Vor dem Apothekenprotest

BMG verbreitet „Faktenblatt“ zur finanziellen Lage der Apotheken

Berlin - 05.06.2023, 15:30 Uhr

Das BMG rüstet sich für den Apothekenprotest – mit einem fragwürdigen Faktenblatt. (Foto: IMAGO / Müller-Stauffenberg)

Das BMG rüstet sich für den Apothekenprotest – mit einem fragwürdigen Faktenblatt. (Foto: IMAGO / Müller-Stauffenberg)


Das Bundesministerium für Gesundheit nimmt sich jetzt den geplanten Apothekenprotest vor. In einem sogenannten Factsheet legt es dar, wie es aus seiner Sicht tatsächlich um die finanzielle Situation der Offizinen im Land steht – einige Argumente muten durchaus fragwürdig an.

Am 14. Juni bleiben viele Apotheken bundesweit geschlossen. Der Berufsstand fordert unter anderem eine faire Vergütung, Entlastungen von bürokratischen Vorgaben und die Abschaffung der Nullretaxation. Nun regt sich bereits gut eine Woche vor dem geplanten Protesttag das Bundesministerium für Gesundheit: In einem als „Faktenblatt“ betitelten Informationsschreiben an die Presse zeigt es auf, weshalb die Apotheken vermeintlich keinen Grund haben, sich zu beschweren.

Das sogenannte Faktenblatt soll insbesondere als Hintergrund für die Berichterstattung dienen. Daraus, schreibt das BMG, ergebe sich …

  • … dass das Einkommen der Apothekerinnen und Apotheker in den vergangenen Jahren überdurchschnittlich gestiegen ist. Allein 2021 verzeichneten die Apotheken einen Mehrumsatz von ca. 2,5 Milliarden. Euro (4 Prozent).
  • … dass der Absatz von Arzneimittelpackungen im vergangenen Jahr deutlich (um ca. 9 Prozent) auf 1,4 Mrd. Packungen gestiegen ist.
  • … dass auf mehreren Ebenen die Apothekenhonorare verbessert wurden: Einführung der Nacht- und Notdienstpauschale, Einführung gesonderter Botendienstvergütung, Erhöhung der Vergütung bei der Abgabe von Betäubungsmitteln.
  • … dass laut ABDA-Wirtschaftsbericht (also eigenen Angaben) die Einnahmeentwicklung der Apotheken positiv ist: Der Basisumsatz der Apotheken stieg zwischen 2020 und 2022 um 13 Prozent. Dazu kommen in diesen Jahren pandemiebedingte Umsätze von circa. 3,5 Mrd Euro.
  • … dass die die flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln gewährleistet ist (IGES-Gutachten).

Quelle: Faktenblatt des Bundesministeriums für Gesundheit vom 5. Juni 2023

Dabei fällt unter anderem auf, dass das Ministerium vom Mehrumsatz in der Pandemie unmittelbar auf die Einkommenssituation der Apothekerinnen und Apotheker schließt – und damit so einiges miteinander vermengt, was nicht zusammengehört. Unter anderem differenziert das BMG nicht zwischen Umsatz und Ertrag. Auch dass die Zahl der Arzneimittelpackungen gestiegen ist, belegt erstmal nur, dass die Apotheken vergleichsweise viel Arbeit hatten, aber nicht, was letztlich finanziell in den Betrieben hängengeblieben ist. Dass in den vergangenen Jahren Zuschläge etwa zum Nacht- und Notdienst, zum Botendienst und zur Vergütung der Abgabe von Betäubungsmitteln geschaffen wurden, ist zwar korrekt. Kostendeckend vergütet werden diese Leistungen aber dennoch nicht.

Ganz offenbar versucht das Ministerium, dem Berufsstand schon vor dem Protest den Wind aus den Segeln zu nehmen. Auf die Reaktion der ABDA darf man wohl gespannt sein.


Christina Grünberg, Apothekerin, Redakteurin DAZ (gbg)
cgruenberg@daz.online


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