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DIMDI: Suchen und Finden in gesundheitswissenschaftlichen Datenbanken

(tmb). Durch das vielseitige Angebot elektronischer Medien wächst die Menge verfügbarer wissenschaftlicher Daten zu einem kaum noch durchdringbaren Dickicht von Informationen. Während früher der Zugang zu Informationen oft die entscheidende Hürde bildete, ist heute das Auffinden relevanter Informationen das vordringliche Problem. Damit entwickelt sich die Suche nach Informationen zu einer eigenen Profession und einer gefragten Dienstleistung. Ein leistungsstarker, aber oft unbeachteter Anbieter ausgewählter Informationen für medizinische und verwandte Disziplinen ist das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) in Köln. Am 23. Januar präsentierte anläßlich eines Seminars der Arbeitsgemeinschaft Arzneimittelepidemiologie der DPhG der Leiter des DIMDI, Prof. Dr. Harald Schweim, der selbst Apotheker ist, das Institut und berichtete über den Umgang mit Datenbanken.

Das DIMDI ist als Bestandteil des Bundesgesundheitsministeriums eine staatliche Einrichtung. Es entwickelt Software und Benutzeroberflächen für die Datenverarbeitung und übernimmt verschiedene gesetzliche Aufgaben der medizinischen Dokumentation, wie z. B. die Verwaltung von Krebsregistern und die medizinische Klassifikation und Evaluation. Letztere ist in Deutschland noch kaum entwickelt, doch arbeitet das DIMDI auf diesem Gebiet mit verschiedenen internationalen Organisationen zusammen und unterstützt die deutsche Sektion der Cochrane-Collaboration (einen Einblick in diese Thematik bietet der Beitrag "Ein neuer Weg zu rationalen Entscheidungen im Gesundheitswesen" in DAZ Nr. 6, S. 26 ff.). Außerdem organisiert das DIMDI den Internetzugang des Gesundheitsministeriums, anderer staatlicher Einrichtungen und verschiedener Organisationen, wie z. B. der Deutschen Gesellschaft für Ernährung.

Gleichzeitig suchen in über 90 Datenbanken Doch das DIMDI stellt nicht nur Informationen bereit, sondern liefert auch wertvolle Hilfen für die immer schwieriger werdende Suche nach Informationen. Es bietet den Zugang zu mehr als 90 Datenbanken im Bereich der Medizin und verschiedener Naturwissenschaften mit Themenbereichen von der Biotechnologie über Ernährungswissenschaften und Umweltschutz bis zum Krankenhauswesen. Nicht enthalten sind Daten zur Chemie im engeren Sinne, da hierfür das Fachinformationszentrum Chemie zuständig ist. Der Zugang zu den verschiedenen angeschlossenen Datenbanken erfolgt über die sogenannte "Superbase" in ähnlicher Weise wie sonst die Recherche in einer einzigen Datenbank. Umfangreiche Recherchen sind kostenpflichtig und dürften primär für die Pharmaindustrie interessant sein. Doch hat das DIMDI als öffentliche Einrichtung auch einen Informationsauftrag für die Öffentlichkeit, so daß einfache Recherchen in den meisten angeschlossenen Datenbanken kostenfrei (abgesehen von Telefon- und Netzkosten) für jeden Internetnutzer angeboten werden. Gegenüber der Suche in einer einzelnen Datenbank bietet die Recherche über das DIMDI die simultane Suche in einer Vielzahl von Einzeldatenbanken mit einer Abfrage.

