Management

Der Apotheker und die kognitive Dissonanz

So verhindern der Apotheker und sein Team "Kaufreue"

Der Kunde hat gekauft – doch danach befallen ihn Zweifel: "Habe ich richtig gehandelt? Bin ich wirklich nicht benachteiligt worden? Brauche ich dieses Produkt überhaupt?" Diese Gedanken führen zum Rückzug und zum Misstrauen. In der Psychologie werden diese Selbstzweifel und als unangenehm empfundenen Gefühle mit dem Begriff der "kognitiven Dissonanz" beschrieben. Was kann das Apothekenteam dagegen tun?

Kaufreue durch intensive Beratung vermeiden

Eine der schlimmeren Folgen der kognitiven Dissonanz ist die "Kaufreue": Die Kundin, die sehr teure Kosmetika im Frei- und Sichtwahlbereich gekauft hat, stellt zu Hause fest, dass die Kosmetika (doch) nicht den Zweck erfüllen, den sie sich von ihnen versprochen hat. Ein intensives Beratungs- und Verkaufsgespräch, in dem der Apotheker oder seine Mitarbeiter die Kundin über die Vor- und Nachteile, den Nutzen, aber auch über die möglichen Handikaps aufklären, ist geeignet, die Entstehung jener Kaufreue und negativer Gefühle zu verhindern.

Ähnliches gilt für den Fall, dass die Kundin nun doch noch bedauert, nicht das Alternativprodukt gekauft zu haben. Hätte der Apotheker die Kosmetika mit anderen und ähnlichen Produkten im Vergleich dargestellt, hätte die Kundin sich vielleicht bereits in der Apotheke anders entschieden. Zumindest wäre sie zu Hause und im Nachhinein nicht auf den Gedanken gekommen, sich nicht ausreichend über mögliche Alternativen informiert zu haben.

Mit anderen Worten: Kaufreue kann der Apotheker vor Ort, also im Kundengespräch selbst, durch breit gefächerte Informationen zu den Produkten weitgehend vermeiden.

Selektive Wahrnehmung vermeiden

Des Weiteren muss der Apotheker darauf achten, dass der Kunde die Informationen zum Produkt nicht selektiv wahrnimmt, also nur die positiven Aspekte sieht. Denn die selektive Wahrnehmung mag zwar für die Kaufentscheidung in der Apotheke selbst günstig sein. Sie kann sich aber im Nachhinein als Stolperstein erweisen: Der Kunde lernt die nachteiligen Aspekte erst nach dem Kauf kennen oder wird sich ihrer bewusst. Und dann lehnt er die Kaufentscheidung umso vehementer ab. Im schlimmsten Fall gibt er dem Apotheker die Schuld an dem vermeintlichen Fehlkauf: "Der hat mich nicht richtig beraten und verschwiegen, dass ..." Das führt schließlich zu einer nachhaltigen Störung des Verhältnisses zwischen dem Kunden und der Apotheke.

Darum ist es besser, ein ausführliches Kundengespräch zu führen und mögliche Vorbehalte des Kunden frühzeitig zu erkennen und zu thematisieren. So hat der Apotheker die Möglichkeit, diese sofort im Vieraugendialog auszuräumen.

Unterstützungsmaßnahmen in der Nachbereitungsphase

Das intensive Beratungs- und Verkaufsgespräch ist eine präventive Maßnahme, um die Entstehung negativer Gefühle und der kognitiven Dissonanz zu verhindern. Aber auch wenn das Apothekenteam sich dabei die größte Mühe gibt: Es wird trotzdem immer wieder vorkommen, dass der Kunde einen Kauf bereut oder mit kritischen Augen sieht.

Ein Beispiel dafür ist die "Dominanz des vorherrschenden Motivs": Entgegen seiner Überzeugung, nur eine bestimmte Summe für die Luxuskosmetika auszugeben, hat sich die Kundin durch die Produktvorteile dazu hinreißen lassen, das Portemonnaie über Gebühr zu strapazieren. Das Kaufmotiv, das in der Apotheke noch kaufentscheidend und dominierend war, verliert zu Hause an Wert. Dort, vielleicht auch unter dem Einfluss des Partners, der den (zu) hohen Preis anspricht, verblassen die Produktvorteile im Vergleich zu den Kosten.

