Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

18.03.2018, 08:00 Uhr

Dialog heißt das Zauberwort! Wäre schön, wenn die ABDA das üben  würde. (Foto: Andi Dalferth)

Dialog heißt das Zauberwort! Wäre schön, wenn die ABDA das üben  würde. (Foto: Andi Dalferth)


14. März 2018

Jetzt ist er im Amt, unser neuer Bundesgesundheitsminister: Jens Spahn. Er hat gesundheitspolitische Expertise, aber auch so seine eigenen Vorstellungen von einem modernen Gesundheitswesen und insbesondere von der Rolle der Apotheken. Bei unseren apothekerlichen Honorarforderungen hatten wir früher zwar so ein paar kleine Scharmützel mit ihm - aber prinzipiell steht er den Leistungen der Apotheken wohl positiv gegenüber. Weitere Knackpunkte sind außerdem der Versandhandel und Digitales. Mein liebes Tagebuch, man wird sehen. Das sagt sich auch die Kammerpräsidentin von Westfalen-Lippe, Gabriele Overwiening, die sich in einem You-Tube-Video auf die Zusammenarbeit mit Spahn freut. Sie kann es ganz gut mit ihm, ist er doch auch ein Münsterländer. Man habe schon vieles gemeinsam auf den Weg gebracht, freut sich die Kammerpräsidentin. Und wenn, ja wenn sich Spahn an den Koalitionsvertrag hält und fürs Rx-Versandverbot einsetzt, gibt’s wohl wenig zu meckern. Overwiening beschwört auch weitere gemeinsame Ziele, beispielsweise die flächendeckende Arzneimittelversorgung und Digitalisierung, wo sie gemeinsam mit Spahn „gerne kreativ sein und neue Wege finden“ will. Mein liebes Tagebuch, möge es so sein, wir sind da mal ganz optimistisch und freuen uns mit Overwiening auf „eine tolle Zeit“ und „kreative dreieinhalb Jahre“ - auch wenn den Wörtern „toll“ und „kreativ“ viel Platz für Interpretationen innewohnt.  

Und wie sieht es Spahn selbst? Bei seiner Inthronisation nannte der frischgebackene Gesundheitsminister die Themen flächendeckende ärztliche Versorgung, Pflege und Digitalisierung als seine drei großen Themen, die Apotheker und den Arzneimittelmarkt nannte er nicht. Ist das gut für uns, ist das schlecht für uns? Mein liebes Tagebuch, das kann man so oder so sehen, der Blick in die Glaskugel hilft da nicht. Die Digitalisierung voranzutreiben – da kann er weitgehend auf uns zählen, sofern er Digitalisierung nicht mit Versandhandel verwechselt. Also, dann lassen wir das mal auf uns zukommen. 


Eigentlich könnte alles so einfach sein, so einfach, wie es Fritz Becker auf dem Unternehmertag des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI) formulierte: „„Wir brauchen den Versandhandel nicht, um die Versorgung auf dem Land sicherzustellen“, denn man habe Rezeptsammelstellen, man fange jetzt zudem mit digitalen Rezeptsammelstellen an, und man habe die Botendienste. Und überhaupt, mit dem OTC-Versand hätten die Apotheken ihren Frieden gemacht, und beim Rx-Versandverbot gehe es in erster Linie um die Gleichpreisigkeit. Mein liebes Tagebuch, so isses. Einfache Botschaften, die man jetzt einfach mit Herrn Spahn besprechen muss. Und wenn man das mal ganz einfach und plakativ nach draußen verbreiten könnte, wenn es die ABDA schaffen würde, dies mal in der Gesellschaft breit zu kommunizieren, dann wären wir vielleicht schon einen Schritt weiter. Vermutlich ist nicht alles so einfach…


Ein Apotheker verteilt zu besonderen Anlässen Ein-Euro-Gutscheine an Kunden, die ein Rezept in seiner Apotheke einlösen. Mein liebes Tagebuch, es gibt sie immer noch, die Krämer-Apotheker, die mehr Kaufmann als Heilberufler sein wollen. Obwohl, vermutlich ist das mit dem Kaufmann bei näherer Betrachtung auch nicht ganz stimmig. Jedenfalls versuchte es ein Berliner Apotheker, er wurde vor drei Jahren verklagt, ging in Berufung und bekam nun Recht vom Kammergericht: Ein Ein-Euro-Gutschein sei noch nicht geeignet, das Verbraucherverhalten wesentlich zu beeinflussen. Ein Euro überschreitet noch nicht die Spürbarkeitsschwelle. Mein liebes Tagebuch, ich habe den Eindruck, so manche Richter kennen da nicht die Gefühlsrezeptoren der Apothekenkunden! Ein Euro ist für viele Kunden nämlich mega-spürbar! Ganz abgesehen davon, da bäumt sich eine Berufsvertretung wie verzweifelt dagegen auf, dass Apotheken in einen Boni- und Rabattkampf mit ausländischen Versendern getrieben werden, da kämpft die Standesorganisation fast schon bemitleidenswert für die Gleichpreisigkeit und gegen Honorargutachten – und dann unterläuft dies ein Apotheker, indem er freiwillig Ein-Euro-Gutscheine verteilt. Wie kommt das in der Politik an? Klar, die Apotheker haben’s doch! Und wie geht das jetzt weiter? Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, möglicherweise kommt das Thema noch vor den Bundesgerichtshof. 


