Management

Ist Ihre Apothekeneinrichtung kundenorientiert?

Unterschätzen Sie nicht die „Wohlfühlfaktoren“

Die Beratungskompetenz eines Apothekenteams, gepaart mit aufrichtigem Interesse und Freundlichkeit, ist unbestritten wichtig für die Kundenbindung. Doch es gibt noch weitere Fak­toren, die das Wohlfühlen (und die Kaufbereitschaft) eines Kunden in „seiner“ Apotheke positiv beeinflussen. Und auch sie festigen die Kundenbindung. Dieser Beitrag will Ihnen hierzu einige Anregungen geben.

An der rechten Hand die dreijährige Tochter, in der linken zwei Einkaufstüten, stemmt eine Kundin mit Schultereinsatz die Eingangstür der Apotheke auf. Im Slalomschritt arbeitet sie sich vor zum HV-Tisch, vorbei an Sonderregalen und Zweitplatzierungen. Die von ihr benötigte Waschlotion, die in Kniehöhe ihrer Tochter im Regal steht, übersieht sie dabei. Mit den mangels Platz auf dem Ablagebrett zwischen die Beine geklemmten Tüten löst sie ihr Rezept ein – und geht. Ein eintretender Kunde hält ihr freundlich die Tür auf.

Prüfen Sie die „Willkommenselemente“

Schlüpfen Sie einmal ganz bewusst in die Rolle eines Kunden. Gehen Sie während der Öffnungszeiten vor die Eingangstür und sehen Sie sich Ihre Apotheke durch die Kundenbrille von außen an:

  • Ist das Umfeld sauber und freundlich?
  • Wenn Sie mit dem Fahrrad unterwegs wären, wo könnten Sie es abstellen?
  • Wo können Hundebesitzer ihren Vierbeiner anbinden?
  • Bietet Ihr Schaufenster einen Blickfang? (Siehe hierzu auch AZ 2017, Nr. 32/33, S. 6)

Jetzt gehen Sie hinein in Ihre Apotheke:

  • Wenn Sie eine Automatiktür haben: Aus welcher Entfernung und wie schnell öffnet sie sich? Müssen Sie kurz stoppen, um nicht dagegenzulaufen?
  • Falls Sie eine mechanische Tür haben: Wie leicht oder schwer lässt sie sich öffnen?
Foto: Chlorophylle – stock.adobe.com
Wie einladend präsentiert sich Ihre Apotheke von außen? Machen Schaufenster und Eingangsbereich Lust, die Apotheke zu betreten?

Nun prüfen Sie, welche Eindrücke Ihre Sinne spontan im Apotheken­inneren wahrnehmen:

  • Wie hell oder düster wirkt die Offizin?
  • Wie empfinden Sie die Farb­gebung? Freundlich oder kühl?
  • Was signalisiert Ihre Nase? Frische oder Krankenhaus?
  • Wie behagt Ihnen die Raum­temperatur? Ist sie angenehm oder zu warm/zu kalt?

Achten Sie auch auf weitere „Willkommensfaktoren“ aus Kundensicht:

  • Gibt es einen Schirmständer?
  • Können Sie sich bei Bedarf setzen?
  • Gibt es potenzielle Stolperfallen, wie den welligen Schmutzfangläufer?
  • Sind die Regale staubfrei?

Tipp

Viele aus Kundensicht wahr­genommene Willkommens­faktoren lassen sich – mit Ausnahme einer Automatiktür – ohne großen Aufwand her­stellen oder optimieren.

Berücksichtigen Sie die Verhaltensmuster der Kunden

Betritt ein Kunde eine Apotheke, wird er sich zunächst kurz orientieren.

Daher empfindet er Sonderregale auf den ersten zirka 1,5 Metern hinter der Eingangstür als Störfaktor. Zudem gilt diese Zone als aufmerksamkeitsschwacher und damit auch verkaufsschwacher Bereich.

Die meisten Menschen folgen beim Betreten eines Geschäftes automatisch einem inneren Rechtsdrall. Sie bewegen sich also entgegen dem Uhrzeigersinn. Dieses Verhaltensmuster ist für die Warenplatzierung in der Frei- und Sichtwahl wichtig, denn die vom Kunden aus gesehen rechte Seite der Offizin ist „attraktiver“ als die linke.

Tipp

In den Regalen auf der rechten Seite sollten schwerpunkt­mäßig die Angebote zu finden sein, die Aktions-Charakter haben, die Impulskäufe anregen oder die als „förderungswürdig“ eingestuft sind.

Aber Vorsicht vor zu viel des Guten: Zweitplatzierungen, Sonder­regale und kunstvoll aufgebaute Produkttürme signalisieren zwar ein breites Freiwahlangebot, aber sie lassen die Offizin auch überfrachtet wirken. Zudem wird es Kunden mit Kinderwagen oder Einkaufstüten erschwert, sich ungehindert zu bewegen. Weniger – das aber sinnvoll und ansprechend platziert – ist daher wie so oft mehr.

