FDP-Fischbach plädiert für Liberalisierung

Nur der Flügelschlag eines Schmetterlings?

26.09.2016, 07:36 Uhr - Ein Blog-Beitrag von DAZ.online-Mitglied Gabriela Aures

(Foto: Sailorr / Fotolia)

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Ein etwas übermotivierter, aber unterinformierter Gesundheitsökonom hat die überkommenen Strukturen der Apothekenlandschaft gegeißelt und die Segnungen der Ketten und des Versandhandels gepriesen.
Dass dabei Zahlen, Fakten und Prognosen wild verdreht, selektiv und falsch dargestellt wurden (und immer wieder werden) gehört beim beliebten „Apotheken-Bashing“ ja zur Grundausstattung eines jeden guten Schmähartikels.

Das alleine ist ja bereits Tagesgeschäft und eine liebgewonnene Tradition der schreibenden Zunft. Dieses Mal hat sich nun aber ein nassforscher Nachwuchs-FDPler, der es zumindest bis in den Vorstand der bayerischen FDP geschafft hat, Herr Matthias Fischbach, so vom tendenziösen und fachlich überwiegend falschen Artikel der Herrn Roeder mitreißen lassen, dass er die Hoffnung auf einen erneuten Beschluss zur Liberalisierung des Apothekenmarktes hegte.

Okay, sein GF hat dies im Handumdrehen gleich wieder einkassiert, aber:

Steter Tropfen höhlt den Stein und wir, allen voran unsere ABDA, sollten anerkennen, daß diese Idee in keinster Weise vom Tisch ist.

Leider ist die Lesart und der Umgang unserer Standesvertretung mit solchen Vorkommnissen seit Jahrzehnten die gleiche: Bloß nicht kommentieren, Ball flach halten – der Flügelschlag eines Schmetterlings ficht uns nicht an.

Es wurde vor Jahren versäumt, den Verantwortlichen zu erklären, dass spätestens mit Einführung der neuen Arzneimittelpreisverordnung 2004 die fetten Jahre vorbei waren.

„Alteingesessene“ ApothekerInnen hatten ihre Schäfchen im Trockenen, aber die „Neu-InhaberInnen“ bluten.

2007 die Rabattverträge, die nur durch das Vertrauen der Menschen in die Institution „Apotheke“ zum 3-Milliarden-Sparerfolg der Krankenkassen werden konnten. Kein Wort dazu – machen wir still, leise und bescheiden.

Pressemeldungen der ABDA zu den Arzneimittelausgaben der Krankenkassen beginnen immer noch mit den Worten:

„Die Ausgaben sind um 5% gestiegen..“, statt ZUERST UND NACHDRÜCKLICH auf die nahezu konstante Zahl der verordneten Packungen einzugehen – DAS ist nämlich unsere Richtzahl seit 2004 !

Begründung übrigens : „Die Politik würde aufgeschreckt, wenn die Pressemeldungen plötzlich anders aufgebaut werden…wir können das nicht einfach ändern ….( kommt es sonst schlimmer ?) …“.

OMG! Die „ABDA“ ist nicht nur langsam im Handeln, sondern offensichtlich auch unwillig! Diese Kombi ist ja der Super-GAU.

Seit Jahren wird eine offensivere mediale Präsenz gefordert. (Über die kontraproduktiven Äußerungen von FS breiten wir mal generös den Mantel des Schweigens und hoffen – im Falle seiner Wiederwahl – auf eine deutliche Kursänderung.)

Seit Jahren wird das zunehmende Mobbing und die falsche Darstellung der (mittlerweile stark veränderten) Situation der Apotheken stillschweigend übergangen.

Seit Jahren gibt es keinen hör-, seh- oder lesbaren Widerspruch zu den Lobpreisungen der Journaille von Versand- und Kettenstruktur.

Seit Jahren bleiben die Leistungen der Apotheken für die (alternde) Gesellschaft öffentlich wahrnehmbar ungesagt.

