Foto: BillionPhotos.com - Fotolia.com

Management

Grundkurs Apothekenmarketing

Teil 14: Kommunikationspolitik

Mit den Instrumenten der ­Kommunikation werden Be­ziehungen geschaffen und ­gepflegt und damit Einstellungen sowie Verhalten von Personen beeinflusst. Die Intensität und die Qualität der Kommunikation sind daher wichtige ­Faktoren für den Erfolg von Apotheken. Von Dieter Benatzky

Von der Werbepsychologie lernen wir, dass alle aufgenommenen Informationen beim Empfänger eine Wirkung entfalten und schließlich sein Denken und Handeln beeinflussen. Die ganze Spannbreite der Wirkungsweise kommunikativer Maßnahmen kann mit Wirkungsstufen von der ersten Aufmerksamkeit bis zum Kaufentschluss beschrieben werden. Sie zeigen, dass die Wirkungen von Werbeinformationen einen Entwicklungsprozess darstellen, der ständig gepflegt werden muss. Das traditionelle und bis heute gültige Konzept hierfür ist die ­sogenannte AIDA-Formel der Wirkungsstufen der Kommunikation (s. Abb. 1).

Abb. 1: Die Wirkungsstufen der Kommunikation

Bei den Wirkungsstufen 1 bis 3 handelt es sich um die psychologischen Ziele der Kommunikation, die Wirkungsstufe 4 stellt das ökonomische Ziel dar. Die kommunikativen Maßnahmen innerhalb der Apotheke (Instore-Kommunikation) und außerhalb der Apotheke (Outstore-Kommunikation) verfolgen diese Ziele in unterschiedlicher Weise. Die Schwerpunkte der Instore-Kommunikation liegen naturgemäß bei der Erreichung der ökonomischen Ziele, das heißt der Abgabe von Arzneimitteln bzw. des ­Verkaufs von Artikeln des Nebensortiments. In der Apotheke sollen die Kunden zum Produkt geführt werden und den letzten ­Anreiz zum Kauf erhalten. Die Outstore-Kommunikation ist schwerpunktmäßig für Aufmerksamkeit, Bekanntheit und Image verantwortlich.

Alle kommunikativen Maßnahmen inner- und außerhalb der Apotheke müssen als Einheit gesehen und immer formal, inhaltlich und zeitlich abgestimmt ­werden. Die formale Abstimmung erfolgt über das Corporate Design. Das Corporate Design als Teil der Corporate Identity sorgt für das einheitliche Erscheinungsbild der Apotheke, es legt das Logo, die Farbwelt und weitere Stilelemente für kommunikative Maßnahmen fest.

Es gilt die Grundregel, dass alle kommunikativen Maßnahmen, welche die Kunden bzw. Patienten direkt ansprechen, Vorrang haben vor denen, welche sie nur ­indirekt erreichen. Dabei haben alle Maßnahmen in der Apotheke, also der Instore-Kommunikation, Vorrang vor den Maßnahmen ­außerhalb der Apotheke.

Instore-Kommunikation: Maßnahmen am POP

Der auf den Apotheken lastende wirtschaftliche Druck erfordert eine permanente Erhöhung der Packungszahlen bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln und darüber hinaus rentable Zusatzumsätze durch Sicht- und Freiwahl. Daher haben der OTC-Bereich und das Randsortiment eine wachsende Bedeutung. Um hier erfolgreich zu sein, muss das gesamte Instrumentarium der Instore-Kommunikation professionell eingesetzt werden. Synonyme Begriffe hierfür sind ­Instore-Marketing, Verkaufsförderung am Point of Purchase (POP) oder auch – eher aus Sicht der Industrie – Trade Marketing.

Zur Instore-Kommunikation gehören alle Maßnahmen in der Offizin und im Schaufenster, die geeignet sind, Kaufinteresse der Apothekenkunden auszulösen und Umsatz sowie Ertrag der Sicht- und Freiwahl zu optimieren. Die Outstore-Kommunikation sowie die klassischen Medien bringen Marken und Produkte in den Kopf der Menschen, aber Maßnahmen am Point of Purchase bringen diese in die Einkaufstasche.