Die Freiwahl soll das freie Wählen fördern

Kunden wollen sich in der Freiwahl schnell zurechtfinden und nicht suchen müssen. Sie wollen den gewünschten Artikel problemlos entnehmen können, um den Preis und/oder die Produktinformationen zu lesen. So ist es für die Orientierung des Kunden hilfreich, wenn die einzelnen Sortimentsbereiche deutlich sichtbar gekennzeichnet sind.

Tipp

Stellen Sie sicher und prüfen Sie, dass alle Artikel tatsächlich zu dem jeweils gekennzeichneten Sortimentsbereich ge­hören.

Dem Kunden wird der unmittel­bare Vergleich von Angeboten leichter gemacht, wenn indikations- oder ereignisähnliche Produkte übersichtlich als vertikaler Sortimentsblock zusammen­gestellt sind. Nur bei Kosmetika verschiedener Hersteller ist es sinnvoll, nach Markenprogrammen zu sortieren.

Die Regalbefüllung

Der beschriebene Rechtsdrall der Menschen gilt auch für den Blick und den Griff ins Regal. Bei der Platzierung von Artikeln auf einer Ebene gilt daher:

  • Links: kleine Packungen, preiswerte Angebote
  • Rechts: große Packungen, höherpreisige Angebote

Damit diese Angebote aber auch tatsächlich wahrgenommen werden und eine plakative Wirkung entfalten können, müssen sie einen bestimmten Raum ein­nehmen. Eine Regalstrecke von 20 Zentimetern gilt hier als Richtmaß.

Tipp

Achten Sie auf „Grifflücken“ oder die Anordnung in Treppenform. Beides signalisiert, dass hier schon andere Kunden zugegriffen haben, also Nachfrage.

Doch immer wieder sieht man in Apothekenregalen eine einzige einsame Packung eines Produktes oder einer Packungsgröße. Bei allem Verständnis für die Warenwirtschaft: Diese „Rest­packungen“ sind nahezu unverkäuflich. Kunden sehen sie entweder als Muster zur Erprobung oder als Altware an, die, wenn überhaupt, nur widerwillig gekauft wird.

Ebenso problematisch ist die Regalbefüllung mit nur einer vorderen Reihe. Denn Kunden scheuen sich, dieses „Display“ zu zerstören, wenn sie einen Artikel entnehmen.

Als wenig kundenfreundlich erweisen sich übrigens die zunehmend eingesetzten elektronischen Preisschilder. Ab Bauchhöhe und tiefer sind sie kaum noch und für Träger von Gleitsichtbrillen überhaupt nicht mehr lesbar. Probieren Sie es aus!

Ergänzend noch eine Empfehlung: Wenn Sie schriftliche Informationen für bestimmte Produkte oder Indikationen zur Verfügung haben (von den Herstellern oder aus Eigenproduktion), dann bieten Sie diese doch bei den entsprechenden Artikeln als zusätzliches Angebot in einem Dispenser zum Mitnehmen an.

Nicht alle Regalzonen sind gleich gut erreichbar, so können sie im Verkauf auch unterschiedlich genutzt werden. Erläuterungen zu den Zonen siehe im Text.

Die Regalzonen

Um die Warenpräsentation für Ihre Kunden zu optimieren, ist es nützlich, die Präsentations- und damit Abverkaufsstärke der einzelnen Regalzonen zu kennen. Die übliche Einteilung heißt Reck-, Sicht-, Griff- und Bückzone.

  • Die Reckzone liegt in der Regel höher als 1,60 Meter. Hierhin gehören entweder dekorative oder auffällige, aber keinesfalls schwere Artikel. Kunden werden häufiger Ihre Hilfe erbitten, wenn sie einen Artikel aus diesem Bereich erwerben wollen.
  • Darunter befindet sich, in Augenhöhe der Kunden, die Sichtzone. Ausgehend von der durchschnittlichen Größe beider Geschlechter, liegt die Augen­höhe bei ca. 1,20 bis 1,60 Metern. Die Sichtzone wird naturgemäß am ehesten wahrgenommen und gilt daher als besonders verkaufsstark. Hier sollten die für Ihre Kunden (und für Sie) attraktivsten und förderungswürdigsten Angebote zu finden sein.
  • In der Griffzone werden beratungsarme preiswerte Artikel platziert. Die übliche Höhe liegt zwischen 0,80 bis 1,20 Metern.
  • Sogenannte Such-Artikel, also Produkte, die der Kunde auf jeden Fall sucht, und natürlich schwere Packungen gehören in die Bückzone unterhalb von 80 Zentimetern.

