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10 Euro Apothekentaxe - bis zu 1000 Apotheken müssten aufgeben

Berlin - 23.02.2011, 15:00 Uhr


Bis zu 448 Millionen Euro Einsparpotenzial sieht Ökonomieprofessor Justus Haucap in einer grundlegenden Reform des Apothekenhonorars. Bis zu 1000 Apotheken könnten ihre Türen schließen. Das ergibt eine Studie, die das Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie (DICE) in Zusammenarbeit mit der TU Ilmenau für die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) erstellt hat.

Wie schon im Gutachten der Monopolkommission für die Bundesregierung kritisierten die Wissenschaftler insbesondere mangelnden Wettbewerb und Überregulierung. Hubertus Pellengahr, Geschäftsführer der INSM: „Medikamente sind besondere Güter. Deshalb muss der Apothekenmarkt immer besonders reguliert werden. Es spricht aber nichts dagegen, durch einen klugen Ordnungsrahmen Preiswettbewerb zwischen Apotheken zu entfachen.“ Pellengahr fordert deswegen auch, Wettbewerbsbeschränkungen wie das Mehr- und Fremdbesitzverbot abzuschaffen.

Nach dem Reformvorschlag sollen sowohl die Zuzahlungen der Patienten für verschreibungspflichtige Medikamente komplett gestrichen werden wie auch Fixbetrag, Logistikpauschale und Zwangsrabatt zwischen Krankenkassen und Apothekern. Die Autoren fordern stattdessen eine Apothekentaxe von maximal zehn Euro, welche jeder Apotheker selbst festlegen kann.

„Somit könnte der Patient jene Apotheke auszuwählen, die ihm das beste Preis-Leistungsverhältnis bietet", so Haucap. „Der Wettbewerb wird besonders dort intensiv, wo eine Überversorgung an Apotheken besteht, zum Beispiel in Innenstädten und Fußgängerzonen. Dort werden vermutlich einige Apotheken wegfallen. Apotheken im ländlichen Raum können hingegen mit einer höheren Taxe ihr Überleben sichern", so Haucap weiter.

Für zuzahlungsbefreite Medikamente sieht das Modell eine Erstattung der Apothekentaxe vor. Die Patienten müssten die Apothekentaxe zunächst vorstrecken, bekämen danach aber einen von ihrer Krankenkasse festgelegten Fixbetrag erstattet. Liegt der krankenkassenspezifische Erstattungsbetrag über der von der Apotheke geforderten Taxe, kann der Patient die Differenz zu seinem Vorteil behalten. Liegt die Apothekentaxe dagegen über dem Erstattungsbetrag, muss der Patient die Differenz selbst tragen. „So bleibt die Steuerungswirkung der Taxe bei zuzahlungsbefreiten Arzneimitteln erhalten“, so Haucap.

Die Autoren haben drei Szenarien mit einer geringen, moderaten und intensiven Belebung des Wettbewerbs durchgerechnet, woraus sich ein Einsparpotenzial zwischen 105 und 448 Millionen Euro pro Jahr zugunsten von Patienten und Beitragszahlern ergibt. Dabei gehen die Ökonomen von 500 bis 1000 Apothekenschließungen aus.

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Lothar Klein