Phytopharmaka

W. Vierling et al.Crataegus-Extrakte – Untersu

In den vergangenen Jahren wurde in Fachkreisen intensiv über die Vergleichbarkeit von Phytopharmaka bzw. der ihnen zugrunde liegenden pflanzlichen Extrakte diskutiert [1 - 5]. Dabei kamen Gaedcke [1, 2] sowie Meier und Linnenbrink [3] zu dem Schluss, dass pflanzliche Gesamtextrakte pharmazeutisch äquivalent sind, wenn sie mit Alkohol-Wasser-Gemischen von 40 bis 70% (V/V) bzw. von 40 bis 80% (V/V) erschöpfend extrahiert werden, sodass sie ein natives Droge-Extrakt-Verhältnis (DEVnativ) von 4-7:1 aufweisen. Nun wurde eine aufwändige pharmakologische Untersuchung entsprechender Crataegus-Extrakte durchgeführt. Dabei riefen die Extrakte an der Aorta des Meerschweinchens in einem ähnlichen Konzentrationsbereich Muskelrelaxationen gleichen Ausmaßes hervor. Ihre aufgrund der pharmazeutischen Eigenschaften postulierte Äquivalenz bestätigte sich also im Tierversuch.

Wirkungsmechanismus von Crataegus

Crataegus-Präparate werden in der Phytotherapie zur Behandlung der leichten bis mittelschweren Herzinsuffizienz verwendet [Übersichten bei 6 - 8]. Als Wirkungsmechanismus wurden bisher hauptsächlich

  • eine Herzkraft-steigernde (positiv inotrope) Wirkung [9, 10] und
  • eine vasorelaxierende Wirkung, insbesondere an den Koronargefäßen [10, 11]

diskutiert. Allerdings war in einigen Untersuchungen die Herzkraft-steigernde Wirkung nur gering ausgeprägt [10, 11] oder fehlte ganz [13]. Auch die relaxierende Wirkung an isolierten Koronararterien war nur relativ schwach [11]. Dagegen war am perfundierten Herzen die Zunahme der Koronarperfusion deutlicher [10, 16, 17]. Kürzlich wurde eine ausgeprägte relaxierende Wirkung von Crataegus-Extrakten an der durch Catecholamine kontrahierten Aorta gefunden, die bereits in niedrigen Extrakt-Konzentrationen eintritt [12, 13].

Pharmakologisches Versuchsmodell

Zum Studium einer Bioäquivalenz von Crataegus-Extrakten ist die Messung der Koronarperfusion ziemlich ungeeignet, da bisher keine klaren Konzentration-Wirkungs-Beziehungen aufgestellt werden konnten. In der Untersuchung von Joseph et al. [10] führten bereits kleine Änderungen der Konzentration zu Maximaleffekten, sodass die Bestimmung der Konzentration des halben Maximaleffektes (EC50) nicht möglich war. Außerdem wird die Koronarperfusion nicht nur durch die direkte Wirkung der Extrakte auf den Tonus der Koronararterien, sondern auch durch die Wirkung auf die Herzfrequenz und die Kontraktion beeinflusst. Der Mechanismus ist also sehr komplex, und entsprechend sind die Ergebnisse variabel.

Neuere Untersuchungen [12, 13] zeigten, dass Crataegus-Extrakte an der Gefäßmuskulatur (Aorta), die unter dem Einfluss von Noradrenalin kontrahiert ist, eine relativ starke relaxierende Wirkung besitzen. Darauf beruht das Versuchsmodell, das hier verwendet wurde: Die relaxierende Wirkung von sieben Crataegus-Extrakten wurde an isolierten, durch Noradrenalin kontrahierten Aortenringen des Meerschweinchens in einem Organbad geprüft.

Die Extrakte waren aus einer identischen Drogencharge mit Wasser und mit verschiedenen alkoholisch-wässrigen Auszugsmitteln hergestellt worden, wobei das Herstellverfahren jeweils identisch war. Als Referenzsubstanz wurde Milrinon, eine Substanz mit bekannter vasorelaxierender Wirkung, eingesetzt.

Material und Methoden

Prüfsubstanzen Die zu testenden Crataegus-Spissum-Extrakte Nr. 8658.100, Nr. 8658.200, Nr. 8658.300, Nr. 8658.400, Nr. 8658.500W, Nr. 8658.600 und Nr. 8658.700W wurden von den Firmen Finzelberg GmbH & Co. KG, Emil Flachsmann AG, Gehrlicher GmbH & Co. KG, Chemische Fabrik Dr. Hetterich KG, Martin Bauer GmbH & Co KG, PhytoLab GmbH & Co. KG, Chemische Fabrik Reisholz GmbH, Roha Arzneimittel GmbH und Salus-Haus GmbH & Co. KG zur Verfügung gestellt und pharmazeutisch charakterisiert.

