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Management

Bringen Sie Ihre Projekte zum Gelingen!

Selbstmotivation durch mentales Kontrastieren

Zu oft bleiben kleine und große Vorhaben im Ansatz stecken, da uns innere Barrieren am Handeln hindern. Wenn Sie weder Luftschlösser bauen noch pessimistisch verzagen, ergeben sich Wege zum planvollen Gelingen. Vieles, was früher liegen blieb, gedeiht dann besser.

Langjährige Forschungen der Psychologin Gabriele Oettingen im Zusammenhang mit dem positiven Denken zeigen, dass wir eher zum Handeln kommen, wenn wir von vornherein mögliche Hindernisse mit betrachten – bezeichnet wird diese Methode als „mentales Kon­trastieren“. Meist finden sich mehrere Hindernisse, das richtige ergibt sich auf die Frage: „Was hält mich zurück?“ Egal, ob es sich um mangelndes Selbstvertrauen oder ungünstiges Verhalten anderer handelt: Wir haben immer die Freiheit des Reagierens und Handelns. Oettingen empfiehlt die Schritte: Wunsch – Ergebnis – Hindernis – Plan.

Ein einfaches Beispiel: Der Kunde möchte seine Medikamente richtig einnehmen mit dem Ergebnis, dass er wieder schmerzfrei im Garten arbeiten kann. Hindernisse sind seine Vergesslichkeit, begründet in tiefem Misstrauen gegen alles „Chemische“, und die Applikationsform, die für ihn eine Barriere darstellt. Bei der Beratung wird all dies offenbar und Sie schmieden gemeinsam einen Plan.

Ein anderes Beispiel, etwas komplizierter: Sie möchten weniger Fehler bei der Arbeit machen, damit auf allen Seiten Zufriedenheit herrscht und Sie mehr Selbstvertrauen haben und weniger Ängste. Das Hindernis: Sie fühlen sich immer angespannt und hektisch und haben zu viele Dinge gleichzeitig im Kopf.

Nun gibt es diverse „Tiefengrade“, um die Gründe für die Hindernisse zu hinterfragen, vergleichbar mit symptomatischem und kausalem Therapieansatz. Im Beispiel: Oberflächlich finden Sie, es ist zu viel zu tun. Tiefer geschürft kann man vermuten, dass Sie befürchten, als Mensch abgelehnt zu werden durch die Chefin* oder das Team, wenn Sie zu langsam sind. Sie erkennen jetzt, dass das unbegründet und – zumal im Zusammenhang mit der Fehlerquote – irrelevant ist.

Hier kann man gut mit dem höchst wirksamen „Wenn-Dann-Schema“ arbeiten: „Immer wenn ich mich gestresst fühle, dann ­mache ich mir klar, dass das Arbeiten in aller Ruhe mich und andere weiterbringt.“ Wenn-Dann-Sätze wirken gewohnheitsbildend, man muss sich nicht immer wieder neu aufraffen, sondern verbindet eine Handlung automatisch mit der anderen: „Immer wenn ich in die Mittagspause starte, dann trinke ich als allererstes ein Glas Wasser“, „Immer, wenn ich nur wenig einkaufen will, dann gehe ich zu Fuß“.

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Wo will ich hin und was hindert mich daran? Tagträume können helfen, konkrete Pläne zu schmieden und sie umzusetzen.

Tagträumen als Starthilfe

Welche Wünsche haben Sie? Die Methode des mentalen Kontrastierens ist nicht nur bei Kleinigkeiten als Entscheidungshilfe, sondern auch bei größeren Planungen und Zeiträumen eine gute Unterstützung. Im Gegensatz zum reinen Phantasieren und positiven Denken beziehen Sie durch das Kontrastieren mit den Hindernissen die Realität mit ein, Ihre Erwartungen und Erfahrungen. ­Dadurch gewinnen Sie die zum Handeln benötigte Energie.

