Recht

Apothekenwerbung: So sind Sie auf der sicheren Seite

Teil 6: Unzulässige Werbeformen gegenüber Verbrauchern

Die richtige Einordnung und kritische Hinterfragung der Heilmittelwerbung fällt Ver­brauchern schwerer als im Gesundheitswesen tätigen Fachpersonen. Im Heilmittelwerbe­gesetz bestehen zum Schutz der Verbraucher daher neben dem schon kennengelernten Verbot der Bewerbung verschreibungspflichtiger Arzneimittel noch weitere besondere Werbeverbote.

Der Verbraucher hat in Deutschland die Wahl zwischen über 100.000 behördlich zugelassenen Arzneimitteln. Deren Wert und Güte einzuschätzen und sich über die Folgen der Anwendung ein Bild zu machen, ist ihm kaum möglich. Werbemaßnahmen können dabei schnell zu einem Fehlgebrauch oder Missbrauch von Arzneimitteln führen. Dies will der Gesetzgeber verhindern und hat daher bestimmte Formen der Werbung für Arzneimittel und andere Heilmittel untersagt.

Verbotene Werbung nach § 11 Abs. 1 HWG

In einem Katalog in § 11 Abs. 1 HWG hat der Gesetzgeber die Werbeformen aufgelistet, die seines Erachtens zu einer unsachlichen Beeinflussung der Verbraucher führen können und diese in der Verbraucherwerbung verboten.

Werbung mit Empfehlungen: Der Verbraucher bringt Empfehlungen von Heilmitteln von im Gesundheitswesen tätigen Personen und Wissenschaftlern ein besonderes Vertrauen entgegen. Auch Aussagen Prominenter können Verbraucher zu einer sorglosen Anwendung von Heilmitteln verleiten. Daher ist die Werbung mit Prominentenempfehlungen oder Empfehlungen von im Gesundheitswesen tätigen Personen und Wissenschaftlern für Heilmittel gegenüber Verbrauchern untersagt. Unzulässig ist daher beispielsweise die Werbung für ein Arzneimittel mit den Worten „Ihr Arzt/Ihr Apotheker empfiehlt:..“ oder mit der Aussage „Erkältungsmedikament des Jahres – gewählt vom Bundesverband Deutscher Apotheker“ (OLG Frankfurt a.M., Urt. 12.02.2015, Az. 6 U 184/14).

Werbung mit Krankengeschichten: Vor einer unüberlegten Selbstdiagnose soll den Verbraucher das Verbot der Werbung mit Krankengeschichten schützen. Krankengeschichten sind personenbezogene Schilderungen des Arztes, des Patienten oder eines Dritten über den wahren oder erfundenen Verlauf einer Erkrankung. Mit Krankengeschichten darf nicht in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise geworben werden. Unsachliche Darstellung von Krankengeschichten, die nur darauf abzielen, Ängste oder falsche Vorstellungen beim Verbraucher hervorzurufen, sind daher unzulässig. Verboten sind außerdem ausführliche Beschreibungen von Krankengeschichten, die den Verbraucher zu einer falschen Selbstdiagnose verleiten könnten.

Werbung mit bildlichen Darstellungen:

Eine mindestens genauso stark beeinflussende Wirkung wie Krankengeschichten können auf den Verbraucher bildliche Darstellungen von Krankheiten haben. Unzulässig ist es daher für Heilmittel mit Bildern zu werben, die in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise krankhafte Veränderungen des menschlichen Körpers zeigen. Nicht vom Verbot erfasst ist das Körperinnere, also z. B. Abbildungen von Organen. Ebenfalls unzulässig ist es, Arzneimittelwirkungen im Körper oder in Körperteilen bildlich darzustellen. Apothekenwerbung darf daher in Bildern die Art der Anwendung eines Arzneimittels erklären, nicht aber das Resultat der Arzneimittelgabe.