Sie wurden jeweils durch erschöpfende Perkolation der Droge (Blätter mit Blüten von Crataegus DAB 1997, Schnittgröße 10 mm, Verhältnis Droge zu Auszugsmittel 1:10 (m/m)) bei Raumtemperatur hergestellt und waren frei von Lösungsmitteln.

Es wurden DC-Fingerprint-Chromatogramme in drei unterschiedlichen Polaritätsbereichen erstellt (Fließmittel: Dichlorethan-Methanol-Wasser-Essigsäure 50:15:10:25; Sprühreagenz: Anisaldehyd-Reagenz; Abb. 1) und die Inhaltsstoffgruppen quantitativ bestimmt (Tab. 1, Abb. 2). Die Extrakte wurden bis zur Verwendung im Kühlschrank aufbewahrt.

Die Referenzsubstanz Milrinon wurde von der Fa. Sigma, Deisenhofen, bezogen.

Die Crataegus-Extrakte und Milrinon wurden in einem Gemisch aus Wasser und Ethanol (1:1; V/V) gelöst. Mit Wasser verdünnt, wurden sie in den für die gewünschten Endkonzentrationen notwendigen Mengen kumulativ dem Organbad zugesetzt. Das zugesetzte Volumen betrug maximal 164 µl, d.h. 3,3% des Organbadvolumens.

Die für das Organbad verwendete Nährlösung hatte folgende Zusammensetzung (in mM): NaCl 115; KCl 4,7; CaCl2 2,5; NaHCO3 25; KH2PO4 1,2; MgCl2 1,2; Glucose 10 (alle Fa. Merck, Darmstadt). Die Substanzen wurden in demineralisiertem Wasser gelöst. KCl (Stammlösung 3,75 mM) wurde dem Organbad bei Bedarf zur Erhöhung der extrazellulären Kalium-Konzentration zugegeben. Noradrenalin (±-Noradrenalin-HCl, Fa. Sigma, Deisenhofen) wurde in Wasser gelöst (Stammlösung 10 mM). Ascorbinsäure und Ethanol absolut p.a. (Fa. Merck) dienten als Antioxidans bzw. als Lösungsvermittler.

Versuchsdurchführung Es wurden Meerschweinchen beiderlei Geschlechts (glatt-bunte Kreuzungen, Fa. Stock, Gelnhausen) mit einem Gewicht von 250 bis 350 g eingesetzt. Die Tiere wurden durch zervikale Dislokation getötet und anschließend der thorakale Anteil der Aorta herauspräpariert, von Bindegewebe befreit und in 2 bis 3 mm breite Ringe geschnitten. Diese Aortenringe wurden in 1-Kammerbäder aus Borosilicatglas (Fassungsvermögen 5 ml, Fa. TSE, Bad Homburg) eingebracht und zwischen zwei Häkchen eingespannt, von denen das eine mit dem Organbad und das andere mit einem induktiven Kraftaufnehmer (Q11,10p, Fa. Hottinger-Baldwin Messtechnik) verbunden war. Die Präparate befanden sich in einer temperierten (35 °C) Nährlösung, die kontinuierlich mit Carbogen (Gasgemisch aus 95% O2 und 5% CO2) durchströmt wurde. Die Messsignale konnten auf einem Oszilloskop (Fa. Tektronix, Baeverton, USA) beobachtet werden und wurden mit Hilfe eines Analog-Digital-Wandlers (Typ DAS-1602, Fa. Keithley, Germering) digitalisiert und mit einem EDV-Programm (erstellt mit ASYST-Software, Fa. Keithley) gespeichert und analysiert.

Die Ruhekraft der Präparate wurde nach dem Einhängen mit einem Mikromanipulator zunächst auf 9,8 mN eingestellt. Danach äquilibrierten die Aortenringe 1 h lang unter wiederholtem Wechseln der Badlösung, wobei sich eine konstante Grundspannung einstellte, die etwas unter der eingestellten Ruhekraft lag. Zunächst wurde die extrazelluläre Kalium-Konzentration um 30 mM erhöht und dadurch eine Kontraktur ausgelöst, um das Funktionieren des Versuchssystems zu bestätigen. Nach Auswaschen wurde dann eine zweite Kontraktur mit Noradrenalin ausgelöst und nach Erreichen konstanter Kräfte die Test- bzw. Referenzsubstanz oder nur der Lösungsvermittler zugegeben. Die Zugabe erfolgte kumulativ, jeweils nach Erreichen eines neuen Steady-state-Wertes. Zur Hemmung der oxidativen Umsetzung von Noradrenalin wurde bei dessen Applikation dem Organbad Ascorbinsäure (Endkonzentration 30 µM) zugefügt. Die Versuche wurden gemäß GLP-Richtlinien durchgeführt.

