Bürgerschaftswahl

SPD will Stationsapotheker, FDP fordert Cannabis-Projekte in Apotheken

Berlin - 21.02.2020, 11:35 Uhr

In Hamburg herrscht derzeit Wahlkampf: Am kommenden Sonntag wird eine neue Bürgerschaft gewählt. Die Parteiprogramme der SPD und der FDP enthalten für Apotheker zwei interessante Punkte. (Foto: imago images / Janßen)

In Hamburg herrscht derzeit Wahlkampf: Am kommenden Sonntag wird eine neue Bürgerschaft gewählt. Die Parteiprogramme der SPD und der FDP enthalten für Apotheker zwei interessante Punkte. (Foto: imago images / Janßen)


Am kommenden Sonntag wird in Hamburg eine neue Bürgerschaft gewählt. Apotheken- und arzneimittelpolitische Themen spielten im Wahlkampf in der Hansestadt so gut wie keine Rolle. Allerdings haben zwei der sechs Parteien, die sich Hoffnungen auf einen Einzug ins Stadtparlament machen können, in ihren Wahlprogrammen Forderungen aufgestellt, die auch für Apotheker relevant sind: Die SPD will für alle Kliniken der Stadt Stationsapotheker, die FDP wünscht sich, dass die Hamburger Apotheken in Modellprojekten Cannabis kontrolliert abgeben dürfen.

Entgegen dem Bundestrend steht der Freien und Hansestadt Hamburg – glaubt man den aktuellen Umfragen – kein Politikwechsel bevor. Denn die SPD, die derzeit mit den Grünen in der Bürgerschaft eine Koalition bildet und mit Peter Tschentscher den Bürgermeister stellt, liegt auch in den aktuellen Umfragen vorne. Die Meinungsforschungsinstitute sehen die Sozialdemokraten derzeit bei etwa 38 Prozent, 2015 hatte die SPD mit Olaf Scholz noch knapp 46 Prozent der Wahlberechtigten überzeugen können. Vor starken Zugewinnen stehen offenbar die Grünen, die in den letzten Umfragen sogar mit bis zu 32 Prozent gehandelt werden. Während die FDP und die AfD an der 5-Prozent-Hürde kratzen, könnte die Linke mit etwa 7 bis 8 Prozent sicher in die Bürgerschaft einziehen. Die CDU liegt laut Umfragen bei 12 Prozent.

In Hamburg gibt es etwa 2500 approbierte Pharmazeuten und 392 Apotheken. So wie in den meisten Bundesländern, hat die Apothekenzahl in den vergangenen zehn Jahren auch in Hamburg um etwa 10 Prozent abgenommen. In den Wahlprogrammen der sechs Parteien, die laut Umfragen in die Bürgerschaft einziehen könnten, spielt die Arzneimittelpolitik eine eher untergeordnete Rolle. Nur an zwei Stellen geht es um die Arzneimittelversorgung in der Stadt.

SPD will Stationsapotheker in allen Kliniken

Erstens heißt es im SPD-Programm: „Wir werden an allen Krankenhäusern Stationsapothekerinnen und -apotheker vorschreiben, die die medikamentöse Behandlung unterstützen und kontrollieren.“ Die Hamburger SPD hat hier offenbar ins Nachbar-Bundesland Niedersachsen geschielt. Denn dort hatte der Landtag 2018 beschlossen, dass an jeder niedersächsischen Klinik ab 2022 Stationsapotheker Pflicht sind. Die von der SPD angeführte Landesregierung mit Gesundheitsministerin Carola Reimann (SPD) hatte diesen Vorschlag eingebracht, um die Arzneimittelgabe auf den Stationen sicherer zu gestalten. Anlass dafür war unter anderem der Strafprozess gegen den früheren Krankenpfleger Niels H., der im vergangenen Jahr wegen Mordes verurteilt wurde, weil er seine Patienten mit Arzneimitteln umgebracht hatte.

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Sollte die SPD stärkste Kraft in der neuen Bürgerschaft werden, stehen die Chancen auf eine Umsetzung der Stationsapotheker-Forderung gar nicht so schlecht. Unklar ist aber, wie sich der mögliche Koalitionspartner, die Grünen, dazu verhalten würde. Im Wahlprogramm der Grünen ist diese Forderung nicht enthalten. In Niedersachsen hatte die SPD das Krankenhausgesetz gemeinsam mit der CDU im Landtag geändert.

FDP will Cannabis-Freigabe in Apotheken

Geringere Chancen auf Umsetzung hat ein Vorstoß der Hamburger FDP. Die Liberalen schreiben in ihrem Wahlprogramm: „Die Cannabis-Prohibition ist angesichts von rund vier Millionen Konsumenten gescheitert. Deshalb wollen wir eine kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene in Apotheken und speziell lizensierten Geschäften. Sollte auf Bundesebene der rechtliche Rahmen für Modellprojekte geschaffen werden, soll Hamburg sich um die Durchführung eines solchen Modellprojektes bewerben.“

Damit entspricht die Hamburger FDP einer Forderung der Bundes-FDP. Denn die Liberalen drängen schon länger darauf, dass die Cannabis-Prohibition beendet wird. Im Bundestagswahlkampf und auch danach hatte sich die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann mehrfach dafür ausgesprochen, dass die Apotheken lizenzierte Abgabestellen für die Cannabis-Abgabe in Modellprojekten werden könnten.

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Auch wenn die FDP in Hamburg nicht an der nächsten Koalition beteiligt sein sollte, könnte sich in dieser Sache bald in der Bundespolitik einiges tun. Denn erst kürzlich hat die SPD-Bundestagsfraktion einen neuen Kurs in der Drogenpolitik festgelegt: Die Sozialdemokraten fordern, dass in den Ländern Modellprojekte zur kontrollierten Cannabis-Abgabe durchgeführt werden können und dass der Besitz kleinerer Mengen Cannabis nur noch eine Ordnungswidrigkeit ist. Die Union und die AfD sind somit die einzigen Fraktionen im Bundestag, die weiterhin zu einem uneingeschränkten Verbot stehen.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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2 Kommentare

Problemverlagerung

von Krankgemacht am 23.02.2020 um 13:46 Uhr

Es ist begrüßenswert, wenn die FDP einen weiteren Schritt zur Legalisierung machen möchte, doch ohne im praktischen Alltag legal umsetzbaren Eigenanbau ist es keine Legalisierung, sondern Problemverlagerung. Nur mit Eigenanbau kann sich der Konsument dem Schwarz- oder Konzernmarkt entziehen. Was soll denn jemand mit starken Konsummustern oder hohem medizinischem Bedarf (ohne Kostenübernahme) machen, wenn das Gramm in der Apotheke 24 Euro kostet und er oder sie nicht attraktiv ist? Oder soll das für Konsumenten, die selber zahlen müssen, günstiger abgegeben werden?
Wer jedoch einen Raum frei hat und etwas Zeit und gärtnerisches Geschick mitbringt, hätte weiterhin ein schönes Hobby zum Geldsparen: https://hanftube.de/marihuana-eigenanbau-unter-1-euro-das-gramm/

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FDP Ideen

von Roland Mückschel am 21.02.2020 um 12:00 Uhr

Bei den lizensierten Abgabestellen könnte ich mir gut
Partei-Büros vorstellen, die gibt es doch überall.
Da wäre es möglich ihre Ideen unmittelbar umzusetzen.
First und digital.

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