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Opioid-Analgetikum Tapentadol

06.10.2010, 06:42 Uhr


Tapentadol (Palexia®) ist ein zentral wirksames Analgetikum zur Behandlung von starken Schmerzen. Es wirkt als my-Opioid-Rezeptoragonist und als Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer über opioide und nicht-opioide Mechanismen.

Die Wirksamkeit ist mit der von klassischen starken Opioiden wie Oxycodon und Morphin vergleichbar. Tapentadol scheint jedoch besser verträglich zu sein, besonders in Bezug auf gastrointestinale Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen und Obstipation.

μ-Rezeptor-Agonisten binden an die μ-Opioid-Rezeptoren im zentralen Nervensystem, verändern so die sensorischen und emotionalen Aspekte des Schmerzes, hemmen die Übertragung von Schmerzen zum Rückenmark und  beeinflussen Aktivitäten in Teilen des Gehirns, die für die Schmerzwahrnehmung verantwortlich sind. Analgetisch wirksame Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer steigern im zentralen Nervensystem den Anteil an Noradrenalin im Gehirn, indem sie dessen Resorption in Nervenzellen verhindern.

Tapentadol wird in Palexia® retardierter Form zweimal täglich eingenommen. Patienten, die derzeit keine Opioidanalgetika einnehmen, sollten die Behandlung mit einer Einzeldosis von 50 mg Tapentadol als Retardtablette beginnen. Zur Einstellung sollte die Menge von Tapentadol alle drei Tage zweimal täglich um 50 mg gesteigert werden. Gesamttagesdosen von mehr als 500 mg Tapentadol wurden bisher nicht untersucht und werden daher nicht empfohlen. Wenn ein Patient die Therapie mit Tapentadol nicht weiter benötigt, wird empfohlen, die Dosis schrittweise ausschleichen zu lassen, um Symptome eines Entzugs zu vermeiden.

Die mittlere absolute Bioverfügbarkeit nach einer Einfachdosis der Retardtabletten liegt bei ungefähr 32%, maximale Serumkonzentrationen werden zwischen drei und sechs Stunden nach der Einnahme erreicht. Tapentadol wird im gesamten Körper verteilt, die Serumproteinbindung ist mit rund 20% niedrig. Der wichtigste Stoffwechselweg besteht in der Konjugation mit Glucuronsäure zu Glucuroniden. Tapentadol und seine Metabolite werden fast ausschließlich (99 %) über die Nieren ausgeschieden. Die terminale Halbwertszeit beträgt nach oraler Gabe durchschnittlich vier Stunden.

Als unerwünschte Wirkungen treten sehr häufig Schwindel, Somnolenz, Kopfschmerz sowie Übelkeit und Verstopfung auf. Die gleichzeitige Behandlung mit MAO-Hemmern kann zu additiven Wirkungen auf den synaptischen Noradrenalinspiegel führen, die in kardiovaskulären Nebenwirkungen wie einer hypertensiven Krise resultieren können. Bei einer Kombination mit einer auf die Atmung oder auf das zentrale Nervensystem dämpfend wirkenden Substanz sollte eine Verringerung der Dosis von einer oder beiden Substanzen in Betracht gezogen werden. In Kombination mit serotoninergen Arzneimitteln wie selektiven Serotonin-Reuptake-Inhibitoren kann es zu einem Serotonin-Syndrom kommen; das Absetzen der serotoninergen Arzneimittel führt in der Regel zu einer raschen Besserung. Tapentadol sollte nur mit Vorsicht mit gemischten (wie Pentazocin, Nalbuphin) oder partiellen μ-Opioid-Agonisten (wie Buprenorphin) kombiniert werden. Die gleichzeitige Anwendung von starken Inhibitoren der Isoenzyme UGT1A6, UGT1A9 und UGT2B7 kann zu einer erhöhten systemischen Exposition von Tapentadol führen. Eine gleichzeitige Behandlung mit starken Enzyminduktoren sollte mit Vorsicht durchgeführt werden.

Tapentadol besitzt ein Missbrauchs- und Abhängigkeitspotenzial. Bei hoher Dosierung oder bei Patienten, die empfindlich auf μ-Opioidrezeptor-Agonisten reagieren, kann der neue Wirkstoff zu einer dosisabhängigen Atemdepression führen. Tapentadol sollte nicht bei Patienten angewendet werden, die besonders empfindlich gegenüber den intrakraniellen Auswirkungen einer Kohlendioxid-Retention sind, beispielsweise Patienten mit erhöhtem intrakraniellen Druck, herabgesetztem Bewusstsein oder komatöse Patienten. Analgetika mit μ-Opioidrezeptor-Agonismus wie Tapentadol können bei Patienten mit Schädelverletzung den klinischen Verlauf verschleiern und sollten hier nur mit Vorsicht angewendet werden. Bei Patienten mit einem Anfallsleiden in der Vorgeschichte oder einer Erkrankung, die mit einem erhöhten Anfallsrisiko einhergeht, sollte Tapentadol ebenfalls mit Vorsicht eingesetzt werden, ebenso bei Patienten mit einer Gallenwegserkrankung, einschließlich akuter Pankreatitis.

Quelle: Fachinformation von Palexia®, Stand August 2010.


Dr. Bettina Hellwig