Unkomplizierte Harnwegsinfektion

Fosfomycin steht an erster Stelle der Leitlinie – alphabetisch betrachtet

Meran / Stuttgart - 11.06.2019, 10:15 Uhr

Fosfomycin wird häufig verordnet bei Zystitis. Warum? Vielleicht weil es die Leitlinie an erster Stelle schreibt - jedoch nur, weil die Liste alphabetisch geordnet ist. ( r / Foto: Adiano / stock.adobe.com)

Fosfomycin wird häufig verordnet bei Zystitis. Warum? Vielleicht weil es die Leitlinie an erster Stelle schreibt - jedoch nur, weil die Liste alphabetisch geordnet ist. ( r / Foto: Adiano / stock.adobe.com)


Eradikationsraten bei Fosfomycin am schlechtesten

Die Eradikationsarate liegt für Fosfomycin (1x 3.000 mg) zwischen 80 und 90 Prozent, während für Nitrofurantoin (fünf bis sieben Tage), Nitroxolin (3x 250 mg, fünf Tage) oder Pivmecillinam (2 bis 3x 400 mg, drei Tage) die Eradikationsraten über 90 Prozent liegen. „Fosfomycin ist hier die schlechteste Substanz“, so das Fazit Bennacks. Dass Fosfomycin-Trometamol bei Harnwegsinfektionen unter Umständen nicht das Mittel der Wahl ist, mit diesem Gedanken ist die Krankenhausapothekerin nicht allein: Auch BfArM und EMA zweifeln am Nutzen der Substanz.

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hatte im vergangenen Jahr die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA aufgefordert, Fosfomycin im Hinblick auf zunehmende Resistenzen neu zu bewerten. Am 14. Dezember 2018 hat die EMA das Risikobewertungsverfahren gestartet: „Im Einzelnen werden die Indikationen und Dosierungen von fosfomycinhaltigen Arzneimitteln sowie die sicherheitsrelevanten Informationen und die pharmakologischen Eigenschaften im Hinblick auf den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand neu bewertet“, erklärte das BfArM auf seiner Homepage. Seither untersucht das CHMP die Resistenzsituation bei oralen und auch parenteralen fosfomycinhaltigen Arzneimitteln. Als parenterale Darreichungsform kommt Fosfomycin vor allem bei schweren Infektionen zum Einsatz, vorteilhaft ist unter anderem die Knochengängigkeit.

Pivmecillinam: verträglich und wirksam

Hinweise, dass Resistenzen unter Fosfomycin zunehmend ein Problem darstellen könnten, lieferte ein im Mai 2018 im JAMA (Journal of the American Medical Association) veröffentlichter Artikel: Effect of 5-Day Nitrofurantoin vs Single-Dose Fosfomycin on Clinical Resolution of Uncomplicated Lower Urinary Tract Infection in Women: A Randomized Clinical Trial. Die Studie verglich eine fünftägige Behandlung mit Nitrofurantoin (dreimal täglich 100 mg) mit einer Einmaldosis Fosfomycin-Trometamol (3.000 mg) bei unkomplizierter Zystitis – Nitrofurantoin war dem Single Shot Fosfomycin überlegen.

Nach Einschätzung von Bennack ist Pivmecillinam derzeit der beste Wirkstoff bei akuten unkomplizierten Harnwegsinfektionen. Resistenzlage und Eradikationsrate bewertet auch die Leitlinie mit der der höchsten Kategorie, ebenso die Verträglichkeit. Das Penicillinderivat hat eine große therapeutische Breite und darf auch in der Schwangerschaft eingesetzt werden. Auch wenn sich Ärzte schwer tun, sich auf diese Substanz einzulassen, „meine Lieblingssubstanz derzeit ist Pivmecillinam“, erklärt Bennack. Doch laut Arzneiverordnungsreport tut sich etwas im Verordnungsverhalten: 2017 wurden 120.000 DDD verordnet, 290 Prozent mehr als Im Vorjahr. Wie auch Fosfomycin-Trometamol ist Pivmecillinam ausschließlich zur Therapie der akuten unkomplizierten HWI zugelassen.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Pivmecillinam auch bei Allergie auf Penicillin?

von M. Seitz am 08.11.2019 um 10:27 Uhr

Dass die Fachleute (Ärzte, Apotheker) so oft nur Penicilline empfehlen, wo bekannt ist, dass Menschen mit Penicillin-Allergie diese nicht nehmen können. Selbst bei angeforderten Antibiogrammen werden diese bei z B. Streptokokken von Laboren nicht gemacht mit dem Hinweis, dass Penicilline immer wirken.

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