Sowas macht die Kollegin Dr. Kemmritz im Privatinterview mit der Berliner Zeitung statt der hochherrschaftlichen, gut bezahlten Pressestelle !

Florian Martius (der vor-vorletzte Pressesprecher) verkündete 2012: „Nicht aggressiver sondern erfolgreicher“ wolle die ABDA PR betreiben.

Hat ja super geklappt.

Der heutige Pressesprecher nimmt den Knebel offensichtlich nur noch zum Essen raus… Die Standesvertretung wundert sich über die zunehmende Entfremdung und Ablehnung, kritisiert die mangelnde Wertschätzung ihrer Arbeit durch „die Basis“, also aller derer, die nicht in der ABDA-MV sitzen.

Auf die Idee, mal das „Warum“ zu hinterfragen, kommt da offenbar niemand.

Wir kaprizieren uns auf den demographischen Wandel und vergessen, die junge Generation von den Vorteilen der Vor-Ort-Apotheke zu überzeugen.

Es mag der Flügelschlag eines Schmetterlings keinen Tornado auslösen, aber bloß deswegen kann man die Existenz von Stürmen nicht leugnen und ausblenden.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion von DAZ.online.


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15 Kommentare

Multiple Sklerose

von Gaby am 20.10.2016 um 18:05 Uhr

ich bin sehr interressiert zu Medikamente f. Multiple Sklerose

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@Herrn Müller

von Christiane Patzelt am 26.09.2016 um 15:45 Uhr

Ja, ich glaube an uns!
Ich habe schon tolle Apotheken kennen lernen dürfen!
Ich kann ja schlecht für Andere sprechen, aber ich lebe in meiner Apotheke einen Stil, der den Mehrwert für den Kunden/Patienten darstellt. Ich bringe das pharmazeutische und medizinische Kauderwelsch auf die normale Spreche.
Ich habe nach 21 Jahren immer noch riesig Lust auf HV und kenne fast jeden meiner Kunden/Patienten beim Namen -- schlimm ist in der Tat die Standespolitik, die mich nervt wie Zahnschmerzen! Und wir können das Bestmögliche leisten, dass sind wir unseren Kunden/Patienten schuldig! Dieses "Finden und Melden" ist Ihr ganz persönliches Problem, ich habe ein solches Verständnis von "anschwärzen" nicht, es verschafft mir keine Befriedigung, Andere herabzusetzen.
Auch Ärzte machen nur Ihren Beruf nach besten Wissen und Gewissen, viele Fehler passieren auch in der Anmeldung bei der Sprechstundehilfe..ich würde da mal die Kirche im Dorf lassen..und wer von uns arbeitet total fehlerlos? eben..

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AW: Sorry, aber darum ging es nicht wirklich .......

von Wolfgang Müller am 26.09.2016 um 16:54 Uhr

Ich bin fest davon überzeugt, dass sehr viele Kolleg/innen Pharmazeutische Betreuung/AMTS/Medikationsmanagement auch gerne zur UNTERSTÜTZUNG der Ärzte auf den Weg bringen würden. Und sich auch nicht zu fein dazu wären, dabei eben "nur" Assistenten der Ärzte zu sein (statt "Manager" mit hybriden Omnipotenz-Fantasien). Insoweit: Die Sache an sich ist weder ein Problem, noch gar ein "persönliches". Ich bin selber kein Arzt, und unsere Kinder studieren Pharmazie. Also ist uns Beiden, der Hausärztin so wie dem Apotheker, eigentlich um ein Vielfaches mehr an der Zukunft der von Ihnen sehr schön geschilderten und ganz erfolgreichen Freiberuflichen Apotheker-Selbstständigkeit gelegen als an der Hausärzteschaft. Also: Lassen wir das ruhig, das führt erneut zu nichts, und kommen lieber zur hochnotpeinlichen Sache selber.

