DAZ-Adventsrätsel – Tag 10

Gewürzwein: Mehr als nur ein Schwips

Stuttgart - 10.12.2022, 07:00 Uhr

Würzige Zutaten gehören in jeden Glühwein. (Foto: Squarelens / AdobeStock)

Würzige Zutaten gehören in jeden Glühwein. (Foto: Squarelens / AdobeStock)


Ein Besuch auf dem Weihnachtsmarkt ohne Glühwein? Unvorstellbar! Das heiße Getränk wärmt nicht nur wunderbar von innen, sondern lockert auch Zunge und Stimmung. Im 16. Jahrhundert durfte Wein nur als Arznei in Apotheken verkauft werden. Die Zeiten sind erfreulicherweise vorbei.

Während Gewürzwein in der Antike kalt genossen wurde und den Reichen vorbehalten war, sollten die Gewürze auch im 19. Jahrhundert ungenießbaren Wein trinkbar machen. Wein war in der Antike meist sehr sauer. Daher wurde er schon damals mit Honig und Gewürzen, Datteln und Safran eingekocht und fand als Conditum Paradoxum Eingang in das Kochbuch des Römers Apicius und damit in die Geschichte. Ob der gewürzte Wein aber wirklich als erster Glühwein bezeichnet werden kann, wird hitzig diskutiert – denn genossen wurde er kalt. Zudem sorgten die feinen Zutaten dafür, dass er nur bei der wohlhabenden Oberschicht serviert wurde.

Warum also nicht für das Weihnachtsfest mal etwas Neues probieren und in der Apotheke selbst einen Conditum Paradoxum ansetzen? Glühwein kann schließlich jeder! Das folgende Rezept ist eine moderne Interpretation und mundet durchaus dem heutigen Gaumen. Der römische Würzwein erinnert geschmacklich an Martini, kann kalt und warm genossen werden und hält sich gekühlt einige Wochen.

Zutaten für einen modernen Conditum Paradoxum:

1 Flasche Wein (trocken, Rot- oder Weißwein)
100 g Honig
6 Pfefferkörner
4 Lorbeerblätter
3 Datteln
1 Prise Safran (je nach Geldbeutel bis zu 2 g)
1 kleiner Zweig Rosmarin
1 Teelöffel Lavendelblüten

Noch etwas dekadenter wird das Rezept, wenn Sie statt Rosmarin und Lavendel einen halben Teelöffel Pistazien-Harz verwenden. Es ist unter dem Namen Mastix bekannt und im gut sortierten Gewürzhandel oder Reformhaus erhältlich. Datteln entkernen und das Dattelfleisch in 100 ml Wein einweichen. Dattelkerne in einer Pfanne ohne Öl anrösten. Mit Honig, den eingeweichten Datteln mitsamt Wein ablöschen und aufkochen lassen. Die Pfanne vom Herd nehmen und Gewürze hinzugeben. Erst nach dem Abkühlen mit dem restlichen Wein auffüllen und den Gewürzwein einen Tag ziehen lassen. Vor dem Servieren die Gewürze abseihen.

Je nach Geschmack kann der Wein mit Wasser verdünnt werden. Apothekerinnen und Apotheker dürfen natürlich gerne mit der Honigmenge, der Weinsorte sowie weiteren Gewürzen wie etwa Nelke spielen.

Erster Glühwein war Weißwein

Doch zurück zu Historie: Wussten Sie, dass das älteste überlieferte, warm getrunkene Glühweinrezept auf Weißwein basiert? Es stammt von August Raugraf vom sächsischen Schloss Wackerbarth und ist auf den 11. Dezember 1834 datiert (s. Foto:)
 

Foto: Sebastian Arlt
Ältestes bekanntes Glühweinrezept Deutschlands: Handschriftlich festgehalten wurde das Glühweinrezept von August Raugraf von Wackerbarth im sächsischen Elbtal.

Offensichtlich geizte August Raugraf von Wackerbarth nicht mit Gewürzen. Er verwendet auf eine Dresdner Kanne mit 0,93 Liter Wein:

4 Loth Zimt-Puder
2 Loth Ingwer
1 Loth Anis-Körner
1 Loth Galganat (gemeint ist Granatapfel)
1 Loth Muskatnüsse
1 Loth Kardamom und
1 Gran Safran.

„Erhitze, misch und seihe es und munde es mit Honig und Zucker ab!“, notierte er unter der Zutatenliste. Dabei entspricht 1 Loth etwa 14 g. Keine Frage, die vielen Gewürze dienen natürlich auch dazu, einen sauren oder sauer gewordenen, eigentlich ungenießbaren Tropfen doch noch trinkbar zu machen.

Frage:

Welche Zutat in diesem historischen Glühwein (neben Alkohol) kann halluzinogen wirken?

Die Antwort lautet:

Die Muskatnuss. 14 g Muskatnuss auf nicht einmal einen Liter Wein war eine stolze Menge, bei der das Getränk durchaus Amphetamin- und LSD-ähnliche Wirkung entfalten und Halluzinationen hervorrufen konnte.


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