Bericht

Klimakterium virile: Hormonsubstitution für Männer?

Über die Auswirkungen eines Hormonmangels beim alternden Mann ist relativ wenig bekannt. Entsprechend gering ist auch das Wissen über Sinn und Vorteile einer Hormonsubstitution beim alternden Mann.

Vor dem Hintergrund der positiven Auswirkungen einer Östrogensubstitution bei Frauen auf koronare Herzerkrankungen und Osteoporose stößt auch die Möglichkeit einer Hormonsubstitution bei Männern auf zunehmendes Interesse. Die Forschung konzentriert sich zur Zeit auf gewebespezifische Androgene und Östrogene.

Problem Testosteronmangel
Anders als beim Klimakterium der Frau gibt es für eine Hormonsubstitution bei alternden Männern keine Therapierichtlinien. Eine generelle Testosteronsubstitution für ältere Männer kann nicht empfohlen werden, da große intra- und interindividuelle Schwankungen bestehen. Einen Testosteronmangel haben etwa 7% der 40 bis 60 Jahre alten Männern und 25% der 60 bis 80jährigen. Verbindliche Testosteron-Normwerte gibt es jedoch noch nicht. Testosteronmangel kann eine Libidoabnahme, eine Abnahme der Knochendichte, Veränderungen im Lipidmetabolismus und Hypertonie zur Folge haben. Dabei wird das Problem der Osteoporose bei Männern in der Regel unterschätzt.

Wann Testosteron substituieren?
Indiziert ist eine Testosteronsubstitution bei gesichertem Hypogonadismus. Da auch das metabolische Syndrom mit einem Testosteronmangel einhergeht, könnte auch hier eine Testosteronsubstitution sinnvoll sein. Das metabolische Syndrom ist charakterisiert durch eine Insulinresistenz und Übergewicht. Die Insulinresistenz führt zunächst zu einer verstärkten Insulinsekretion, zur Hyperinsulinämie, die ihrerseits die Entstehung einer Hypertonie begünstigt. Am Ende manifestiert sich ein Diabetes mellitus.
Eine weitere Indikation für eine Testosteronsubstitution ist AIDS in fortgeschrittenem Stadium, da Testosteron anabolisch wirkt und unter anderem den Muskelabbau verlangsamt.
Zur Zeit befinden sich neue galenische Testosteronzubereitungen in der Entwicklung, mit denen ein über 10 Wochen anhaltender Dauerspiegel zu erzielen sein soll.
Unter einer Testosteronsubstitution ist mit einem Anstieg des prostataspezifischen Antigens (PSA) zu rechnen, der um so geringer ausfällt, je stärker der Hypogonadismus ausgeprägt ist. Die Forschung konzentriert sich daher auf gewebespezifische Androgene, die keinen Einfluß auf das Prostatagewebe haben und zudem oral verfügbar sein sollen.

Was ist von DHEA zu erwarten?
Über die Auswirkungen einer Substitution von Dehydroepiandrostendion (DHEA) ist sehr wenig bekannt. Da DHEA nicht patentrechtlich zu schützen ist, ist das Interesse von Firmen, auf diesem Gebiet zu forschen, nur gering. DHEA soll die Aktivität natürlicher Killerzellen und das Wohlbefinden steigern. Unter der Therapie mit DHEA steigt der Estradiolspiegel, nicht dagegen der Testosteronspiegel.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob auch bei Männern eine Östrogensubstitution sinnvoll sein kann. Männer haben von Natur aus relativ hohe Östrogenspiegel. Östrogenrezeptoren befinden sich bei Männern vor allem in der Bauchdecke. Den im Alter auftretenden Östrogenmangel durch eine Östrogensubstitution zu beheben, könnte demnach vorteilhaft sein. Insbesondere die gefäßprotektiven Eigenschaften der Östrogene könnten auch für Männer zur Prävention von Herzkreislaufkrankheiten genutzt werden. Hierzu benötigt man jedoch nicht feminisierend wirkende Östrogene.

Scavestrogene als Gefäßschutz?
Interessant ist die Entwicklung von gewebespezifischen Östrogenen, zu denen die sogenannten Scavestrogene zählen. Scavestrogene wie 17-Alpha-Estradiol sind genauso stark antioxidativ wirksam wie Östrogene, haben jedoch nur eine geringe Affinität zu den bislang bekannten Östrogenrezeptoren und entfalten keine Hormonwirkung über eine Bindung an den Zellkern. Sie beeinflussen deshalb auch die Knochendichte nicht.
Im Vergleich zu Vitamin E hat schon 17-Beta-Estradiol eine 10fach stärkere antioxidative Wirkung, die des17-Alpha-Estradiols ist um das 17fache stärker. 17-Alpha-Estradiol soll gefäßschützende Eigenschaften haben und Hitzewallungen reduzieren, ohne zu einer Feminisierung zu führen. Bei Frauen scheint die Östrogensubstitution vor einer Alzheimer-Demenz zu schützen. Da Scavestrogene ZNS-gängig sind, besteht die Möglichkeit, daß sie auch zur Alzheimer-Prävention bei Männern eingesetzt werden können.



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