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Werbung mit positiven Wirkungen: Unzulässig ist es, mit Aussagen zu werben, die nahelegen, dass die Gesundheit durch die Nichtverwendung des Arzneimittels beeinträchtigt oder durch die Verwendung verbessert werden könnte. Die Regelung ist etwas missglückt, da sie bei weiter Aus­legung einem Werbeverbot für Prophylaktika und Therapeutika gleichkommen könnte. Denn deren Anwendung/Nichtanwendung bedeutet bei drohender oder vor­liegender Erkrankung regelmäßig eine Verbesserung oder Verschlechterung der Gesundheit. Über den Anwendungsbereich dieses Verbots besteht in der juristischen Literatur daher Uneinigkeit. Überzeugend ist die Auffassung, dass hinsichtlich der Verbesserung des Gesundheitszustands nur solche Aussagen erfasst sind, die eine Verbesserung eines normalen, guten Gesundheitszustands suggerieren, da sie gesunde Personen zur unnötigen Einnahme von Heilmitteln verleiten könnten.

Werbevorträge: Der persönliche Kontakt im Rahmen eines Vortrags kann bei den Zuhörern zu einem größeren Vertrauen des Publikums führen oder auch den psychischen Kaufdruck steigern. Beides könnte zu einer unüberlegten Kaufentscheidung führen. Für Heilmittel darf der Apotheker daher nicht in Werbevorträgen werben, mit denen ein Feilbieten oder die Entgegennahme von Anschriften verbunden ist. Das Verbot gilt für jegliche Form von Vorträgen, ob live oder per Video, die mindestens als Nebenzweck der Absatzförderung von Heilmitteln dienen. Nicht erfasst ist dagegen die individuelle Ansprache in der Offizin oder ein allgemeiner Vortrag ohne eine Entgegennahme von Anschriften.

Schleichwerbung: Werblichen Äußerungen stehen Verbraucher grundsätzlich skeptischer gegenüber als objektiven Aussagen. Sie können eher verleitet sein, ein Heilmittel zu erwerben, wenn sie werbliche Anpreisungen nicht als solche erkennen. Unzulässig ist es daher, mit Veröffentlichungen, wie Zeitungsbeiträgen, Newslettern oder Prospekten, für Heilmittel zu werben, deren Werbezweck missverständlich oder nicht deutlich erkennbar ist. Maßgeblich ist der auf den ersten Blick vermittelte Eindruck der Gestaltung. Insbesondere dürfen Werbeanzeigen nicht wie redaktionelle Beiträge wirken und müssen deutlich mit „Anzeige“ gekennzeichnet sein. Influencerbeiträge für Arznei­mittel sind nicht nur unter diesem Gesichtspunkt problematisch.

Äußerungen Dritter: Positive Äußerungen (vermeintlich) unabhängiger Dritter, seien sie real oder erfunden, in der Werbung kann der Verbraucher nicht nachprüfen. Sie verleiten eher zu einem Heilmittelkauf, beispielsweise, weil sich der Verbraucher mit dem Dritten als Leidensgenossen identifiziert oder der Dritte aufgrund eigener Erfahrungen eine besondere Sachkunde suggeriert. Mit Äußerungen Dritter oder auch dem bloßen Hinweis darauf darf nicht geworben werden, wenn dies in einer missbräuchlichen, abstoßenden oder irreführenden Weise erfolgt. Missbräuchlich ist die Verwendung von Äußerungen, wenn sie in unsachlicher oder unangemessener Weise erfolgt. Übertreibungen oder die auf das Positive verkürzte Wiedergabe von Äußerungen sind danach unzulässig. Abstoßend sind Äußerungen, die erhebliche Angstgefühle hervorrufen, und irre­führend ist die Verwendung, wenn sie falsche Vorstellungen bei den Verbrauchern auslöst.