Mit den Maßnahmen am Point of Purchase verfolgen Apotheken nicht nur die Optimierung von Umsatz und Ertrag einzelner Artikel, sondern von Sortimenten und Teilsortimenten in Form von Indikations- bzw. Warengruppen. Außerdem soll Instore-Kommunikation die Profilierung der Apotheke unterstreichen und ein unverwechselbares Image bei den Konsumenten erzielen.

Industrie: Pull oder Push

Die Industrie sieht das etwas anders. Dies muss daher näher ausgeführt werden. Für die Industrie ist der Point of Purchase „Apotheke“ ebenso von großer Bedeutung. Der Industrie geht es aber nicht um die Förderung von Sortimenten, sondern – verständlicherweise – nur um ihr eigenes Produkt, dessen Abverkauf gesteigert werden soll. Für die Industrie gibt es zwei Strategien, um in der Offizin verkaufsstark platziert zu sein. Finanzstarke Markenartikler halten sich an die Pull-Strategie. Ihr Ziel ist es, in möglichst vielen Apotheken vertreten zu sein. Mit umfassender Medienwerbung, insbesondere durch emotionsstarke Fernsehwerbung, generieren sie Interesse bei den Konsumenten und damit eine entsprechende Nachfrage, welche sozusagen die Produkte aus der Apotheke „herausziehen“ (to pull = ziehen). Natürlich werden solche Produkte gern in der Apotheke geführt und entsprechend platziert.

Die alternative Strategie ist die Push-Strategie. Sie wird von weniger finanzstarken Unternehmen bzw. von Herstellern von Spezial- oder Nischenprodukten verfolgt. Dabei verzichtet man im Wesentlichen auf teure Publikumsumwerbung und die Generierung von Konsumentennachfrage. Stattdessen werden die Produkte in die Apotheken „hineingedrückt“ (to push = drücken). Da zunächst keine Nachfrage nach diesen Produkten vorhanden ist, müssen sie zuerst mit entsprechend günstigen Konditionen in die Apotheken hineinverkauft und dort verkaufsaktiv platziert werden. Zudem ist es die Aufgabe der Industrieverkäufer, die Apotheker mit Werbemitteln und auch Werbekostenzuschüssen zu verkaufsfördernden Maßnahmen in der Offizin bzw. im Schaufenster zu bewegen.

Konkrete Maßnahmen

Die Instore-Kommunikation umfasst eine Vielzahl von Maßnahmen und Entscheidungen, die etwa wie folgt umrissen werden können:

Offizingestaltung: Hierzu gehören das Offizin-Layout, die Raumaufteilung oder „Space Utilisation“ sowie die Unterstreichung der Offizin-Atmosphäre durch akustische und olfaktorische Reize. Das Offizin-Layout soll für eine optimale Kundenfrequenz und ebenfalls für eine gute Orientierung der Kunden sorgen. Es richtet sich nach den Gegebenheiten der Eingänge sowie der Lage des HV-Tisches, der immer Hauptzielpunkt der Apothekenkunden ist. Im Rahmen der Raumaufteilung muss zunächst die Flächenzuteilung für die einzelnen Warengruppen erfolgen. Danach wird bestimmt, welche Produkte der einzelnen Warengruppen wie umfangreich platziert werden (qualitative Raumaufteilung). Die vorhandene Verkaufsfläche ist der Engpassfaktor, der nur eine begrenzte Anzahl von Produkten pro Warengruppe zulässt. Passende Hintergrundmusik und Beduftung als akustische bzw. olfaktorische Reize fördern erwiesenermaßen das Wohlbefinden der Apothekenkunden und erhöhen die Verweildauer mit der Chance auf zusätzliche Käufe. Hier gilt ­allerdings die Regel, dass die ­Hintergrundmusik so leise sein muss, dass sie fast nicht wahrgenommen wird. Dasselbe gilt für die Beduftung. Auch sie darf nicht auffallen; die positive Wirkung geschieht ausschließlich im Unterbewusstsein der Kunden.

