Apotheke durch Berufsfremde für gemeinschaftsrechtskonform erklärt. – EuGH, Rs C-171/07/C-172/07.

[4] Vgl. Wigge/Kleinke, MedR 2002, S. 391; Cyran/Rotta, § 24 Rdnr. 13.

[5] BGH, WRP 2001, S. 151; BGH, NJW 2000, S. 2745

[6] Vgl. auch Ratzel/Lippert, § 34 Rdnr. 13.

[7] Vgl. Saalfrank/Kieser, Handbuch des Medizin- und Gesundheitsrechts, § 11 Rdnr. 70.

[8] OVG NW, Urt. v. 2. 9. 1999; Saalfrank/Frehse/Kleinke, Handbuch des Medizin- und Gesundheitsrechts, § 1 Rdnr. 320. 

[9] BGH, NJW 2000, S. 2745.

[10] OLG Hamm, GesR 2006, 572 – 575.

[11] BVerwG, NJW 1995, 1627 –1628. 

[12] Grau/Dierks, Apotheke & Recht 2005, S. 106, 107.

[13] Vgl. amtliche Begründung zu § 129 Abs. 5b zum Gesetzesentwurf, BT-Drucks. 15/1525, S. 122.

[14] Saalfrank/Frehse/Kleinke (wie [8]), § 1 Rdnr. 320.

[15] Vgl. amtliche Begründung zu § 11 vom 21. August 2002, BT-Drucks. 14/8930.

[16] Stellpflug/Meier/Tadayon, Handbuch Gesundheitsrecht, E 2000 4.5.

[17] Vgl. Kieser, Apothekenrecht, 2005, S. 24.

 

[18] Kieser, a.a.O.; vgl. auch Hohmann/Klawonn, Das medizinische Versorgungszentrum (MVZ – Die Verträge); Schade, Apotheker als Mitgesellschafter fachübergreifender medizinischer Versorgungszentren, Apotheke & Recht 2004, S. 18, 21.

[19] Vgl. Wigge, Medizinische Versorgungszentren nach dem GMG, MedR 2004, S. 123, 132; Hohmann/Klawonn, Das medizinische Versorgungszentrum (MVZ – Die Verträge), S. 150 Rdnr. 63 f.

[20] Vgl. Saalfrank/Kieser (wie [7]), § 11 Rdnr. 73.

 


Autor

RA Dr. Valentin Saalfrank,
Fachanwalt für Medizinrecht,
Anwaltskanzlei Dr. Saalfrank,
Berrenrather Str. 393,
50937 Köln

 

 

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