Wirtschaft

Bonität entscheidet: Daumen hoch oder runter

Genaue Prüfung des Kreditnehmers beim Immobilienerwerb

(awd/az). Wer sich den Traum von den eigenen vier Wänden erfüllen möchte und dazu einen Baukredit benötigt, wird von der Bank auf Herz und Nieren geprüft. Die Bonität des Immobilienerwerbers ist entscheidend, ob beim Kreditantrag der Daumen hoch oder runter geht. Zudem kann das Ergebnis, welches in der Fachsprache Rating oder Scoring heißt, auch Einfluss auf die Zinshöhe nehmen. Die einfache Gleichung lautet: je besser das Rating, desto günstiger der Zinssatz. Der Vorteil des Ratings ist die Auswertung zahlreicher objektiver Faktoren, die zu einer rechnerischen Bonitätseinstufung führen.

"Es sind in erster Linie die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Kunden, die auf dem Prüfstand stehen. Aber auch die Bewertung der Immobilie selbst mit verschiedenen Facetten spielt in das Gesamtresultat rein. Das ermittelte Ergebnis gibt der Bank Auskunft darüber, wie hoch die Kreditwürdigkeit beziehungsweise die individuelle Ausfallwahrscheinlichkeit des Kreditnehmers ist. Aufgrund des umfangreichen Verfahrens, das bei jedem Interessenten zur Anwendung kommt, kann man das Rating als neutralen und fairen Weg zur Entscheidungsfindung bezeichnen", so ein Mitarbeiter des Allgemeinen Wirtschaftsdienstes (AWD).

Vielzahl objektiver Kriterien

Ein wichtiges Merkmal ist das Verhältnis von Eigen- und Fremdkapital beim Erwerb von Wohneigentum. Je höher die eigenen Mittel sind, die der Antragsteller in die Gesamtfinanzierung einbringt, desto geringer fällt die Fremdkapitalquote aus. Für das Rating ein positiver Umstand. Wer hingegen für das Gros aller Kosten ein Darlehen benötigt, stellt ein größeres Risiko für die Bank dar und das wirkt sich negativ auf das Scoring aus. In die Bewertung der Bonität fließen sämtliche Vermögensverhältnisse ein. Hier sind Personen mit Ersparnissen oder Sparverträgen im Vorteil gegenüber Kunden, die etwa für Autos oder Urlaube regelmäßig Kleinkredite aufgenommen haben.

Ein maßgeblicher Aspekt ist die bisherige Girokontoführung. Wer hier durch solides Wirtschaften auffällt und das vereinbarte Limit des Dispositionskredits immer einhielt, darf mit einer besseren Einstufung rechnen als Kunden, bei denen Kontoüberziehungen ohne Absprache mit der Bank vorkamen. Denn Disziplinlosigkeiten bei den Finanzen des täglichen Lebens sind nicht gerade eine Empfehlung. Zumal es sich bei Baufinanzierungen in der Regel um hohe Kreditsummen handelt und langfristige Rückzahlungsvereinbarungen. Bei Kreditanfragen von Nichtkunden erfolgt im Normalfall ein Auskunftsersuchen bei der Hausbank zur dortigen Geschäftsverbindung. Fällt diese Bankauskunft nicht zur Zufriedenheit der anfragenden Bank aus, kann das nicht nur zu einer schlechten Bewertung in diesem Punkt führen, sondern auch zur Ablehnung des Kreditantrags.

Eine Schufa-Auskunft ist obligatorisch. Schufa ist die Abkürzung für die etwas sperrige Bezeichnung "Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung". Die Schufa Holding AG mit Sitz in Wiesbaden liefert allen Banken und Sparkassen wichtige Informationen zur Vermeidung von Kreditausfällen aus einer Datei, die wiederum von Daten der Kreditinstitute gespeist wird. So werden unter anderem Girokonten, Kredite und Kreditkarten gemeldet. Kommt im Rahmen des Ratings eine negative Schufa-Auskunft mit zum Beispiel Kontopfändungen, nicht zurückbezahlten oder vielen Kreditaufnahmen heraus, dann ist das meist problematisch.

Immobilie im Blickpunkt

Auch die berufliche und familiäre Situation fließt ins Rating hinein. Arbeitsplatzsicherheit ist ein wichtiger Beurteilungspunkt. Wer lange Zeit im selben Unternehmen arbeitet, erhält sicher ein besseres Scoring als sogenannte Job-Hopper. Das umfangreiche Rating bewertet neben dem Risiko der Arbeitslosigkeit auch die Branche des Arbeitgebers hinsichtlich der Zukunftsperspektiven. Ein weiterer Bewertungsfaktor ist: wird der erlernte Beruf ausgeübt oder nicht. "Die Ermittlung der Bonität ist sehr vielschichtig und detailreich. Es wird aufgrund der gestiegenen Bedeutung mittlerweile ein enormer Zeit- und Arbeitsaufwand in den Finanzinstituten betrieben, um möglichst genaue und aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten", so ein Experte von AWD.

Im Blickpunkt steht neben dem Kreditnehmer die Immobilie zur Bonitätsfeststellung. Dabei bewertet die Bank das Objekt nach mehreren Aspekten. Der Verkehrswert der Immobilie ist dabei sicher zuerst zu nennen. Aber auch die regionale Lage und die gesamte Infrastruktur sind von Interesse. Die bisherige Entwicklung der Immobilienpreise oder die Kaufkraft vor Ort finden in den Bewertungskriterien ebenfalls Berücksichtigung. Selbst der Fall einer Zwangsversteigerung mit einem etwaigen Erlös und den Abwicklungskosten vor Ort wird im Rating bedacht.

Mit der Bonitätseinstufung anhand von wirtschaftlichen und persönlichen Daten führen Banken eine Sicherheitsprüfung durch, die sie selbst vor Kreditausfällen schützen soll. Aber diese Vorgehensweise ist nicht nur zum Nutzen von Kreditinstituten, sondern schützt auch potenzielle Immobilienerwerber vor einer Fehleinschätzung der eigenen Finanzstärke oder gar vor einer unvermuteten Überschuldung.

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