Das Problem ist: Es kommt keinesfalls bei der Politik und den Ärzten so rüber, als wenn Apotheker den "Ärzten" bei der AMTS HELFEN wollen, und Verständnis für DEREN Kompetenzen und Aufgabestellungen. Und zwar von Anfang an nicht:
Nicht bei ARMIN, nicht bei "Notfalls ohne die Ärzte", nicht bei "WIR haben Arzneitherapie besser gelernt", nicht bei "WIR können 3000, die Ärzte 300 Arzneimittel auswendig", nicht bei Prof. ABDA-Schulzens Auftritt vor der Politik ("Kein Medikationsplan ohne apothekerliche Medikations-Analyse"; "Rezept-Freigabe" könnte man auch sagen .....), nicht bei der aktuellen Diskussion um die furchtbaren 4 Euro pro Medikations-"Zettel" für die Ärzte und dem Ganzen "Die schaffen das sowieso nie", nicht bei den ganzen Kammer-Propaganda-Veranstaltungen der letzten Wochen zum Ärzte-Medikationsplan-Elend (zur "Vorbereitung" auf den 1. Oktober) usw. usf.

Ordnen Sie sich da mal ehrlich selber ein, und Gratulation, wenn Sie zu der RICHTIGEN, hoffentlich mehrheitlichen Seite gehören, die "AMTS" nicht im Wesentlichen als hoheitliches "Ärzten-auf-die-Finger-schauen", als Einschreibepatienten-Marketing-Instrument oder als Zwangs-Fortbildungs-Vorwand herbeisehnt.

Hoffentlich gehört auch KPS zur RICHTIGEN Seite. Sonst geht das weiter schief, und bleibt eine wohlfeile Gremien-Ablenkung und internes Wichtigkeits-Getue. Nach außen nur: PEINLICH. Denn der Köder muss dem Fisch schmecken, und die Ärzte sind hier schon ziemlich "Fisch" bzw. ganz profan: Unsere KUNDEN.

PS: Warum tun denn gerade diese Kommentare, die die hausärztliche Seite eben AUCH berücksichtigen, so WEH?

AW: @w. müller

von gabriela aures am 26.09.2016 um 22:01 Uhr

Das PP 2030 ist IMHO die Geschichte einer Verirrung, ein großes Mißverständnis, eine Fata Morgana:
Die Standesvertretung, oder Teile davon, wollten den Berliner Elfenbeinturm verlassen - und dafür den Olymp der Heilkunde erklimmen.
Also : Die Therapiehoheit an sich reißen
In manchen Diskussionbeiträge in Bayern war genau das die Vision : Ärzte schreiben nur noch "Betablocker" auf, der/die Apotheker/in wählt den entsprechenden Wirkstoff. (Ich weiß auch noch genau, wer das geschrieben hat ....). Die Begeisterung der Kommentatoren war ...verhalten, um es mal vorsichtig auszudrücken.

Nachdem dann monatelang mit großem Bohei an dem Pamphlet gearbeitet wurde (Diskussion mit der BASIS ! , Konzil, nein Konvent in Berlin), man sich bereits da mit den Ärzten überworfen hatte und es schlußendlich beim DAT 2014 in einer hollywoodreifen Inszenierung die Absegnung kam , was erwarten Sie (oder andere RealistInnen) da noch ?
Öffentliches Eingeständnis, daß man da vielleicht doch ein bißchen übertrieben hat, zu wenig Kommunikation im Vorfeld statt prozeßbegleitend mit den Ärzten zusammenzuarbeiten ?
Nämlich "dann halt gegen die Ärzte"...nicht bloß "notfalls ohne die Ärzte".
Das PP 2030 wird genauso als überlebensnotwendig hochgepusht wie ARMIN, dabei sind beide rachitisch und tuberkulös, aber stolze Eltern lieben ihre Kinder halt bis zur Selbstverleugnung.
Was "die ABDA" aber dem ganzen Berufsstand damit eingebrockt hat, das mag manchen zwar dämmern - nur laut aussprechen darf das niemand.
AMTS/Athina usw. sind für mich persönlich ebenso wie für Chr. Patzelt oder Sie KEIN Instrument für Ärztekontrolle und Verpetzen, sondern dient der Verbesserung meines persönlichen Fachwissens - das ich keinem Arzt ungefragt aufs Auge drücke .
Am Liebsten würde ich ja sagen: blöd gelaufen, haben wir doch vorher gesagt, jetzt seht zu, wie ihr aus der (Null)Nummer wieder rauskommt, aber ich sitze leider auch in dem Kahn....so wie alle anderen.