Werbung gegenüber Kindern: Bei Kindern in jüngerem Alter ist die Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung ungleich höher, da sie altersbedingt die Werbung zu Heilmitteln nicht kritisch einordnen können. Aus diesem Grund sind Werbemaßnahmen für Heilmittel, die sich ausschließlich oder überwiegend an Kinder unter 14 Jahren richten, unzulässig. Die Ausrichtung auf Kinder als Zielgruppe kann sich beispielsweise aus dem Werbemedium (Kinderzeitschrift, Internetseite für Kinder), der Wahl einer kinderfreundlichen Sprache oder der Form der Werbung (z. B. Zeichentrickfilm, Comic) ergeben.

Aleatorische Werbung: Preisausschreiben, Verlosungen und ähn­liche vom Zufall abhängige Verfahren appellieren an die Spiellust der Verbraucher und reizen daher besonders, sachliche Erwägungen bei der Kaufentscheidung außer Acht zu lassen. In Bezug auf Heilmittel darf mit ihnen nicht geworben werden, sofern sie einer unzweckmäßigen oder übermäßigen Verwendung von Arzneimitteln Vorschub leisten. Das ist beispielsweise der Fall, wenn das Arzneimittel selbst Gegenstand der Verlosung ist oder die Teilnahme mit dem Kauf eines bestimmten Arzneimittels verknüpft würde.

Muster/Proben: Arzneimittel, Muster oder Proben davon, sowie Gutscheine für Arzneimittel dürfen nicht zu Werbezwecken ausgegeben werden. Nicht nur die kostenlose Abgabe ist unzulässig, sondern auch die vergünstigte Abgabe zu Erprobungszwecken. Hinsichtlich Heilmitteln, die keine Arzneimittel sind, ist das Gesetz weniger streng. Muster und Proben sowie Gutscheine dürfen nur dann nicht abgegeben werden, wenn dies durch die Apotheke unaufgefordert erfolgt. Auf konkrete Frage des Kunden nach Mustern, Proben und Gutscheinen ist eine Herausgabe dagegen zulässig.

Geltung für Medizinprodukte

Medizinprodukten misst der Gesetzgeber ein geringeres Gefährdungspotenzial als Heilmitteln bei, weshalb nur ein Teil der oben beschriebenen Werbeverbote für Medizinprodukte gilt, nämlich die Werbung mit positiven Wirkungen, Werbevorträgen, Schleichwerbung, Äußerungen Dritter und gegenüber Kindern.

Vergleichende Werbung

Unzulässig ist es nach § 11 Abs. 2 HWG außerdem, gegenüber Verbrauchern mit Angaben zu werben, die nahelegen, dass die Wirkung des Arzneimittels einem anderen Arzneimittel oder einer anderen Behandlung entspricht oder überlegen ist. Die Werbung muss sich unmittelbar oder mittelbar auf ein konkretes Arzneimittel oder eine konkrete Behandlung beziehen und dem Verbraucher vermitteln, dass er genauso gut oder sogar besser das beworbene Arzneimittel verwenden kann. Unzulässig wäre es für den Apotheker beispielsweise, ein Originalpräparat und ein Generikum in der Verbraucherwerbung preislich gegenüberzustellen. Die Aufnahme beider Produkte in eine Kundenwerbung mit unterschiedlichen Preisen, ohne dass die beiden Arzneimittel miteinander gleichgesetzt werden, ist hingegen zulässig.

Fazit und Ausblick

Zahlreiche, vom Gesetzgeber nicht immer klar gefasste Werbeverbote sind von der Apotheke zum Schutz der Verbraucher in der Heilmittelwerbung zu beachten. Eine tolle Marketingidee kann hierdurch rasch ausgebremst werden. Ist sichergestellt, dass die Arzneimittelwerbung nicht gegen spezielle Werbeverbote verstößt, stellt sich noch das Problem der Pflichtan­gaben, mit denen sich der nächste Beitrag befassen wird. |

Dr. Timo Kieser und Dr. Svenja Buckstegge, Oppenländer Rechtsanwälte Stuttgart

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