Landgericht Karlsruhe

DocMorris-Marktplatz verstößt gegen Apothekenrecht

Berlin - 08.12.2022, 17:50 Uhr

Verstoßen Gebühren für die Teilnahme einer Apotheke an einem Marktplatz gegen das apothekenrechtliche Makelverbot und das Verbot der Umsatzbeteiligung? (x / Screenshot: marktplatz.docmorris.de)

Verstoßen Gebühren für die Teilnahme einer Apotheke an einem Marktplatz gegen das apothekenrechtliche Makelverbot und das Verbot der Umsatzbeteiligung? (x / Screenshot: marktplatz.docmorris.de)


Die Apothekerkammer Nordrhein hat sich vor Gericht einmal wieder gegen DocMorris durchgesetzt: Das Landgericht Karlsruhe hat heute entschieden, dass die Marktplatz-Plattform, wie sie derzeit von DocMorris betrieben wird, unzulässig ist. Es sieht in der monatlich von den Partnerapotheken erhobenen Grundgebühr und den Transaktionsgebühren einen Verstoß gegen das Apothekengesetz.

Die Apothekerkammer Nordrhein hat sich diverse Plattformen vorgeknöpft. Auch solche, die Apotheken und Kunden zueinander bringen wollen – und das nicht völlig uneigennützig. Dazu zählt der Marktplatz von DocMorris. Für Apotheken, die sich an diesem beteiligen wollen, soll eine monatliche Grundgebühr von 399 Euro fällig werden. Zudem soll bei Bestellungen von Produkten, die nicht ärztlich verordnet sind, eine Transaktionsgebühr in Höhe von 10 Prozent des Nettoverkaufspreises erhoben werden. Zwar sind diese angekündigten Gebühren derzeit noch ausgesetzt. Doch die AKNR hatte DocMorris wegen der aus ihrer Sicht unzulässigen Vertragsgestaltung schon vor über einem Jahr abgemahnt.

Bevor die Kammer klagen konnte, gingen die Niederländer in die Offensive und klagten ihrerseits gegen die AKNR. Vor dem Landgericht Karlsruhe wollten sie feststellen lassen, dass die Kammer die in der Abmahnung formulierten Unterlassungsanprüche nicht habe. Die Kammer reagierte mit einer Widerklage – und am Ende ging die Sache für DocMorris nach hinten los.

Am heutigen Donnerstag fiel in Karlsruhe die Entscheidung. Die schriftlichen Urteilsgründe liegen noch nicht vor. Doch das Gericht informiert in einer Pressemitteilung über seine Entscheidung. Darin heißt es, es sei angesichts der Regelungen in § 8 Satz 2 (Beteiligungsverbot) und § 11 Abs. 1a (Makelverbot) Apothekengesetz (ApoG) „nicht zulässig, für Apotheken eine Online-Plattform bereitzustellen, über welche Apotheken Arzneimittel an Patienten verkaufen können, wobei der Marktplatzbetreiber von den teilnehmenden Apotheken eine monatliche Grundgebühr und eine umsatzabhängige Transaktionsgebühr (letztere auf Verkäufe von rezeptfreien Arzneimitteln) verlangt“.

Das bedeutet: Die AKNR durfte aus Sicht der Richter:innen sehr wohl gegen den Betrieb eines Online-Marktplatzes, der gegen Vorschriften des Apothekengesetzes verstößt, vorgehen; es bestand ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch. 

§ 11 Abs. 1a ApoG

Es ist für die in Absatz 1 Satz 1 genannten Dritten unzulässig, Verschreibungen, auch Verschreibungen in elektronischer Form oder elektronische Zugangsdaten zu Verschreibungen in elektronischer Form, zu sammeln, an Apotheken zu vermitteln oder weiterzuleiten und dafür für sich oder andere einen Vorteil zu fordern, sich einen Vorteil versprechen zu lassen, anzunehmen oder zu gewähren.

