Arzneimittel und Therapie

Atemwegserkrankungen: COPD – ein unterschätztes Krankheitsbild

In Deutschland leiden 10 bis 15% der Erwachsenen an chronischer Bronchitis, einer Vorstufe der COPD (Chronic Obstructive Pulmonary Disease). Obwohl die COPD wesentlich häufiger vorkommt als Asthma bronchiale, ist sie sowohl dem Arzt als auch dem Patienten so gut wie unbekannt. Es besteht zwar wie bei Asthma eine Bronchialobstruktion, Patienten mit COPD zeigen aber einen progredienten, ungleich schwereren Verlauf.

Eine weltweit einheitliche Definition für die COPD gibt es nicht. Die Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Diseases (GOLD) bietet folgende Definition an: "COPD ist eine Lungenerkrankung, bei der eine nicht vollständig reversible Einschränkung des Atemflusses vorliegt. Die Einschränkung des Atemflusses ist fortschreitend und geht mit einer abnormen entzündlichen Reaktion auf inhalative Noxen einher." Diese Definition verzichtet bewusst auf Begriffe wie chronische Bronchitis oder Emphysem, schließt aber Asthma aus, da es sich dabei in der Regel um eine reversible Obstruktion handelt, die einer anderen Behandlung bedarf. Im Allgemeinen werden folgende Krankheitsbilder zum Formenkreis der COPD gerechnet:

  • Chronische obstruktive Bronchitis (COB)
  • Emphysem mit Obstruktion
  • Chronische Bronchitis und Emphysem mit asthmatischer Komponente.

Häufigkeit der COPD

In Deutschland leiden etwa 10 bis 15% Prozent der Erwachsenen an chronischer Bronchitis, einer Vorstufe von COPD. Etwa 10 000 Menschen sterben jährlich daran. Die COPD war noch im Jahre 1990 in der Rangliste der 10 weltweit häufigsten zum Tode führenden Erkrankungen auf Platz 6. Die Bedeutung der COPD wird im Hinblick auf die Mortalitätshäufigkeit in den kommenden Jahren nach Schätzungen der Epidemiologen weiter steigen. Die WHO vermutet, dass die COPD im Jahre 2020 weltweit die dritthäufigste Todesursache sein wird. Insgesamt ist in Deutschland bis zum Jahre 2010 mit einer Zunahme pneumologischer Volkskrankheiten wie COPD, Asthma und Pneumonie von 25% auszugehen.

Risikofaktoren

Nach dem heutigen Erkenntnisstand gibt es mehrere Risikofaktoren, die zu einem gehäuften Auftreten der COPD führen. Der größte ist ohne Zweifel mit 80% das Zigarettenrauchen. Andere inhalative Schadstoffe, wie Pfeife, Zigarre und Passivrauchen stellen zwar weitere signifikante Risikofaktoren dar, sind jedoch dem aktiven inhalativen Zigarettenrauchen weit unterlegen. Weitere Risiken sind in der Luftverschmutzung zu suchen, nur ein kleiner Teil der Erkrankungen ist auf einen erblich bedingten Defekt zurückzuführen.

Abgrenzung COPD - Asthma bronchiale

Bei der COPD kommt es zu einer irreversiblen Schädigung der Lunge. Die akute Entzündung der Bronchialschleimhaut spielt nur eine untergeordnete Rolle. Beim Asthma bronchiale dagegen ist die Lunge lange nicht verändert, alle Symptome können auf eine akut entzündliche Reaktion der Atemwege und Hyperreagibilität zurückgeführt werden.

Da es sich beim Asthma um eine akute Entzündung handelt, sprechen die Patienten sehr gut auf Glucocorticoide an. Diese spielen bei der COPD eine untergeordnetere Rolle. Bei der Differenzialdiagnose von COPD und Asthma ist die Anamnese von besonderer Bedeutung. Während Asthmatiker meistens recht jung sind, betrifft die COPD vor allem Patienten über 40 Jahre.

Unterschiede werden auch besonders beim Auftreten der Atemnot deutlich. Während sie beim Asthma anfallsweise auftritt, bekommen COPD-Patienten vor allem unter Belastung schlecht Luft, in späteren Stadien besteht die Daueratemnot auch in Ruhe. Führt man eine Lungenfunktionsprüfung mittels Spirometrie durch, so ist beim Asthmatiker außerhalb des Anfalls häufig praktisch keine Obstruktion feststellbar, während bei einem COPD-Patienten nahezu immer eine Obstruktion nachweisbar ist.

Unterschiedliche Stufenschemata bei COPD und Asthma

Basis der Empfehlungen zur medikamentösen Behandlung der Deutschen Atemwegsliga ist die Einteilung der Erkrankung in vier Stufen (0 bis 3) entsprechend der Schwere der COPD. Trotz des progredienten Verlaufs der COPD lassen sich die Symptome bessern. Als wichtigste präventive Maßnahme sollte eine sofortige Beendigung des Rauchens erfolgen, um eine weitere Verschlechterung des Krankheitsbildes zu verhindern bzw. das Fortschreiten der Leistungseinschränkung zu verlangsamen. Die medikamentöse Basistherapie der COPD besteht aus inhalativen Bronchodilatatoren. Hierzu gehören Anticholinergika oder Sympathomimetika. Bei schwererer COPD kann zusätzlich Theophyllin oral verabreicht werden.