Pflege und nochmals Pflege – Jens Spahn, unser neuer Bundesgesundheitsminister will sich intensiv mit dem Thema Pflege befassen. Er sieht im Pflegebereich viele Missstände in Deutschland, bei der Ausbildung der Pfleger, bei der Bezahlung, bei der Attraktivität des Berufs. Laut einer Studie fehlen 17.000 Pflegekräfte. Da will er sich richtig stark machen dafür. Mein liebes  Tagebuch, das ist ein guter Ansatz. Als Apotheker könnten wir da Unterstützung beim Thema Pflege anbieten, wie der Pflegekongress der Noweda zeigte. Zahlreiche Apotheken versorgen bereits Pflegeheime, kümmern sich um die Medikation der pflegebedürftigen Patienten und unterstützen die Heime mit pharmazeutischer Expertise. Auch Apotheken, die nicht in eine Heimversorgung eingebunden sind, können sich in der ambulanten Pflege einbringen, wie der Kongress zeigte, indem sie beispielsweise ihre Service- und Beratungsleistungen für die Pflegebedürftigen, die zu Hause gepflegt werden, ausbauen. Bei einem Thema allerdings ist mächtig Sand im Getriebe, nämlich bei der Verblisterung: Die Heime fordern sie sogar von den Apotheken ein, zum Teil ohne Bezahlung, wobei das kostenlose Erbringen dieser Dienstleistung schon als Korruption ausgelegt werden kann. Auch Minihonorare für die Verblisterung (1,45 Euro pro Patient pro Woche) sind Ausbeutung und nicht kostendeckend für die Apotheke. Vier bis fünf Euro müssten dies sein. Ein Heimvorstand meinte, die Apotheker sollten ihre Verbände auffordern, dafür zu kämpfen, dass eine Honorierung der Verblisterung in der Arzneimittelpreisverordnung verankert werde. Mein liebes Tagebuch, da kann man nicht widersprechen. Es ist ein Unding, dass Apotheken, die eine Verblisterung anbieten (müssen), mit einem Bein wegen Korruption im Gefängnis stehen oder Leistungen weit unter Wert verschleudern müssen. 



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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3 Kommentare

Öffentlichkeitsarbeit, Quadratur des Kreises?

von Elisabeth Thesing-Bleck am 18.03.2018 um 9:26 Uhr

TV-Sendungen wie das „Tagesgespräch“ des Bayerischen Rundfunks zeigt die Quadratur des Kreises, die die Öffentlichkeitsarbeit der ABDA zu lösen hat. Solche Sendungen machen Bürgerinnen und Bürger immer wieder auf den Vertriebsweg Versandhandel aufmerksam und sind damit eine kostenlose Werbung für diese Möglichkeit Arzneimittel zu bestellen. In diesem Fall fällt die Sendung in eine Phase, in der die wichtigsten Verbündeten der Apotheken um jede Stimme bei den kommenden Landtagswahlen kämpfen. Es steht zu befürchten, dass die derzeit extrem nervös reagierenden bayerischen Landespolitiker sich von der Vielzahl der Stimmen beeindrucken lassen, die sich in der Sendung für die Beibehaltung des RX-Versandhandels ausgesprochen haben. Andererseits lässt sich ohne Öffentlichkeit ein Verbot des RX-Versandhandels auch nicht erreichen.
Wer oder was hilft den Apothekerinnen und Apothekern bei der Lösung der Quadratur des Kreises?

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AW: Öffentlichkeitsarbeit, Quadratur des

von Anita Peter am 18.03.2018 um 10:20 Uhr

Ein ausländischer Großkonzern gibt die Möglichkeit das Steuerungsinstrument Zuzahlung zu unterlaufen. Jeder Politiker, der das gut findet, sollte sich für die sofortige Abschaffung der Zuzahlung einsetzen.
Mit dem RXVV wird die Preisbindung aufrecht erhalten, nicht mehr und nicht weniger.
Ich habe keine Alternative in den letzten 1,5 Jahren gehört, wie die PB erhalten werden kann.

Krämer oder Heilberufler ?

von Ulrich Ströh am 18.03.2018 um 9:18 Uhr

Alles an unserer Wahrnehmungs-Misere kann man der ABDA nicht in die Schuhe schieben:

Wer montags offensichtlich kostenlos verblistert, mittwochs nachmittags regelmäßig Happy Hour mit minus 25 Prozent auf fast alles veranstaltet und am Freitag vor einem Kammergericht für seine Ein-Euro -Gutscheine für Rx streitet und Recht bekommt,der kann am Sonntag nicht erwarten,von der Politik als - unersetzlicher Heilberufler -wahrgenommen zu werden.

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