Kooperation mit Google

Verlage üben massive Kritik an Spahn

Dresden - 13.11.2020, 13:45 Uhr

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (rechts) und Philipp Justus, Vice President Google Zentral-Europa, bei der Bekanntgabe ihrer Kooperation am vergangenen Mittwoch. (p / Foto: imago images / photothek)

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (rechts) und Philipp Justus, Vice President Google Zentral-Europa, bei der Bekanntgabe ihrer Kooperation am vergangenen Mittwoch. (p / Foto: imago images / photothek)


Netdoktor.de-Chef: „Ungeheuerlicher Vorgang“

Auch Philipp Welte, Vorstand von Hubert Burda Media und VDZ-Vize, übt harsche Kritik. Die Kooperation mit Google sei nicht zu tolerieren. „Das Ministerium setzt sich als staatlicher Sender mit der Unterstützung des Suchmonopols von Google unabhängig von jeder inhaltlichen Qualität vor die journalistischen Angebote der freien Presse.“ Damit deklassiere das Ministerium die freien marktwirtschaftlich organisierten Gesundheitsportale und setze alle Mechanismen der freien Information und damit der freien Meinungsbildung „in unserer Demokratie außer Kraft“.

Berichterstattung durch Verlage wenig verlässlich?

Den VDZ stört unter anderem Spahns Formulierung „verlässlicher Regierungsinformationen“. Denn die impliziere die Behauptung, die digitale Gesundheitsberichterstattung durch die Verlage sei weniger verlässlich. Dabei sei das Gegenteil der Fall: „Während private Angebote seit Jahren durch große Teams von hochqualifizierten Medizinjournalisten aufgebaut werden, wurde die Gesundheitsplattform von Bundesgesundheitsminister Spahn jüngst ausgeschrieben und innerhalb kurzer Zeit von einer Berliner Agentur mit Inhalten befüllt.“ Der von Spahn behauptete Qualitätsunterschied bestehe nicht, „jedenfalls nicht zugunsten des staatlichen Angebots“.

Jens Richter, Mediziner und Chefredakteur des deutschsprachigen Gesundheitsportals NetDoktor.de, findet die „Verbrüderung der staatlichen Gesundheitsbehörde mit Google“ einen „ungeheuerlichen Vorgang“. Der Staat greife das Prinzip der Medienfreiheit frontal an und mache sich durch den Schulterschluss mit Google zur grundsätzlichen Nummer Eins der Suchergebnisse bei Gesundheitsthemen. „Diese bedingungslose Bevorzugung der staatlichen Inhalte in den Google-Suchergebnissen greift auch dann, wenn sie weniger umfassend als die der objektiven privaten Anbieter oder sogar politisch motiviert sind“, sagt Richter.

Spahn stärkt Googles kommerzielle Macht im Werbemarkt

Der vermeintlich faire Google-Algorithmus werde an dieser Stelle außer Kraft und der private Markt der Informationen außer Gefecht gesetzt. Spahns offenbar „unkritische Haltung gegenüber Googles ungehindertem Vordringen in alle Bereiche“ mache ihn fassungslos. Es stehe „im diametralen Widerspruch“ zu seiner eigenen Forderung nach europäischer Digitalsouveränität. „Denn durch diese naive Initiative der Regierung wird Google noch viel mehr kommerzielle Macht im Werbemarkt ,Arzneimittel und Gesundheit‘ entfalten: Die User werden Google oft nicht mehr verlassen, weil sie ihre Antwort in den Regierungsinformationen im ,grünen Kasten‘ angeboten bekommen“, fürchtet Richter.



Anja Köhler, Freie Journalistin
redaktion@daz.online


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