Qualität der Informationen Schweim stellte heraus, daß alle gängigen Datenbanken inhaltliche Schwerpunkte haben. Doch auch die Suche in spezialisierten Datenbanken garantiert nicht, alle verfügbaren Informationen zu finden. Während ein unvollständiges Ergebnis für die private Information noch zu verschmerzen sein mag, kann dies bei Recherchen im Rahmen von Patentanmeldungen oder bei Entscheidungen über teure Forschungsvorhaben enorme Fehlinvestitionen nach sich ziehen. Schweim geht davon aus, daß der ökonomische Wert der Informationsbeschaffung zunehmend erkannt wird. Doch auch ein vollständiges Suchergebnis sichert nicht die Qualität der Daten. Das DIMDI arbeitet allerdings bei Qualitätschecks mit den Anbietern der Datenbanken zusammen und führt im Rahmen seiner Möglichkeiten auch selbst Überprüfungen zur Qualität durch. Einen interessanten Qualitätsaspekt zeigt eine datenorientierte Betrachtungsweise bei den verbreiteten Metaanalysen, mit denen verschiedene Studien zu einer Thematik zusammengefaßt werden. Oft greifen verschiedene Studien auf die gleiche Datenbasis zurück. Die Ergebnisse solcher Arbeiten dürfen nicht als unabhängige Untersuchungen gewertet werden. Ein weiteres Problem bei der selbstorganisierten Suche nach Informationen im Internet ist die unzureichende Funktion der gängigen Suchmaschinen. Diese orientieren sich teilweise an ungeschickt gewählten Überschriften oder mehrdeutigen Abkürzungen oder sie werden durch bewußte Tricks von Informationsanbietern auf falsche Fährten gelenkt. Hiergegen bietet die Suche über das DIMDI mit der selbstentwickelten Kommandosprache "Grips" einigen Schutz, doch müssen auch hier die Suchbegriffe sorgfältig gewählt werden. Viele Suchfunktionen sind inzwischen auch in der leicht verständlichen "Grips"-Menübenutzerführung über das Internet auszuführen. Bereits die einfachen kostenfreien Recherchen in der Datenbank "Free Medline" stellen ein hochinteressantes Angebot dar. Noch mehr Information und noch mehr Suchkomfort bietet der kostenpflichtige Teil. Die Vergabe eines Benutzernamens kostet DM 100,- pro Jahr. Hinzu kommen bei der derzeitigen Gebührenstruktur Kosten in der Größenordnung von bis zu etwa DM 100,- für gängige Arten von Recherchen.

"Geheime" und andere Zulassungsdaten Zu den speziellen kostenpflichtigen Informationsangeboten des DIMDI gehört auch die ABDA-Datenbank. Während die ABDA-Datenbank auf Sekundärdaten angewiesen ist, die die Arzneimittelhersteller liefern, enthält die Datenbank AMIS des BfArM die amtlichen Zulassungsinformationen über Arzneimittel. Für die Öffentlichkeit zugänglich sind aus dieser Datenbank nur die veröffentlichungspflichtigen Daten. Interessant erscheinen hierbei insbesondere die tagesaktuellen Daten über die Zulassung neuer Arzneimittel. Die übrigen Daten, die für die Qualitätsbeurteilung der Arzneimittel aus pharmazeutischer Sicht sehr interessant sein könnten, verwaltet das staatliche DIMDI nur für eine geschlossene Benutzergruppe. Diese umfaßt insbesondere die Zulassungs- und Überwachungsbehörden sowie die medizinischen Dienste der Krankenkassen. Die Apothekerschaft oder die Universitäten müßten sich hingegen den Zugriff auf diese Daten erst politisch erkämpfen. Doch auch das DIMDI verfügt nicht über alle Daten, die für eine qualitätsorientierte Arzneimittelforschung wünschenswert wären. Denn beispielsweise negative klinische Prüfungen, die nicht zur Zulassung genutzt werden, sind nicht veröffentlichungspflichtig. So besteht die Gefahr, daß Informationen über schwerwiegende Nebenwirkungen getesteter Substanzen nicht veröffentlicht werden. Während ein Unternehmen in Kenntnis solcher Ergebnisse die Untersuchung einer Substanz einstellt, beginnen möglicherweise anderswo Forschungen, bei denen erneut Patienten den Risiken aussichtsloser Substanzen ausgesetzt werden. Während auch die beste Datenaufbereitung ein solches politisches Problem nicht lösen kann, bietet das DIMDI doch eine Vielzahl von Dienstleistungen, die die Suche nach den "richtigen" Daten erleichtern. Anläßlich der Präsentation des DIMDI betonte Schweim, daß seinerseits Interesse an der Kooperation mit Apothekern bestehe. Doch nutzen bisher eher Krankenhausapotheken und nur wenige öffentliche Apotheken die bestehenden Angebote.

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