Bericht

Die Frau im Klimakterium: Was bringt die Hormonsubstitution?

Hormonsubstitution ja oder nein? Vor dieser Frage stehen die meisten Frauen im Klimakterium. Priv.-Doz. Dr. Martina Dören, London, gab in ihrem Vortrag auf der Interpharm Stuttgart wichtige Hintergrundinformationen für eine individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung. Insbesondere osteoporosegefährdete Frauen und Frauen mit koronarer Herzerkrankung können von einer Hormonsubstitution profitieren.

Der Prozeß vom Beginn der Abnahme bis zum vollständigen Erliegen der Ovarialfunktion zieht sich über viele Jahre hin. In der Regel beginnt er zwischen dem 40. und 45. Lebensjahr, die letzte Blutung tritt etwa um das 50. Lebensjahr auf. Entsprechend kann es Jahre dauern, bis klimakterische Beschwerden voll ausgeprägt sind. Viele Frauen stehen vor der Frage, ob sie Hormone substituieren sollen. Eine Antwort kann nur eine individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung geben.

Östrogensubstitution erhält Knochendichte und senkt Frakturrisiko
Osteoporose und kardiovaskuläre Erkrankungen zählen zu den wichtigsten Alterskrankheiten von Frauen. In Deutschland sind zur Zeit etwa 4 bis 6 Millionen Menschen an einer manifesten Osteoporose erkrankt, bei denen es sich in 80% der Fälle um ältere Frauen handelt.
Durch eine Östrogensubstitution läßt sich die Inzidenz osteoporosebedingter Frakturen in einem Ausmaß reduzieren, das mit keiner anderen medikamentösen Osteoporosetherapie möglich ist. So kann beispielsweise mit Mindestdosen von 2 mg Estradiol/Tag das Risiko für Oberschenkelhalsfrakturen um 25%, das Risiko für Wirbelkörperfrakturen um 50% gesenkt werden. Durch Beginn einer Östrogensubstitution in der frühen Postmenopause kann die Knochendichte weitgehend erhalten werden.
Doch läßt sich auch das Frakturrisiko senken, wenn erst später mit der Hormonsubstitution begonnen wird. Allerdings treten, so Dören, bei älteren Frauen Nebenwirkungen in den Vordergrund, so daß eine Hormonsubstitution bei älteren Frauen viel Fingerspitzengefühl erfordert. Zur Zeit ist die Osteoporose die einzige Langzeitindikation für eine Östrogensubstitution.

Keine Östrogensubstitution bei koronarer Herzkrankheit, Diabetes und Adipositas?
Als Kontraindikationen werden in den Beipackzetteln von Hormonpräparaten zur Empfängnisverhütung und entsprechend auch bei Präparaten zur Substitution in der Menopause immer noch Adipositas, Diabetes mellitus und kardiovaskuläre Erkrankungen angegeben. Demgegenüber stehen Studien, die gezeigt haben, daß durch Östrogen- und auch Östrogen-Gestagen-Substitution in und nach der Menopause das Herzinfarktrisiko um mindestens 40% gesenkt werden kann. Nach neuesten Ergebnissen läßt sich durch Östrogensubstitution bei Patientinnen mit koronarer Herzkrankheit (KHK) auch die Reinfarktrate und die Sterblichkeit senken. Nach Ansicht von Dören sind gerade Patientinnen mit arteriosklerotisch veränderten Gefäßen diejenigen, die am meisten von eine Östrogensubstitution profitieren könnten.
Diskutiert wird auch, ob durch Östrogensubstitution das Schlaganfallrisiko gesenkt werden kann. Nach derzeitigem Kenntnisstand scheint die Östrogensubstitution darauf keinen Einfluß zu haben.
Anders sieht die Situation bei Alzheimer-Demenz aus. Daten aus Beobachtungsstudien in den USA zeigen, daß Frauen nach Östrogensubstitution deutlich seltener an Alzheimer-Demenz erkranken als Frauen, die nicht mit Östrogenen behandelt wurden.

Endometriumkarzinomrisiko auch bei sequentieller Östrogen-Gestagen-Substitution
Wenn es um die Risiken einer Östrogensubstitution geht, stehen das Risiko für eine Thrombose, für ein Mamma- und ein Endometriumkarzinom im Vordergrund. Die Inzidenz für eine tiefe Beinvenenthrombose oder Lungenembolie ohne Hormonsubstitution liegt bei etwa 1,3/10000 Frauen pro Jahr. Durch Hormonsubstitution ist mit 1 bis 2 zusätzlichen Fällen pro 10000 Frauen pro Jahr zu rechnen.
Unbestritten ist, daß eine alleinige Östrogensubstitution das Endometriumkarzinomrisiko erhöht. Daher sollten Östrogene mit Gestagenen kombiniert werden. Aber auch bei einer sequentiellen Östrogen-Gestagen-Substitution kann das Endometriumkarzinomrisiko erhöht sein. Entscheidend ist die Zeitspanne, über die Gestagene gegeben werden. Werden Gestagene an 10 bis 21 Tagen des Einnahmezyklus gegeben, liegt das relative Risiko für ein Endometriumkarzinom nach 5 Jahren zwischen 1,3 bis 2,5, bei nur siebentägiger Gestagengabe steigt es auf 3,1 bis 3,7, weshalb Dören von einer nur siebentägigen Gestagensubstitution dringend abrät.

Mammakarzinomrisiko: Übergewicht gefährlicher als Hormonsubstitution
Nach den Daten einer Reanalyse von 51 epidemiologischen Studien aus den letzten 17 Jahren steigt das Mammakarzinomrisiko mit Dauer der Hormonsubstitution und dem Alter der Frau. Nach 15 Jahren Hormonsubstitution ist pro 1000 Frauen mit 12 zusätzlichen Fällen an Brustkrebs zu rechnen.
Ein wesentlich höheres Brustkrebsrisiko haben dagegen Frauen mit Übergewicht. Das Risiko steigt um etwa 3% mit jedem kg Körpergewicht /m2 Körperlänge. Eine 90 kg schwere Frau hat damit ein um 30 bis 40% erhöhtes Brustkrebsrisiko.



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