Überprüfen Sie einmal selbst aus dem Blickwinkel Ihrer Kunden, welche Platzierungen von welcher Position aus in Ihrer Apotheke auffallen sowie welche Regal­flächen gut und welche weniger gut zu erreichen sind.

Rund um den HV-Tisch

Am HV-Tisch stehen sich zwei Partner gegenüber: der Kunde und Sie. In einer solchen Situation erheben Menschen instinktiv einen „Revieranspruch“. Denken Sie zurück an die Grundschulzeit: Das zwischen Ihnen und dem Banknachbarn aufgestellte Federmäppchen diente der Markierung des jeweiligen Reviers. So teilt auch der Kunde den HV-Tisch gedanklich mit einer horizontalen Mittellinie und betrachtet die ihm zugewandte Hälfte als „seinen“ Raum. Doch dieser Raum ist in aller Regel bereits besetzt – durch Zahlteller, Körbchen und Displays. Nur sehr selbstbewusste Kunden schaffen sich ein wenig Platz, um wenigstens kurz etwas ablegen zu können. Natürlich spricht nichts gegen das Animieren zu Spontankäufen mit attraktiven und/oder ungewöhnlichen Angeboten – Zahlteller mit absoluten Langsamdrehern wie Maniküre-Artikel zählen jedoch keinesfalls dazu.

Tipp

Insbesondere diesen zentralen „Point of Sale“ sollten Sie einer kritischen Überprüfung daraufhin unterziehen, ob er auch und vor allem den Bedürfnissen Ihrer Kunden gerecht wird.

Wirklich ärgerlich ist es für Kunden, wenn das nützliche Ablagebrett für Taschen, wie oft zu beobachten, mit Kundenzeitschriften, Flyern und Minidisplays belegt ist.

Kunden wünschen Beratungsgespräche ohne Zuhörer

Zu den zentralen Kundenbedürfnissen zählt in einer Apotheke, im Bedarfsfall einen diskreten Dialog führen zu können. (Diesem Anliegen entspricht § 4 der Apothekenbetriebsordnung.) Bei Gesprächen mit vertraulichen oder „peinlichen“ Inhalten ist das natürliche Bestreben des Kunden, die Distanz zu seinem Ansprechpartner zu verkürzen und das Mithören durch Dritte zu vermeiden. In dieser Situation ist es für beide Beteiligten angenehm, wenn der HV-Tisch eine Übereck-Position und damit leises Sprechen zulässt. Alternativ empfiehlt es sich, den HV-Tisch zu verlassen und mit dem Kunden in einen weniger frequentierten Bereich der Offizin zu gehen.

Sehr positiv bewerten Kunden das Angebot einer Beratungsecke, die inzwischen in vielen Apotheken zu finden ist. Dieser Bereich steht für ausführlichere Beratungsgespräche und Dienstleistungen wie Blutdruckmessungen zur Verfügung, das Sitzangebot wird aber auch gerne schlichtweg zum Verschnaufen genutzt oder um eine Wartezeit zu überbrücken. Damit ist dieser Platz gut geeignet, um hier informative Flyer und Handzettel auszulegen.

Eher selten werden Kunden in einen gesonderten Beratungsraum gebeten. Falls Sie über ein solches Angebot verfügen, dann sollte dieser Raum unbedingt den Charakter Ihrer Apotheke widerspiegeln. Kartons, Deko-Restbestände, Papierstapel … all das hat hier nichts zu suchen und wirkt auf Kunden einfach unprofessionell.

Was sich Kunden sonst noch wünschen ...

Abschließend seien hier sechs Wünsche wiedergegeben, die Apothekenkunden immer wieder äußern und deren Erfüllung durchaus zur Profilierung als kunden­orientierte Apotheke beitragen kann:

1. Namensschilder mit Nennung der Funktion (Apothekerin, PTA) und ggf. der Spezialkenntnis (Impfberater, Ernährungs­beraterin).

2. Abholautomaten oder -fächer, aus denen Medikamente auch außerhalb der Öffnungszeiten problemlos entnommen werden können.

3. Papier- statt Plastiktüten.

4. Wasserspender zur unmittel­baren Einnahme von Arznei­mitteln oder zur Erfrischung.

5. Die kleine „Infothek“ mit Literatur zu Natur- und Hausmitteln, gesunder Ernährung, Reise­impfungen ...

6. Bei dringendem Bedarf das WC nutzen zu dürfen.

Sie sehen, es sind häufig nur „Kleinigkeiten“, die dazu beitragen, durch Wohlfühlfaktoren in Ihrer Apotheke die Kunden­bindung zu erhöhen. |

Cornelia Tromm, Kommunikations­beraterin, -trainerin und -coach, www.cornelia-tromm.de

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