Ich weiß nicht, wie KPS zu der ganzen Thematik/Problematik steht - vielleicht gibt's ja in München die Möglichkeit, das rauszufinden .

AW: Es geht noch doller als in Bayern

von Wolfgang Müller am 27.09.2016 um 11:24 Uhr

Ganz ehrlich, ich hab hier in Berlin/Brandenburg auch schon die Variante gehört: "Der Arzt schreibt die Diagnose `Bluthochdruck` auf, liefert `das Labor´ sowie die Anamnese. Gibt vielleicht schon mal so ne grobe Behandlungs-Idee vor. Wegen der besseren Arzneitherapie-Kenntnisse stellt dann der Apotheker die RICHTIGE Medikation zusammen." Kein Witz.

Das Schlimmste daran ist: "Die Jungen" haben das schon als Heilsversprechen gierig in sich aufgesogen und lernen besonders intensiv an manchen Unis in "Klinischer Pharmazie" genau die Voraussetzungen dafür. Und verbreiten dann auch gerne passend dazu die Mär, dass "Den jungen Ärzte" das auch gar nichts ausmachen würde. Nur so olle, sture Ärzt/innen und Apotheker/innen würden daraus ein Problem machen. BULLSHIT.

Die Werte und die Zufriedenheit, die Christiane Patzelt für die "herkömmliche" Arbeit in der Apotheke schildert, und die ganz schön viele von uns durchaus immer noch teilen, gehen genau deshalb als Pipifax bei "Den Jungen" den Bach runter. DAS werfe ich vor Allem dem von mir anfangs hochgeschätzten FS spätestens seit seiner entsprechenden Veranstaltung auf dem DAT 2013 vor.

Flügelschlag

von Klaus Baumeister am 26.09.2016 um 12:46 Uhr

Inhaltlich hat Frau Aures absolut Recht. Aber was mich ärgert, ist diese Schlampigkeit in der Rechtschreibung/Grammatik. Sind wir ein Berufsstand, in dem es auf Genauigkeit und Korrektheit ankommt? Es mag ja nur der Flügelschlag eines Schmetterlings sein, wenn immer noch die Regel der neuen Rechtschreibung ignoriert wird, nach der man „dass“ schreibt anstelle „daß“, aber es trägt zum gesamten Erscheinungsbild der Apothekerschaft als lustlos, rückwärtsgewandt und am Gestrigen klammernd bei.
Nach der gründlichen Arbeitsweise der DAZ-Redaktion fragen wir erst einmal gar nicht, der geht es ja nur noch um die reißerische Schlagzeile, journalistische Qualität und Sorgfaltspflicht sucht man leider zunehmend vergebens.

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AW: Werter Kollege,

von Christiane Patzelt am 26.09.2016 um 13:38 Uhr

wir sind hier keine Berufsjournalisten, sondern ApothekerInnen aus dem Offizinleben! Ihre Erbsenzählerei ist bestechend, kommen wir aus einer Generation, wo uns das "daß" gelehrt wurde und nicht das "dass". Schade, Ihr Kommentar entmutigt Alle, die es mit der Rechtschreibung nicht so haben, vielleicht doch aber durchaus pfiffige Ideen und Kommentare zum Thema hätten. Jeder Legastheniker wird von Ihnen entmutigt - ich finde das sehr kleinlich, aber gut, so kenn ich ja leider auch viele ApothekerInnen...wie kann man nur so pienzig sein?