Warenplatzierung: Innerhalb jeder Warengruppe wird jedem Artikel ein definierter Regalplatz zugewiesen, und zwar in horizontaler und in vertikaler Hinsicht. Die Regalplätze haben unterschiedliche Wertigkeiten. Was die horizontalen Regalböden angeht, so richten die Kunden ihre größte Aufmerksamkeit auf die Regalmitte und auf die Regalplätze rechts der Mitte. Die Wahrnehmung und Wertigkeit steigen, wenn der Artikel mehrfach platziert ist und eine Kontaktstrecke von etwa 30 cm erreicht. Artikel in Sichthöhe haben bessere Verkaufschancen als Produkte, die oberhalb oder unterhalb des Sichtbereiches liegen. Hochwertige Produkte sollten also in der Sichtzone (121 bis 160 cm) und ebenfalls in der Reckzone (ab 161 cm) platziert werden. Top-­Seller, Neuheiten und Aktions­artikel haben sinnvollerweise ihren Platz in der Griffzone (81 bis 120 cm). Preiseinstiegsprodukte sowie Schnelldreher mit niedriger Handelsspanne werden in der Bückzone platziert (bis 80 cm).

Die Kunden orientieren sich am Regal zunächst vertikal. Daher sollte die Platzierung der Artikel vertikal vorgenommen werden. Produkte der gleichen Marke werden zu Markenblöcken zusammengefasst, um die verkaufsfördernde Wirkung zu erhöhen.

Die Platzierungsbreite sollte sich immer nach der Marktbedeutung und auch nach den aktuellen Werbeaktivitäten in den Publikumsmedien richten. Zur Förderung von Verbundkäufen werden diejenigen Warengruppen, die aus Sicht der Konsumenten einen Verwendungs- bzw. Bedarfszusammenhang haben, in direkter Nachbarschaft platziert. Zweit- und Sonderplatzierungen unterstützen in der Saison oder bei Aktionen den Abverkauf der entsprechenden Produkte, sollten aber immer zeitlich begrenzt sein.

Schaufenster: Diese sind nach wie vor die wichtigsten kommunikativen Medien zu den Passanten. Die wichtigsten Regeln für die Schaufenstergestaltung sind:

  • klares Thema,
  • wirksamer Blickfang,
  • aussagefähige Warenpräsentation sowie
  • Licht, Licht, Licht.

Schaufenster sollen Aufmerksamkeit erregen, Interesse wecken und möglichst die Konsumenten zum Betreten der Apotheke bewegen. Was die Schaufenster versprechen, muss in der Apotheke ge­boten werden. Es ist sinnvoll,

die Schaufenster zur Profilierung, zu saisonalen Angeboten und zur aktuellen Werbung zu nutzen und dabei die entsprechenden Produkte bzw. Dienstleistungen zu präsentieren.

Verkaufsförderung: Hierunter fallen zunächst alle Displays und Handzettel. Diese haben – richtig eingesetzt – durchaus ihre Berechtigung. Insbesondere Handzettel können eine wirkungsvolle Werbung sein, wenn sie mit einem entsprechenden Hinweis überreicht werden. Promotions-Aktionen beleben die Offizin und fördern die Kundenfrequenz. Sie sollten rechtzeitig eingeplant und mit Industrieunterstützung durchgeführt werden. Außerdem können Multimedia-Terminals – ebenfalls mit Industriebeteiligung – eine positive Wirkung auf die Verweildauer und das Kaufverhalten haben.

Bei all dem muss immer bedacht werden, dass die Apotheke ihr ­eigenes Profil wahrt und nicht zu einer „Deko-Wüste“ mit einem Sammelsurium von Industrie-­Displays verkommt. Eine Häufung von Werbeaufstellern kann bei den Kunden zu einem Gefühl der Enge und zu Reizüberflutung führen. In der Literatur wird ­dieser negative Zustand als „Crowding-Effekt“ beschrieben. Dies muss unbedingt vermieden werden.