Diese nachteiligen Folgen kann der Apotheker durch eine professionelle Nachbereitungsphase wahrscheinlich nicht gänzlich ausmerzen, aber doch minimieren. Er sollte dazu die Einstellung aufbauen, dass der Verkaufsprozess nicht mit dem Abschluss endet, sondern zuweilen erst danach so richtig beginnt. Die Konsequenz: Er überlegt sich – insbesondere für das Hochpreissegment – spezielle Service- und Unterstützungsangebote.

Kunden nach dem Kauf anrufen und belohnen

Das kann zum Beispiel der Anruf bei der Kundin sein, bei dem sich der Apotheker danach erkundigt, ob sie mit dem Kauf (immer noch) zufrieden ist. Sofern sich bei der Kundin mittlerweile die kognitive Dissonanz eingestellt hat, kann der Apotheker relativ zeitnah reagieren und argumentativ begründen, warum der Nutzen den Aufwand rechtfertigt.

Das kann außerdem die Zusendung eines "Unterstützungsproduktes" sein, das der Apotheker der Kundin nachträglich zukommen lässt, nach dem Motto: "Schauen Sie einmal, liebe Frau Kundin, die Hautcreme, die wir Ihnen jetzt noch zukommen lassen, stellt eine Ergänzung zu Ihrem Einkauf gestern dar." Diese After-Sales-Maßnahme stellt eine nachträgliche Belohnung für die Kaufentscheidung der Kundin dar.

Mit der Zusendung des Produkts soll die Richtigkeit des Einkaufs unterstützt werden – selbstverständlich dürfen dem Kunden dabei keine neuen Kosten entstehen. Und ebenso selbstverständlich muss der Apotheker von Einzelfall zu Einzelfall prüfen, ob sich dieser Einsatz für ihn auch lohnt. Aber ein zufriedener Kunde im Hochpreissegment mag solch eine Investition zumindest ab und an rechtfertigen.

Richtigkeit der Kaufentscheidung nachträglich begründen

Eine weitere Maßnahme besteht in der offensiven Ansprache des Kaufs beim nächsten Kundenbesuch in der Apotheke. Natürlich muss sich der Apotheker dabei auf ein recht schwieriges Kundengespräch einstellen, denn jene kognitive Dissonanz ist ja eingetreten – die Kundin beurteilt den Kauf der Luxusartikel als nicht gerechtfertigt. Wenn die Kundin anmerkt, im Nachhinein die Kaufentscheidung bereut zu haben, bittet der Apotheker sie darum, ihre Gründe zu nennen – vielleicht kann er ihnen doch noch argumentativ begegnen.

Dies ist etwa der Fall, wenn die Kundin nach dem Kauf Informationen erhalten hat, die die Richtigkeit ihrer Entscheidung infrage stellen. So hat sie in einer Zeitschrift eine negative Bewertung des Luxusartikels gelesen. Jetzt verfügt der Apotheker über eine Grundlage, mit Argumenten die Kaufentscheidung doch noch zu legitimieren: "Schauen Sie mal, in der Zeitschrift xy ist man zu einem anderen Testergebnis gelangt, nämlich ..."

Zumindest aber erhält der Apotheker in diesem Gespräch wichtige Informationen, die er nutzen kann, um das nächste Beratungsgespräch mit dieser Kundin noch nutzenorientierter zu führen.

Vertrauen aufbauen

Im Übrigen unterstützen die After-Sales-Maßnahmen den Vertrauensaufbau. Vertrauen entsteht allein schon dadurch, dass der Apotheker und sein Team offensiv mit der Problematik umgehen. So signalisieren sie dem Kunden: "Wir beraten unsere Apothekenbesucher nach bestem Wissen und Gewissen, aber es kann immer vorkommen, dass Kunden an einer Kaufentscheidung zweifeln oder diese sich als falsch herausstellt. Aber auch dann stehlen wir uns nicht aus unserer Verantwortung heraus."

Das Team sorgt mithin für positive Kundenerfahrungen – das Erfahrungsvertrauen, das durch die konkreten Erlebnisse entsteht, die der Kunde mit der Apotheke macht, wächst.


Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater



AZ 2012, Nr. 24, S. 7

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