„Zukunft Apotheke“

OTC-Marketingmethoden sorgen für Streit

Frankfurt - 11.11.2014, 11:59 Uhr


Zu einer teils heftigen Debatte kam es gestern auf dem Kongress „Zukunft Apotheke“ in Frankfurt. Bei einer Podiumsdiskussion über den OTC-Markt in Deutschland brachte BayerVital-Vertriebsleiter Thorsten Kujath mit provokativen Fragen und Aussagen zu Marketing- und Vertriebsmethoden der OTC-Industrie Teile des Publikums gegen sich auf.

Wenn immer mehr freiverkäufliche Arzneimittel und (ehemals) apothekenexklusive Produkte in Drogerie- und Supermärkten auftauchten, müssten sich die Apotheker schon fragen lassen, welche Entwicklungen sie in den vergangenen Jahren verpasst hätten. Auch mit der Verbindlichkeit der Vereinbarungen mit Apothekenkooperationen ist Kujath unzufrieden. Der Bayer-Außendienst müsse die Kooperationsapotheker immer wieder daran erinnern, was er vereinbart habe.

Bei der Beurteilung von Marketingmaßnahmen der OTC-Industrie nahm Kujath ebenfalls kein Blatt vor den Mund. Vielen Werbeaktionen der Industrie sprach Kujath rundheraus die Sinnhaftigkeit ab. Für viel Geld würden Papp-Displays in China produziert, nach Europa verschifft, mit Ware bestückt und in die deutschen Apotheken gebracht. Nur damit dort die PKA die Ware wieder auspackt, ins Regal räumt und das teure Display anschließend entsorgt.

Die anwesenden Apotheker reagierten auf die Aussagen Kujaths mit Unverständnis und teils heftigem Widerspruch. Er habe es satt, von Industrievertretern immer wieder als „leicht vertrottelter Apotheker, der keine Ahnung von Management habe“ hingestellt zu werden, sagte ein Apotheker. Es sei doch eher so, dass die Außendienstmitarbeiter gerade bei Bayer im letzten Jahr dreimal ausgetauscht worden seien. Eine andere Apothekerin sprang ihrem Kollegen bei: Solange Neueinführungen auch von Top-OTC-Marken aus zwei Anzeigen in Fachzeitschriften und dem Zusenden eines Pakets mit Probepackungen bestehe, wolle sie sich nicht vorwerfen lassen, die Marketingbemühungen der Industrie zu boykottieren.

Am Ende seines anschließenden Vortrags konnte Kujath die Gemüter aber wieder beruhigen. Einigkeit zwischen Kujath und den Apothekern im Publikum herrschte darüber, dass die pharmazeutische Industrie aufhören sollte, möglichst viele Packungen eines Produkts in die Apotheke „zu pressen“. Es müsse doch im beiderseitigen Interesse sein, sich eher darum zum kümmern, die Produkte an den Verbraucher, Patient oder Kunden zu bringen. Industrie und Apotheker sollten wieder zu echten Partnern werden, sagte Kujath, anstatt 90 Prozent der Zeit bei einem Außendienstbesuch mit der Auftragsannahme zu verbringen. Dafür sei die Zeit des Außendienstlers zu schade – vor allem aber die Zeit des Apothekers.


Dr. Benjamin Wessinger


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