Äußern Sie sich doch mal zu den Missständen! Stärken Sie Ihrer Kollegin doch den Rücken, anstatt ihr in den selben zu fallen! Ach neee, sie meckern lieber über die Rechtschreibung, weil Ihnen die Kette in D egal ist, weil Sie die 12 Jahre ohne Honorarerhöhung locker wegstecken, weil Ihnen die Schließungen der Apotheken in D nichts anhaben. Toll!
Ich würde sagen, Sie haben voll verstanden...

AW: Sehr geehrter Herr Baumeister,

von gabriela aures am 26.09.2016 um 13:45 Uhr

fein, daß Ihnen mein Text gefällt.

Zur Rechtschreibung: einer Rechtschreibreform, bei der aus "Spaghetti" einfach "Spagetti" wird, und somit als
"spatschetti" ausgesprochen werden müsste, kann ich leider nicht folgen.
Sie werden also weiterhin über "daß" oder "aufwendig" hinwegsehen müssen.
Aber ganz so rückwärtsgewandt bin ich (oder der Berufsstand) nicht, daß ich noch in Sütterlin schrübe.

Rechtschreibfehler versuche ich sofort zu vermeiden oder beizeiten zu korrigieren, was mir zugebenermaßen nicht vollumfänglich gelingt.
Hmm, vielleicht führe ich eine "Fehler-Treue-Karte" ein ...

AW: Direkte Verbindung Gorbatschow-Aures

von Wolfgang Müller am 26.09.2016 um 15:19 Uhr

Wie sagte doch mein lebenskluger Chef Mitte-Ende der Achtziger: "Herr Müller. dat is schlimm mit die Menschen. Klar finden auch n´paar die Ideen von Michail (Mikhail? Oder wie? Oder was? Hab jetzt mal bewusst NICHT gegoogelt) Gorbatschow janz interessant. Aber die meisten finden den nur "Den mit dem ollen roten Fleck am Kopp".

Aber bei "Uns" zählt Inhalt schon ganz besonders wenig ....... Nach dem Motto: Vornehm geht die Welt zu Grunde.

AW: @w. müller

von gabriela aures am 26.09.2016 um 15:41 Uhr

Heute übertreffen Sie sich und meine Auffassungsgabe komplett. Selbst nach mehrfachem Lesen bin ich nicht sicher, ob ich beleidigt oder erfreut sein soll.
Oder genau das war die Absicht ?
Bitte schöne, klare Aussagen, ich bin eine einfache Feldmaus !

AW: Rechtschreib-Schlag

von Andreas P. Schenkel am 27.09.2016 um 12:34 Uhr

Werter Herr Baumeister: Die sogenannte Rechtschreibreform ist, wie Frau Aures in ihrer Antwort bereits ausführte, nicht besonders gelungen. Insbesondere ist sie in erheblichen Teilen grob willkürlich geraten und verschlimmbessert so manche Dinge, die sie ursprünglich systematisieren wollte.

Was mich das Hin und Her der damaligen Reform-Zeit lehrte: Am besten (Besten?) konzentrieren wir uns auf halbwegs korrekte Interpunktion, denn das unterstützt die Lesbarkeit des Texts massiv. Hier ist Kollegin Aures wirklich nicht zu kritisieren. "daß" oder "dass"? Das ist wirklich eine Formalie. Ärgerlicher, weil manchmal sinnentstellend und damit Lesefluss-aufhaltend ist die Verwechslung von "das" und "dass/daß", was im obigen Text überhaupt nicht vorkommt.
Und noch wichtiger: Wir konzentrieren uns auf klare Aussagen, verständliche Sätze und darauf, wahrhaftig zu reden und zu schreiben. Und möglichst höflich.