Planen Sie als Team eine beson­dere Aktion für die Kunden? Was sehen Sie vor Ihrem inneren Auge, wenn alles bestens verläuft? Und welche inneren und äußeren Hindernisse sehen Sie, die im Vorfeld und am bewussten Tag auftreten können, und wie gehen Sie damit um, wie sieht also Ihr Plan aus? Hier wird auch frühzeitig offenbar, wenn Sie nicht zu den Inhalten der Aktion stehen, sie fachlich für nicht sinnvoll halten etc. Ordnet die Chefin zum Beispiel eine Osteoporose-Messwoche an, auch mit dem Ziel, mehr Calcium zu verkaufen? Wenn Sie in der Fortbildung davon überzeugt wurden, dass man es nicht mehr substitu­ieren sollte, können Sie sich hier schwerlich engagieren. Diskutieren Sie die Dinge im Vorfeld aus, damit nicht alles im Sande verläuft und die viele geleistete Arbeit umsonst war.

Möchten Sie abnehmen? Stellen Sie sich vor, was dann wieder möglich ist! Wie würden Sie sich fühlen und wie würden die Menschen in Ihrem Umfeld reagieren? Die Träume sind schön und nützlich als Anreiz. Bleiben Sie hier stecken, verfallen Sie in Lethargie und tun gar nichts. Wie soll das Ergebnis sein, warum genau wollen Sie schlank sein, wie kommen Sie dahin und was hindert Sie? Seien Sie ehrlich mit sich selbst und blicken Sie auch unangenehmen Wahrheiten ins Auge. Schwächen sind menschlich, das Erkennen wertvoll – Sie können es ja für sich behalten.

Fragen Sie in die Tiefe. Das Hindernis kann ein Verhalten, eine fixe Idee, eine Emotion oder An­gewohnheit sein. Vielleicht hat Ihnen aber früher auch nur jemand erzählt: „Alle Dünnen sind unzufrieden und werden schneller krank“, „Gesundes Essen schmeckt nicht“ oder ähnlichen Unfug. Gerade die Hindernisse können uns – wenn wir sie erst einmal entlarvt haben – auf die Spur und in die Tat bringen.

Das Tagträumen hilft, die Hindernisse zu identifizieren, es zapft auch das nicht Bewusste an. Man gleicht die Wünsche mit der erreichbaren Realität ab und verzichtet von vornherein auf nicht erreichbare Ziele. Oettingen: „Tatsächlich bereitet uns die Formulierung eines Plans auf das Handeln vor, indem die Situation mental aktiviert wird, in der ein Hindernis oder eine gute Gelegenheit zu handeln auftauchen kann.“ Man überlegt dann nicht lange, sondern „springt an, wenn der Knopf gedrückt wird“.

Ein rein sachlicher Plan ist zu neutral, er motiviert weniger und lässt einen auch nicht stolpern und die inneren Fallen so differenziert erkennen, wie es bei der Visualisierung geschieht.

Übrigens reagieren nicht alle Menschen gleich auf positive Anreize. Das Gegenstück dazu ist die Vorstellung, was man mit einem bestimmten Tun verhindert. Zu welchem Typus gehören Sie? Kommen Sie eher in Fahrt, wenn Sie sich vorstellen, wie „es“ sein soll oder wie „es“ nicht sein soll? Einige Autoren ordnen diese Varianten jeweils dem extro- oder introvertierten Menschentyp zu. In unserem Beispiel würde eine Introvertierte sich nicht als schlank, sondern als übermäßig füllig, bewegungsunfähig, als Diabetikerin und womöglich depressiv vorstellen. Dieses Bild erzeugt Unbehagen und ein „weg von ...“, während die Extrovertierte „hin zu …“ möchte.

Auf den Sinn besinnen

Reflektiert man das Ergebnis im Zusammenhang mit seinem Wunsch, wächst entweder die Motivation oder wir erkennen einen Trugschluss oder eine andere Schräglage. Das Ergebnis be­inhaltet das Ziel und den Sinn des Vorhabens. Wenn ich mehr im Garten arbeite, dann genieße ich die Natur und kann mein eigenes Biogemüse essen. Wenn ich schlank bin, dann fühle ich mich wohl und habe Spaß am Sport, da ich nicht so schnell ermüde wie mit Übergewicht.