Steuerung mit Waren­gruppen-Management

Das Warengruppen-Management ist die Klammer für sämtliche Marketingmaßnahmen in der Apotheke. Beim Marketing gibt es kein Patentrezept für alle Apotheken gleichermaßen, sondern jede Apotheke verfolgt ihre eigenen Ziele mit ihrem eigenen Konzept. Dies gilt für ihr Profil und für alle kommunikativen Maßnahmen und Aktionen im Jahresablauf. Dabei müssen die einzelnen Warengruppen genau verfolgt werden, um den Ertrag zu optimieren.

Als Grundinformationen für ein gezieltes Warengruppen-Management benötigt der Apotheker für jeden Artikel den Rohertrag als Differenz zwischen Umsatz zum Verkaufspreis und Umsatz zum Einkaufspreis. Wenn möglich, sollte durch Subtraktion der direkten Kosten jeweils die direkte Produktprofitabilität ermittelt werden. Das wäre eine sehr gute Steuerungsgröße. Des Weiteren wird der Lagerumschlags-Koeffizient für jeden Artikel benötigt. Hiernach können die Artikel wie folgt klassifiziert werden:

Bei Produkten mit niedrigem Rohertrag bzw. niedriger direkter Produktprofitabilität und niedrigem Warenumschlag müssen zunächst Preiserhöhungen vorgenommen und die Einkaufskonditionen überprüft werden. Außerdem ist die Platzierungsbreite zu reduzieren, ggf. müssen diese Artikel sogar ausgelistet werden.

Ganz anders Produkte mit hohem Rohertrag und niedrigem Warenumschlag: Hier sollten Maßnahmen ergriffen werden, um den Warenumschlag zu erhöhen. Für diese Artikel sollten Instore-Maßnahmen ergriffen werden, wobei auch die Industrie mit Verkaufshilfen und Aktionen helfen kann, zudem sind zeitlich begrenzte Zweitplatzierungen denkbar.

Haben die Artikel jedoch einen hohen Warenumschlag und einen niedrigen Rohertrag, dann muss alles unternommen werden, um die Profitabilität zu steigern. Es handelt sich offenbar um attraktive Produkte, die von den Kunden nachgefragt werden. Hier muss der Rohertrag erhöht werden, was durch Sonderkonditionen der Industrie und auch moderate Preiserhöhungen geschehen kann.

Schließlich gibt es selbstverständlich Artikel mit hohem Rohertrag und hohem Lagerumschlag. Das sind die Stars im Sortiment. Hier kann die Platzierung ausgeweitet werden, auch Zweit- und Sonderplatzierungen sind sinnvoll. Außerdem gehören diese Produkte in die Schaufenster (s. Abb. 2).

Abb. 2: Warengruppen-Management zur Ertrags-Optimierung. Ständige ­Überprüfung der Artikel in den Warengruppen nach Rohertrag und Waren­umschlag.

Der letzte Punkt unseres Grundkurses ist die Outstore-Kommunikation; darüber lesen Sie in einer der nächsten Ausgaben der Apotheker Zeitung. |

Prof. Dr. Dieter Benatzky


Prof. Dr. Dieter Benatzky ist Leiter des Instituts für Gesundheitswirtschaft in Bad Endorf und emeritierter Professor für Marketing an der FH Rosenheim


Das könnte Sie auch interessieren

Teil 13: Preispolitik

Grundkurs Apothekenmarketing

Teil 2: Der Marketingmix als klassisches Instrument für Apotheken

Grundkurs Apothekenmarketing

Teil 12: Sortiments- und Dienstleistungspolitik

Grundkurs Apothekenmarketing

Teil 15: Outstore-Kommunikation

Grundkurs Apothekenmarketing

Zur Bewirtschaftung des apothekenüblichen Ergänzungssortiments

Das Potenzial der Freiwahl nutzen

Teil 9: Das Apothekenprofil entwickeln

Grundkurs Apothekenmarketing

So wird Ihr Schaufenster zum „Blick-Fang“

Ihre dreidimensionale Visitenkarte

Teil 10: Wachstumsstrategien für Apotheken

Grundkurs Apothekenmarketing

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.