Ach ja, und noch etwas: Im Gymnasium werden die Diktate schon in den unteren Klassen sehr wenig, ab Klasse 7 gab es die zu meiner Enttäuschung nicht mehr, denn ich hatte damit immer beste Noten erzielen können, nahezu mühelos. Ich war also ein exzellenter Rechtschreiber. Die damalige Rechtschreib-Reform kam mir von Anfang an willkürlich, unsystematisch und lesehinderlich vor. Ich hatte recht (Recht?), bald wurde allerlei korrigiert. Was geblieben ist, ist Unsicherheit, bei mir vor allem, was rechtschreiblerisch GROSS oder klein zu schreiben sein soll.

Meine Konsequenz daraus: Es ist mir (MIR!, dem Ex-Rechtschreibkünstler) total schnuppe geworden. Es ist für mich seitdem weder falsch noch richtig, es gibt nur noch verständlich oder unverständlich in der Orthographie. Und wenn ich in einem meiner Beiträge im Web nachträglich merke, dass(!) ich mich vertippt habe oder aus Flüchtigkeit etwas die Orthographie danebenging? Tja, dann ist es halt so. Ich mache mir keinen große Kopf darüber, keine Gewissensbisse, das wäre ja lachhaft.

Den besten Beitrag zum Thema "Orthographie im Web" fand ich neulich in einem Computer-Technikforum, da hatte ein eifriger Helfer, der oft postete, folgenden Text in seiner Signatur:
"Wer einen Rechtschreibfehler findet, der darf ihn behalten". In diesem Sinne: Schreibt gerne recht, doch vor allem schreibt und redet wahrhaftig. Amen.

Diese ewige Hetzerei..

von Christiane Patzelt am 26.09.2016 um 10:47 Uhr

Wenn ich im Urlaub gefragt werde, was ich beruflich mache, ich erzähle nie die Wahrheit. Ich schäme mich mittlerweile, Apothekerin zu sein, denn unser Bild da draussen ist einfach nur gruselig und voller Vorurteile! Dass wir als Arbeitgeber eine wichtige Rolle im Mikrokosmos spielen, Steuern zahlen, selber Kinder großziehen, Risiken tragen, die IMMER unbenannt bleiben, mehr arbeiten, als es die Familie verträgt und nebenbei noch auf etlichen Stadtfesten, Feuerwehrfesten und Laufveranstaltungen die sozial Engagierten sind, das wird alles unter den Tisch gekehrt!
Die Gesellschaft wird sich entscheiden, ob sie sich den Wegfall von Arbeitsplätzen und Gewerbe vor Ort leisten möchte, sie wird sich entscheiden, ob es einige Wenige werden, wie im Lebensmittelhandel, wie im Shopping-Mall-Konzept (da sitzen ja immer die 5 gleichen Großkonzerne drin) oder ob wir Diversität brauchen, damit jeder Mensch seine Individualität leben darf! Einige Bauern in Frankreich haben sich schon zusammengeschlossen und ihren eigenen Supermarkt gegründet, weil die Kettenpolitik auch dort schon viele Opfer gefordert hat! Jeder Mensch will arbeiten, jeder Mensch will selbstbestimmt leben, je mehr Großkapital herrscht, desto weniger wird das der Fall sein! Wer hat Vorteile davon? Die Gewerkschaften, die bekommen dann wieder richtig was zu tun (deswegen stinkt die ADEXA ja auch ständig gegen uns an, anstatt mit uns den Schulterschluss zu suchen)! Für den Patienten mag es zu Beginn sehr günstig werden, dann wird es so richtig teuer! Die Apothekenkette verhandelt dann mit den Krankenkassen in einer Manier, dass die Kassen wünschten, Sie hätten 17tausend Einzelspieler statt 2 Großkonzerne. Die wohnortnahe Versorgung im Flächenland Deutschland? Gerne, wenn die Land-Apotheken dann durch Steuergelder gestützt auf dem Lande aufbleiben, für den Konzern gilt ja "Rendite,Rendite,Rendite", die Aktionäre müssen auch bei Laune gehalten werden!!
Konsumgut Arzneimittel!! Nix mit Waren der besonderen Art!!
Wie gesagt:
Die Gesellschaft entscheidet -- und ihr könnt es steuern durch super Dienstleistung, wertvolle Beratung, in Schuss gehaltene Apotheken und Zuverlässigkeit! Bleibt am Patienten/Kunden, der entscheidet über unsere Zukunft. Und jeder unzufriedene Kunde wird online-Shopper!