Blockade derMuscarinrezeptoren

Anticholinergika wirken über den Parasympathikus als kompetitive Antagonisten von muscarinischen Acetylcholinrezeptoren, indem sie Acetylcholin vom so genannten M3-Rezeptor verdrängen. Dies führt zu einer Hemmung der Signalübertragung durch Rezeptorblockade an der glatten Bronchialmuskulatur. Dadurch wirken sie der vagal ausgelösten Bronchokonstriktion entgegen und führen zur Bronchodilatation. Zu den bisher auf dem Markt erhältlichen Anticholinergika gehören u. a. Ipratropium (Atrovent, Itrop) und Oxitropium (Ventilat). Ipratropium ist ein sicheres und effektives Anticholinergikum, allerdings nur mit einer kurzen Halbwertszeit, sodass am Tag mehrere Inhalationen nötig sind. Darüber hinaus werden alle Muscarinrezeptoren blockiert. Dadurch kann es bei einem Teil der Betroffenen über M2-Rezeptoren zu einer paradoxen Bronchokonstriktion kommen.

Verlängerte Wirkung durch selektiven M3-Blocker

Tiotropium (vorgesehener Handelsname Spiriva) ist ein vor der Zulassung stehender selektiver M3- und M1-Rezeptorenblocker. Tiotropium verlängert die anticholinerge, bronchienerweiternde Wirkung über einen verlängerten M3-Rezeptor-Antagonismus, es weist eine etwa zehnfach höhere Affinität zum Muscarinrezeptor auf als Ipratropium. Auch die Dissoziation aus der Rezeptorbindung erfolgt sehr viel langsamer, sodass für Tiotropium eine maximale Bronchodilatation über 15 Stunden nachweisbar ist, ehe der Effekt langsam nachlässt. Daher genügt eine einmal tägliche inhalative Gabe dieses M3-Rezeptor-Blockers für eine 24-Stunden-Wirkung, wodurch auch die Compliance der Patienten erhöht wird.

Empfehlungen des Sachverständigenrates

Der Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen des Bundesministeriums für Gesundheit hat in seinem Jahresgutachten 2000/01 zur Über-, Unter- und Fehlversorgung bei ausgewählten Erkrankungen festgestellt, dass bei chronischen und obstruktiven Lungenkrankheiten sowohl in diagnostischer als auch in therapeutischer Hinsicht Mängel bestehen. Beklagt wird eine nicht zeitgerechte Erkennung entsprechender Krankheitsbilder und eine teilweise unzureichende Pharmakotherapie. Zwar stehen prinzipiell notwendige Medikamente zur Verfügung, sie werden jedoch nicht nach evidenzbasierten Kriterien bzw. gemäß der vorhandenen Leitlinien verordnet.

In Hinsicht auf die zu erwartende Zunahme chronisch obstruktiver Atemwegserkrankungen hat der Sachverständigenrat daher die dringende Empfehlung ausgesprochen, dass durch eine Behebung des Mangels an Lehre, Forschung und Patientenversorgung in der Pneumologie eine Verbesserung der Prävention, Diagnose und Behandlung von Lungen- und Atemwegserkrankungen zu betreiben ist. Allerdings sind hierfür ein Interesse an der Grundlagenforschung und der angewandten Forschung sowie ein besseres Verständnis der Öffentlichkeit und insbesondere der Patienten - was klinische Prüfungen angeht - erforderlich.

Kastentext: Gesundheitsökonomische Bedeutung der COPD

Der Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen des Bundesministeriums für Gesundheit hat festgestellt, dass die chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen (Asthma bronchiale und COPD) an der 3. Stelle der Krankheiten stehen, die zwei Drittel aller Gesundheitskosten in Deutschland verursachen.

Die Behandlungskosten der COPD sind stark vom Schweregrad der Erkrankung abhängig. Eine Studie aus den USA mit ca. 1000 COPD-Patienten zeigte, dass die jährlichen Kosten um mehr als das 6fache von 1681 US-Dollar bei leichter auf 10 812 US-Dollar bei schwerer COPD-Ausprägung steigen. Den größten Teil der Kosten, die durch eine COPD verursacht werden, tragen in Deutschland die Krankenkassen mit 37% und die Arbeitgeber mit 35%. Für diese Kostenträger ist die COPD die mit Abstand teuerste Lungenerkrankung.

Quelle:

Nach Vorträgen von Prof. Dr. Gisela-Charlotte Fischer, Hannover; Dr. Frank-Ulrich Fricke, Nürnberg; Prof. Dr. Helgo Magnusson, Großhansdorf; Dr. Dr. Andreas Barner, Ingelheim; Pressegespräch "COPD - die unerkannte Volkskrankheit der Lunge, Medizinische und gesundheitspolitische Forderungen stehen an", Berlin, 31. Januar 2002, veranstaltet von Pfizer GmbH und Boehringer Ingelheim GmbH.

In Deutschland leiden 10 bis 15% der Erwachsenen an chronischer Bronchitis, einer Vorstufe der COPD (Chronic Obstructive Pulmonary Disease). Obwohl die COPD wesentlich häufiger vorkommt als Asthma bronchiale, ist sie sowohl dem Arzt als auch dem Patienten so gut wie unbekannt. Es besteht zwar wie bei Asthma eine Bronchialobstruktion, Patienten mit COPD zeigen aber einen progredienten, ungleich schwereren Verlauf.

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