DAZ aktuell

Angriff auf die Pressefreiheit

Kooperation des Bundesgesundheitsministeriums mit Google

ak/ral | Das Bundesgesundheitsministerium kooperiert mit Google. Die Suchmaschine soll evidenzbasierte Gesundheitsinformationen des Bundes besser im Netz platzieren als bisher. Mit diesem Vorstoß hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn die Verlagsbranche gegen sich aufgebracht. Von Diskriminierung der Verlagsangebote und einem Angriff auf die Pressefreiheit ist die Rede.

Mit einem nationalen Gesundheits­portal will das Bundesgesundheits­ministerium die Bevölkerung künftig besser informieren und die Suchmaschine Google soll dabei helfen, die ­Informationen, die auf gesund.bund.de bereitgestellt werden, im Internet zu präsentieren.

Mit Staatsfreiheit der Medien nicht vereinbar

Die Verlage schäumen vor Wut. „Bereits am Tag 1 der Kooperation finden sich auf der maßgeblichen ersten Suchergebnisseite bei Stichproben in der Regel fast nur noch Regierungsinformationen zu Gesundheitsfragen“, moniert etwa der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ). VDZ-Präsident Dr. Rudolf Thiemann klagt: „Schon dass ein Bundesministerium überhaupt ein eigenes Fachmedium mit vollwertiger redaktioneller Berichterstattung über Gesundheitsfragen betreibt, ist mit der Staatsfreiheit der Medien nicht vereinbar und ein unannehmbarer Eingriff in den freien Pressemarkt, der sich nach wirtschaftlichen Grundsätzen finanzieren muss. Nun aber lässt das Bundesgesundheitsministerium seine Gesundheitsberichterstattung auch noch durch das Quasi-Suchmonopol an allen Verlagsangeboten vorbei privilegiert verbreiten. Eine solche Verdrängung der privaten Presse durch ein staatliches Medienangebot auf einer digitalen Megaplattform ist ein einmaliger und neuartiger Angriff auf die Pressefreiheit.“

Auch Philipp Welte, Vorstand von Hubert Burda Media und VDZ-Vize, übt harsche Kritik. Die Kooperation mit Google sei ein ungeheuerlicher Vorgang. „Das Ministerium setzt sich als staatlicher Sender mit der Unterstützung des Suchmonopols von Google unabhängig von jeder inhaltlichen Qualität vor die journalistischen Angebote der freien Presse“, so Welte.

„Ungeheuerlicher Vorgang“

Den VDZ stört unter anderem Spahns Formulierung „verlässlicher Regierungsinformationen“. Denn die impliziere, dass die digitale Gesundheits­berichterstattung durch die Verlage weniger verlässlich sei. Dabei sei das Gegenteil der Fall. Der von Spahn behauptete Qualitätsunterschied bestehe nicht, „jedenfalls nicht zugunsten des staatlichen Angebots“.

Jens Richter, Mediziner und Chefredakteur des deutschsprachigen Gesundheitsportals NetDoktor.de, findet die „Verbrüderung der staatlichen Gesundheitsbehörde mit Google“ einen „ungeheuerlichen Vorgang“. Der Staat greife das Prinzip der Medienfreiheit frontal an und mache sich durch den Schulterschluss mit Google zur grundsätzlichen Nummer Eins der Suchergebnisse bei Gesundheitsthemen. Der vermeintlich faire Google-Algorithmus werde an dieser Stelle außer Kraft und der private Markt der Informationen außer Gefecht gesetzt. Spahns offenbar „unkritische Haltung gegenüber Googles ungehindertem Vordringen in alle Bereiche“ mache ihn fassungslos. Es stehe „im diametralen Widerspruch“ zu seiner eigenen Forderung nach europäischer Digitalsouveränität. „Denn durch diese naive Initiative der Regierung wird Google noch viel mehr kommerzielle Macht im Werbemarkt ,Arzneimittel und Gesundheit‘ entfalten“. |

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