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Management

Den Glaubenssätzen auf der Spur

Wie Sie sich nicht mehr durch falsche Regeln ausbremsen lassen

Sie liegen oft im Verborgenen, sind aber höchst aktiv: Ge- und Verbote, die wir irgendwann aufgenommen haben und die uns heute noch bestimmen, oft genug zum Nachteil. Kommen Sie ihnen auf die Spur!

Glaubenssätze wirken gelegentlich positiv, zum Beispiel „Versuch’s doch erst einmal!“ oder „Das habe ich bisher immer hingekriegt!“ Dann besitzen sie eher die Kraft von Affirmationen und positiven Prophezeiungen. In diesem Beitrag geht es jedoch um unwahre Sätze, die stark wirken und uns hemmen: „Mit Technik komme ich grundsätzlich nicht zurecht!“, „Rezepturen halten mich immer ewig auf“ oder „Mit Herrn Liebig habe ich jedes Mal Ärger!“ Dies alles bestätigt sich stets aufs Neue, weil wir die Dinge voreingenommen anpacken. Damit machen wir es uns und anderen unnötig schwer und manches, was möglich wäre, wird unmöglich.

Wurzeln liegen oft in der Kindheit

Die Lebensregeln sind mal fami­lientypisch wie „Bei uns ist keiner musikalisch!“, stammen aus eigenen (frühen) Erfahrungen oder wurden uns als Kind mitgegeben wie „Lass’ mal lieber, du bist nicht so praktisch begabt“. Hören wir so etwas ständig, verlieren wir unsere frühe Entdecker- und Probierfreude und verzagen, bevor wir überhaupt etwas in die Hand genommen haben. Schade ist es, wenn wir dann erst zum Beispiel mit 50 Jahren merken, wie viel Freude uns das Tanzen macht und dass wir alles andere als unmusikalisch sind.

Solche Sätze sind oft tief verwurzelt, sie können uns auch bei der Arbeit behindern: „Mit (Kunden-)Kindern konnte ich noch nie!“, „Vor Änderungen am Computer habe ich immer Angst und es geht auch immer schief“ oder – bei der Fortbildung zum Thema Beratung – „Rollenspiele sind immer doof!“ Das KANN doch nur zu neuen schlechten Erfahrungen führen.

Und hier haben wir schon eine erste Spur zum Finden von Glaubenssätzen und ihrer Entstehung: Sätze, die in uns erklingen und Worte wie „immer“ oder „nie“ enthalten, dürfen wir gerne hinterfragen. Zu schnell verallgemeinern wir und stecken in der Falle. Unser Gehirn nimmt gerne selektiv die Dinge wahr, die wir erwarten, die schon bekannt sind. So ist es kein Wunder, wenn wir bei einem Computerproblem bereits alarmiert und ängstlich sind, bevor wir überhaupt irgendetwas überlegt oder ausprobiert haben; schnell bewahrheitet sich dann der obige Satz wieder. Wenn es dann doch einmal ohne Probleme geht, nehmen wir es gar nicht wahr, weil es nicht zu unseren Überzeugungen passt.

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Aus „negativ“ mach „positiv“ – ein Weg, der sich lohnt!

Von der Schwierigkeit der Entwöhnung

Die Glaubenssätze entsprechen festen Gewohnheiten, wir bewegen uns mit ihnen auf vertrautem Terrain in einer Komfortzone, „wissen“ automatisch und unreflektiert, dass sie „richtig“ sind und dass es keinen Sinn ergibt, dagegen zu handeln. Betriebs­wirtin und Coach Nicole Truchseß spricht von „Hirngespenstern“, die in uns ein aktives Spukleben führen. Je älter sie sind, je früher wir sie also eingespeichert haben, desto fester sind sie verankert. Als chronischer Pechvogel zum Beispiel sind Sie oft neidisch, finden sich aber in Ihr Unglück, weil es Ihnen nun mal so bestimmt ist. Das ist bequemer, als sich anzustrengen und sich seinen eigenen Anteil an der Misere zu überlegen. Truchseß: „Manche Hirngespenster sind deshalb so beliebt, weil sie Schmerz vermeiden. Mit ihrer Hilfe können wir unangenehme Wahrheiten ausblenden.“

„Humor ist der Regenschirm der Weisen“

Erich Kästner

Suchen und Finden

Welche Sätze gehen Ihnen immer wieder durch den Kopf beim Beobachten anderer Menschen, in bestimmten Situationen, nach einem unerfreulichen Gespräch mit einer Kollegin* oder der Chefin? Beispiele: Wenn ich das Band im Korrekturroller wechseln möchte und mir nach kurzem ungeduldigen Fummeln alles aus der Hand fällt: „So etwas konnte ich noch nie, dazu bin ich zu tüffelig.“ Oder: „Das war ja vorher klar, dass Kollegin Anja sich wieder schwertut, mich zu vertreten.“ Oder – nach einigen eher hastig-unfreundlichen Kundenkontakten am Montag: „Montags haben ­sowieso alle schlechte Laune, da kann man nichts machen.“

Fallen Ihre Überzeugungen in eine bestimmte Kategorie, zum Beispiel Pechvogel: („Immer geht nur bei mir alles schief, nie ge­winne ich irgendetwas, immer haben andere mehr Glück!“)? Eine andere Sorte von Glaubenssätzen steckt in den Mutlosen: „Das wird nicht gut gehen“, „Das haben schon ganz ­andere als ich versucht und nicht hinbekommen“, „Das schaffe ich sowieso nicht“. Wieder andere „Hirngespenster“ gehören zu den nimmersatten und perfektionistischen Sklaventreibern, zum Be­ziehungsspezialistentypus, zum Gesundheitsmuffel oder zum Oberlehrer.

