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Arzneimittel und Therapie
Brustkrebs: Erhöht eine Hormonsubstitution in der Menopause das Risiko?
Eine internationale Arbeitsgruppe (The Collaborative Group on Hormonal Factors in Breast Cancer) sammelte sämtliche Studien, die sich mit dem Zusammenhang zwischen einer Hormonsubstitution nach der Menopause und dem Brustkrebsrisiko befaßten und wertete die einzelnen Ergebnisse nach einheitlichen Kriterien und unter Berücksichtigung potentieller Risikofaktoren (Anzahl der Geburten, Body-mass-Index, Alter bei der Erstgeburt, Alter bei der Brustkrebsdiagnose, Zeit seit der Menopause) in einer Metaanalyse neu aus. Erfaßt wurden dabei 51 Studien aus 21 Ländern, was rund 90% des weltweit vorhandenen Materials entspricht. Insgesamt konnten die individuellen Daten von 52705 Frauen, die an Brustkrebs erkrankt waren, und 108411 Frauen ohne Brustkrebs ausgewertet werden. Die Hauptanalyse basierte auf den Daten von 53865 Frauen, von denen 17830 eine Hormonsubstitution nach der Menopause durchgeführt hatten. Das Durchschnittsalter der Frauen zu Beginn der Hormonsubstitution lag bei 48 Jahren; über ein Drittel der Frauen nahm länger als fünf Jahre Hormone ein.
Ergebnisse
Die Metaanalyse sämtlicher Studien führte zu folgenden Ergebnissen:
Das Brustkrebsrisiko unter einer Hormonsubstitution erhöht sich pro Anwenderjahr um den Faktor 1,023. Die Gefährdung für Frauen unter einer Hormonsubstitution steigt somit ungefähr im gleichen Ausmaß an wie bei einer natürlich verzögerten Menopause, bei der der jährliche Risikozuwachs 2,8% beträgt. Bei einer mehr als fünfjährigen Hormonsubstitution erhöht sich das Risiko einer Brustkrebsdiagnose gegenüber Nichtanwenderinnen um den Faktor 1,35. Überträgt man diese Daten auf die westlichen Länder, ergibt sich folgendes Bild: In Nordamerika und Europa erkranken von 1000 Nichtanwenderinnen im Alter von 50 bis 70 Jahren 45 an Brustkrebs. Bei einer fünfjährigen Hormonsubstitution ist folglich mit zwei zusätzlichen, bei einer zehnjährigen Hormongabe mit sechs und bei einer fünfzehnjährigen Hormontherapie mit zwölf zusätzlichen Brustkrebserkrankungen zu rechnen.
Fünf Jahre nach Absetzen der Hormone ist das Brustkrebsrisko im Vergleich zu Nichtanwenderinnen nicht mehr erhöht.
Die Tumorerkrankung war zum Zeitpunkt der Diagnose bei Frauen unter einer Hormontherapie weniger weit fortgeschritten als bei Nichtanwenderinnen. Ob die Hormonsubstitution die Mortalität an Brustkrebs beeinflußt, ist nicht bekannt. Offen bleibt gleichfalls der Einfluß der Gestagene, da nur 12% der Frauen ein Kombinationspräparat eingenommen hatten.
Verlängerte Östrogenzufuhr erhöht das Risiko
Der Zusammenhang zwischen einer Hormonsubstitution und dem vermehrten Auftreten von Brustkrebs ist biologisch erklärbar: Wird der Organismus einer verlängerten Östrogenzufuhr ausgesetzt (wie dies auch bei weiteren Brustkrebsriskofaktoren wie früher Menarche, Nulliparität oder später Menopause der Fall ist), kann die Proliferation normaler Brustdrüsenzellen und eine spätere Transformation in Tumorzellen angeregt werden. Jüngste Untersuchungen haben auch gezeigt, daß Frauen mit hoher Knochendichte (ein Marker für eine dauerhafte Östrogenexposition) häufiger ein Mammakarzinom entwickeln als Frauen mit geringer Knochendichte. Für Frauen mit hoher Knochendichte könnte demzufolge das Brustkrebsrisiko unter einer Hormonsubstitution nochmals ansteigen.
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