Eine Apothekenleiterin, die schon länger den Wunsch nach einer zusätzlichen Kosmetikserie hegte, aber dauerhaft zögerte, merkte beim Hinterfragen, dass sich die Idee aus der Beobachtung der Mitbewerber ergeben hatte: Alle anderen bieten mehr Serien an als sie. Einen Sinn darin erkannte sie bei näherem Hinschauen für ihre Apotheke nicht. Ihr wurde nun auch klar, wieso sie sich nicht entscheiden konnte, sie stand nicht dahinter. In Absprache mit der PTA nutzt sie den wertvollen Regalplatz nun für ganz andere Produkte, die niemand im Umkreis anbietet: eine neue Eiweißnahrung, die mit kleinen Unterschieden sowohl für Senioren als auch für Sportler bestens geeignet ist. Der Erfolg gibt ihnen recht: Es sind Schnelldreher statt Ladenhüter.

Hier zeigte sich eine besonders starke Hindernisursache: Werte, die nicht mit dem Wunsch zusammenpassen. Die Apothekerin im Beispiel kann die Existenz aufwendiger und teurer Kosmetik nicht nachvollziehen, sie möchte so etwas weder verkaufen noch selbst nutzen.

Verstärken können Sie die Methode zum Gelingen durch positives Feedback, das Sie sich, den Kunden oder Kolleginnen geben. Das geschieht schon im Voraus durch ein: „Das schaffe ich!“ bzw. „Das schaffen Sie!“, sodass der Glaube an die eigenen Fähigkeiten wächst und die Umsetzung erleichtert wird. Als Nebenwirkung fühlen wir uns bisweilen nach Erfolgen auch ermutigt, Dinge in Angriff zu nehmen, die normalerweise nicht gerade zu unseren Stärken gehören oder die wir schon länger vor uns hergeschoben haben, weil wir sie uns nicht zutrauten.

Detaillierte Pläne statt grobe Marschroute

Die Forschung zeigt, dass detaillierte Pläne eher umsetzbar sind als eine nur grobe Marschroute. Aus den erreichten Teilzielen gewinnen wir weitere Umsetzungsenergie. Symbole am Arbeitsplatz oder in der Wohnung, die geschickt platziert sind und an die jeweilige Handlung erinnern, sowie die Gedanken an bereits früher erreichte Erfolge in ähnlichem Zusammenhang tun ihr Übriges beim Dranbleiben. Oettingen: „Wir können uns so steuern, dass wir zu jeder Zeit das tun, was wir tun wollen, und nicht unbedingt das, was andere von uns wollen, oder das, wovon wir glauben, dass sie es von uns wollen.“ Im Prinzip ist das mentale Kontrastieren recht einfach, es erfordert etwas Übung und Geduld, Sie kennen doch das Sprichwort: Geduld in allen Dingen führt sicher zum Gelingen.

Das mentale Kontrastieren ist nicht nur hilfreich bei Wünschen und Planungen, sondern schafft auch Klarheit. Wir erkennen, wo wir uns selbst im Weg stehen. Das gilt sowohl für uns selbst als auch für die Kunden. Wer verhindert Compliance und gesunde Lebensführung oder die Umsetzung unserer kleinen und größeren Wünsche? Wir selbst – durch innere Ängste, Trägheit, Bedenken aller Art, das Übertragen der Verantwortung auf andere, sodass wir bequem passives Opfer bleiben können. Vielerlei Gründe hindern am Handeln. Kommen Sie sich auf die Spur, so kommen Sie weiter! |

Ute Jürgens

Ute Jürgens ist Kommunikationstrainerin mit Spezialisierung auf die Heilberufler,
Dipl. Erwachsenenpädagogin und PTA, www.kommed-coaching.de


* Da die überwiegende Anzahl der Apothekenmitarbeiter weiblich ist, schreibe ich in der weiblichen Form. Männliche Kollegen dürfen sich gerne mit angesprochen fühlen.


Literatur

Susan Cain

Still – Die Kraft der Introvertierten

Goldmann Verlag

ISBN 978-3-442-15764-8





Marieluise Noack

30 Minuten Um­setzungspower

Gabal Verlag

ISBN 978-3-86936-709-5





Gabriele Oettingen

Die Psychologie des Gelingens

Pattloch Verlag

ISBN 978-3 6291-3070-9



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