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AW: Die Perspektive ist die klug ausgebaute Gegenwart

von Wolfgang Müller am 26.09.2016 um 14:30 Uhr

Der letzte Absatz ist so schön ....... Ganz genau, die Gesellschaft entscheidet, ob wir geschätzt werden, die Ketten kommen usw. usf.

Und ganz genau, WIR entscheiden, wie die Gesellschaft entscheidet. Mal eine ganz persönliche Preisfrage:

- Wenn immer mehr Kolle*ginnen in den Freiberuflichen Traditions-Apotheken mit so ner Fresse rumhängen, die "Den Beruf" elend finden und
- da nur noch einen Sinn drin sehen, wenn "Das Medikationsmanagement kommt" mit der vollen Dröhnung "Finden und Melden",
- sie DANN erst ihre neunmalhohe Kompetenz angemessen auf den Boden bringen können, wie es ihnen von vortrefflichen Edel-Akademikern und ganz ganz besonders "heilberuflichen" Standesfürs*tinnen" eingeredet wird,
glauben Sie, dass "Wir" dann diese ganzen schönen Dinge, die Sie da in Ihrem letzten Satz zur Geltung bringen ("Super Dienstleistung, wertvolle Beratung") HIER und JETZT überhaupt noch bestmöglich leisten können?

AW: @w. müller

von gabriela aures am 26.09.2016 um 15:34 Uhr

"...sie DANN erst ihre neunmalhohe Kompetenz angemessen auf den Boden bringen können, wie es ihnen von vortrefflichen Edel-Akademikern und ganz ganz besonders "heilberuflichen" Standesfürs*tinnen" eingeredet wird"
Da liegt doch der Hase im Pfeffer:
das unsere Obersten den OTC-Bereich als inferior betrachten (oder warum steht im PP 2030 nicht darüber ?)und geradezu stiefmütterlich behandeln, den entsprechenden "Dokumentationen" aus Funk- und Fernsehen- "20 Apotheken gestestet"- nichts entgegensetzen.
Stattdessen müssen wir einen Schnellimbiß-ähnlichen Hygieneplan fürs Labor führen und einen wöchentlichen Putzplan per QMS aufstellen.
Zur Dröhnung "finden und Melden". kann ja sein, daß Sie da nicht ganz objektiv sind, aber wie ist denn der Umgang der Ärzte mit den Apothekern ?
Siehe "Pille danach" ?
Es geht ja hier nicht darum, den jeweils anderen Beruf zu diffamieren, aber ihn deswegen nur noch als unfehlbar und über alle Zweifel erhaben zu sehen, ist ja sehr verschoben.

Die meisten haben Spaß am Beruf und sind freundlich zu den Kunden und Patienten , schon aus wirtschaftlichem Eigennutz- die Berufsvertretung verhagelt mir aber doch regelmäßig die Laune.

AW: Einfach mal: freuen!

von Wolfgang Müller am 26.09.2016 um 17:01 Uhr

Frau Aures, ich habe mich da ohne jeden Vorbehalt an Ihre Seite gestellt. Sie sollten bzgl. diesen Posts ERFREUT sein, glauben Sie mir. Auch wenn das Andere Alles wieder schwer erträglich sein mag und meine persönliche standrechtliche Erniedrigung erneut in höchstem Maße rechtfertigen könnte.

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