Finanzierung und Versorgung

Psychiater streiten für Reformen

Berlin - 29.06.2016, 08:00 Uhr

Blick in die Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Universitätsklinikum der TU Dresden: Welches ist der richtige Weg für Psychiatrien – und Patienten?  (Foto: dpa)

Blick in die Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Universitätsklinikum der TU Dresden: Welches ist der richtige Weg für Psychiatrien – und Patienten?  (Foto: dpa)


Nach anhaltender Kritik an der Einführung eines neuen Finanz-Systems für Psychiatrien steuerte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe im Februar um. Doch die neuen Pläne stoßen auf harsche Kritik: Psychiatrien würden kaputtgespart und müssten zukünftig dokumentieren statt behandeln. Nun nimmt sich das Ministerium der Kritik an.

Seitdem der ehemalige Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) per Ersatzvornahme ein neues Finanzierungssystem für Psychiatrien einführen wollte, steht dieses unter erheblicher Kritik. Wie schon vor zehn Jahren in allen anderen Krankenhäusern sollte auch in psychiatrischen Kliniken ein neues System umgesetzt werden, bei dem nicht wie bisher krankenhausindividuelle Budgets verhandelt werden. Das „Pauschalierende Entgeltsystem Psychiatrie und Psychosomatik“ (PEPP) rief mehrere Demonstrationen, anhaltende Proteste und eine Bundestags-Petition mit mehr als 40.000 Unterschriften hervor.

Befürchtet wurden erhebliche ökonomische Fehlanreize, die Orientierung an schematischen Diagnose-Kategorien statt am individuellen Behandlungsbedarf sowie eine Betonierung der bestehenden Grenzen zwischen stationärer und ambulanter Versorgung. Daher galt unter vielen Ärzten und Betroffenen die Losung: „PEPP muss weg“.

Trojanisches Pferd

Nachdem dessen verpflichtende Einführung 2014 schon um zwei Jahre verschoben wurde, kündigte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) im Februar eine Reform der Reform an. Statt des kritisierten Preissystems sollten weiterhin Budgets verhandelt werden, die besondere Gegebenheiten der einzelnen Kliniken berücksichtigen können – wie eine Notfallversorgung oder beispielsweise eine Häufung von Patienten mit schweren Suchtproblemen.

Doch für viele Verbände handelt es sich bei dem inzwischen vorgestellten Referentenentwurf um alten Wein in neuen Schläuchen. „Das Gesetz sieht auf den ersten Blick schön aus, ist aber ein trojanisches Pferd“, sagte Iris Hauth, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN). So sei das überarbeitete System weiter von PEPP durchdrungen, und die eigentlich erfreulichen, verbindlichen Personalstandards würden nicht gegenfinanziert. „Wir werden da weiter kämpfen müssen“, erklärte Hauth. 



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Alles hat zwei Seiten

von Walter Neuschitzer am 29.06.2016 um 19:33 Uhr

Die andere Seite ist die, dass es Fälle gab, wo unschuldige Bürger sehr lange Zeit in der Psychiatrie eingesperrt wurden, so lange die Versicherung zahlte. Dieser Missstand wird mit der geplanten Reform wohl weniger werden.

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