Da wir alle Glaubenssätze in uns tragen, handeln wir nicht nur nach den eigenen, sondern leiden unter Umständen auch an denen der Kolleginnen oder der Chefin. Auch für diese Gruppen gib es typische Sätze: „Nicht geschimpft ist genug gelobt“ oder „Meine Leute taugen alle nichts“. Auf der anderen Seite: „Die Chefin muss doch sehen, wie es mir geht“, „Die Chefin mag mich nicht, da kann man nichts machen“ oder „Ein Grünschnabel taugt nicht zum Chef“.

Truchseß: „Am Arbeitsplatz müssen Menschen mit unterschied­lichen Prägungen, Gewohnheiten und Glaubenssätzen miteinander auskommen. Dies führt zu unausgesprochenen Erwartungen und das wiederum führt zu Missverständnissen und Konflikten.“

Besser werden – besser fühlen

  • die eigenen negativen Glaubenssätze entdecken
  • Situationen auflisten, in denen sie NICHT zutreffen
  • andere Menschen als Vor­bilder beobachten
  • kleine gangbare Schritte führen zu anderem Verhalten
  • Vertraute fragen: „Welche Glaubenssätze nimmst Du an mir wahr?“
  • Meiden von Jammer- und Lästerzirkeln
  • die Lebensregeln AUCH mit Humor betrachten, ihnen Namen und Gesichter geben etc.
  • Die andere Seite der Medaille betrachten: Was habe ich von meinen „Hirngespenstern“, was brauche ich dann nicht zu ändern?
  • Hindernisse bei der Umgewöhnung bedenken und den Umgang damit
  • die neuen Möglichkeiten genießen

Wege zum Besseren

Zurück zum Beispiel Pechvogel: Benennen Sie jeden Abend drei Dinge, bei denen Sie „Glück“ hatten, und überlegen Sie, was Sie selbst dazu beigetragen haben. Wenn das nächste Mal etwas misslingt, fragen Sie jemanden, dem Sie vertrauen: „Was meinst Du, was könnte ich da anders machen?“ Und freuen Sie sich dann über eine ehrliche Antwort, statt beleidigt zu sein über eine unangenehme Botschaft.

Rufen Sie sich in Erinnerung, was Sie in Ihrem Leben schon alles geschafft haben, und lassen Sie sich nicht von Menschen anstecken, die selbst ängstlich oder erfolglos sind.

Stehen Sie zu Ihren Emotionen, auch eine Chefin darf mal ver­ärgert sein und das äußern. Und eine Mitarbeiterin, die sich von ­irgendwem verletzt fühlt, darf dies ebenfalls benennen. Sie wissen schon: Hier helfen „Ich-Botschaften“ und das Äußern von Bedürfnissen und Wünschen. Vorwürfe gehören nicht hierher.

Wenn Sie eine Ihrer Lebensregeln fallen lassen wollen, kann auch Humor helfen. Verleihen Sie der Regel Gestalt, sodass Sie sie distanziert als Witzfigur sehen können. Wenn Sie dann einmal mehr auf sie hereingefallen sind, nehmen Sie es locker, anstatt ver­bissen zu reagieren.

Welches sind Ihre Glaubenssätze, wann wirken sie hemmend und wo sind die Vorteile, wenn Sie sich nach ihnen richten? Erst wenn uns der Sinn in unserem Denken und Verhalten aufgeht, sind erste Schritte der Änderung möglich. Unser Denken wird bei Weitem mehr von Emotionen und Erwartungen gesteuert, als wir glauben. Als Naturwissenschaftler gehen wir davon aus, dass wir meistens rational handeln, oft genug merken wir gar nicht, was im Hintergrund unseres Denkens abläuft.

Wichtig ist es, sich über Hindernisse klar zu werden, die dem Bilden von neuen, positiven Glaubenssätzen entgegenstehen. Von Vorbildern lernen, andere Menschen nachahmen, sie spiegeln: viele Namen für die gleiche Art zu lernen. Neue Pfade sind leichter zu bahnen, wenn wir an alte anknüpfen. Das kennen Sie von der Fortbildung: Wir können uns besser Dinge merken, die nur eine Erweiterung des Alten darstellen als etwas vollkommen Fremdes, noch nie Gehörtes. Entdecken Sie den Spaß an Ihrer neuen Verhaltensweise, die durch das Verlassen Ihres alten Regelwerks möglich wird! |

Ute Jürgens ist Kommunikationstrainerin mit Spezialisierung auf die Heilberufler, Dipl. Erwachsenenpädagogin und PTA, www.kommed-coaching.de

* Da die überwiegende Anzahl der Apothekenmitarbeiter weiblich ist, schreibe ich in der weiblichen Form. Männliche Kollegen dürfen sich gerne mit angesprochen fühlen.

Literatur

Nicole Truchseß
Glaubenssätzen auf der Spur

Wie Sie Ihr Leben selbst steuern, statt Hirngespenstern zu folgen.
Gabal Verlag 2018, ISBN: 9783869368375


Zu beziehen über: 
Deutscher Apotheker Verlag 
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