Dies ergebe sich insbesondere aus den vom Gesetzgeber mit den genannten Vorschriften verfolgten Zwecken. Der Schutzzweck des § 11 Abs. 1a ApoG sei die Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln – also ein Allgemeininteresse. Dafür sei nach der Wertung des Gesetzes ein flächendeckendes Netz wohnortnaher Apotheken erforderlich. Dieses könne gefährdet sein, wenn wirtschaftlicher Druck auf die niedergelassenen Apotheken entstehe. „Sind solche Marktplätze wie derjenige der Klägerin erst einmal am Markt etabliert, stehen Apotheker*innen vor der Wahl, sich entweder an entsprechenden Geschäftsmodellen zu beteiligen oder Verschreibungen zu verlieren“, führt das Gericht dazu aus.

§ 8 Satz 2 ApoG

Beteiligungen an einer Apotheke in Form einer Stillen Gesellschaft und Vereinbarungen, bei denen die Vergütung für dem Erlaubnisinhaber gewährte Darlehen oder sonst überlassene Vermögenswerte am Umsatz oder am Gewinn der Apotheke ausgerichtet ist, insbesondere auch am Umsatz oder Gewinn ausgerichtete Mietverträge sind unzulässig.

Der Gesetzeszweck des § 8 Satz 2 ApoG liege darin, Rechtsverhältnisse zu vermeiden, in denen sich ein Dritter die beruflichen und wirtschaftlichen Fähigkeiten von Apothekerinnen und Apothekern zunutze macht und an den Früchten der Apotheke partizipiert. Apotheker:innen solle die eigenverantwortliche Führung und Leitung ihres Betriebs sowohl in fachlicher, also wissenschaftlich-pharmazeutischer, als auch in betrieblicher und wirtschaftlicher Hinsicht möglich sein, ohne (auch nur indirekt) bei ihren Entscheidungen von Dritten beeinflusst oder bestimmt zu werden. Dies solle sicherstellen, so das Gericht, dass Apotheker:innen ihrer öffentlichen Aufgabe, eigenverantwortlich an der ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung mitzuwirken, in sachgerechter Weise nachkommen.

Vorsicht Marktmacht

Wer sich nun aber dem DocMorris-Marktplatz angeschlossen habe, könne möglicherweise in einigen Jahren aufgrund einer gestiegenen Marktmacht des EU-Versenders und sich gegebenenfalls ändernder Vertragsbedingungen in wirtschaftliche Abhängigkeit geraten. Das, so das Gericht, könne man mit Blick auf andere Marktplätze, etwa booking.com, als allgemein bekannt voraussetzen.

Nicht zuletzt weist das Gericht darauf hin, dass sein Urteil vor dem Hintergrund der E-Rezept-Einführung besondere Bedeutung habe. Hierdurch könnten sich die aufgezeigten – möglichen – Entwicklungen am Markt, die der Gesetzgeber gerade verhindern wolle, nochmals beschleunigen.

Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. Es ist davon auszugehen, dass DocMorris Berufung gegen das Urteil einlegen wird. Die AKNR kann sich hingegen erst einmal über den Erfolg vor dem Landgericht freuen.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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1 Kommentar

wie immer....

von Thomas B am 09.12.2022 um 10:41 Uhr

Es wird wohl wie immer...... Das juristische Gezerre geht über Jahre, der kreative Zerstörer schafft derweil Fakten, bekommt eine Reihe Strafzahlungen, die sich mangels Amtshilfe nicht eintreiben lassen und am Ende entscheidet Karlchens übernächster Nachfolger in vorauseilendem Gehorsam nach einer Spargelfahrt, dass wir vor Ort nur BtM, Individualrezeptur und Notdienste brauchen. Die Honorierung ist ja ohnehin so fürstlich, dass die Niederlassungsfreiheit bis dahin in good old Germany längst Geschichte ist..... Aber Hauptsache, die Versorgung mit Tierarzneimitteln ist dank Versandverbot artgerecht und sicher......

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