In Vorversuchen wurde getestet, in welchem Konzentrationsbereich die Crataegus-Extrakte und Milrinon Wirkung zeigen. Dementsprechend wurden die zu prüfenden Konzentrationen festgelegt. Um zeitliche Schwankungen zu eliminieren, wurde die Reihenfolge der Versuche im Losverfahren festgelegt. Grundsätzlich wurden an einem Tag drei Substanzen, nämlich Crataegus-Extrakte und/oder Referenz (Milrinon) und/oder Kontrolle (Lösungsvermittler Alkohol), an Präparaten eines Versuchstiers getestet. Dabei wurde jeweils ein Doppelversuch durchgeführt, d.h. die gleiche Substanz an zwei verschiedenen Präparaten desselben Versuchstiers eingesetzt. Aortenringe, die nicht auf die Erhöhung des extrazellulären Kaliums reagieren, sollten vom Versuch ausgeschlossen werden. Es reagierten jedoch alle Aortenringe. Einige Aortenringe, bei denen es unter dem Einfluss von Noradrenalin zu einem plötzlichen, starken, nicht durch Substanzwirkung erklärbaren Abfall der Kontraktur kam, wurden nicht gewertet.

Statistische Auswertungen Alle Berechnungen wurden mit den Originaldaten durchgeführt, d.h., auf eine logarithmische Transformation wurde verzichtet. Das verwendete sigmoide Emax-Modell [14] beinhaltet insgesamt vier zu schätzende Parameter und hat die folgende Form: Kraft = E0 + [(Emax - E0) / (1 + (EC50/Konzentration)7))]

Dabei gibt E0 die Kraft bei Nullkonzentration der Prüfsubstanzen (Ausgangswert) und Emax die Kraft bei maximaler Konzentration der Prüfsubstanzen an. Der Quotient aus Emax und E0 x 100 ergibt den prozentualen Wert von Emax gegenüber E0 (je niedriger der Wert, desto größer die Kraftreduktion bzw. Relaxation des Aortenringes). EC50 gibt die Konzentration an, mit der 50% der maximalen Kraftreduktion erzielt werden. Der Parameter Gamma (γ) misst die Steilheit des Konzentration-Wirkungs-Effektes.

Zur Berechnung der Nullkonzentration wurde anstelle der Null eine Konzentration von 10-6 mg/l eingesetzt. Durch Sensitivitätsanalysen (nicht gezeigt) konnte ein möglicher Verzerrungseffekt ausgeschlossen werden. Die Parameter wurden zunächst mittels eines nichtlinearen Regressionsmodells (PROC NLIN, SAS/STAT-Software) geschätzt. Dieses Schätzverfahren lässt jedoch intraindividuelle Korrelationen unberücksichtigt. Beim vorliegenden Versuchsplan musste von abhängigen Messungen ausgegangen werden, hervorgerufen einerseits durch die Mehrfachmessungen eines Präparates bei verschiedenen Konzentrationen und andererseits durch die Doppelmessungen von Präparaten eines Tieres. Die daraus resultierenden intraindividuellen Korrelationen wurden in der vorliegenden Auswertung nach der Methode von Prentice und Zhao [15] berücksichtigt, wie sie im Macro NLINMIX (SAS/STAT-Software) implementiert ist. Die geschätzten Parameter werden zusammen mit ihren 95%-Konfidenzintervallen (eindimensional) bzw. 95%-Konfidenzellipsen (zweidimensional) angegeben (Tab. 2 und Abb. 4).

Phytochemische Charakterisierung

Die phytochemische Charakterisierung der sechs alkoholisch-wässrigen Crataegus-Extrakte zeigte sowohl qualitativ (Abb. 1) als auch quantitativ (Abb. 2 und Tab. 1) vergleichbare Inhaltsstoffspektren. Sie unterschieden sich jedoch deutlich von dem wässrigen Crataegus-Extrakt durch wesentlich geringere Gehalte folgender Substanzgruppen:

  • Procyanidine 8% gegenüber 8,7 bis 13,5%,
  • Flavonoide (DAB) 0,7% gegenüber 1,1 bis 3,4%,
  • Gesamtphenole 14% gegenüber 19,5 bis 25,6%.

    Ergebnisse der pharmakologischen Testung

    Alle getesteten Crataegus-Extrakte zeigten eine relaxierende Wirkung an den Aortenringen, die vorher durch 10 µM Noradrenalin zur Kontraktur gebracht worden waren. Die Extrakte führten zu einer Reduktion des Ausgangswertes auf 42 bis 29% (Tab. 2); folglich konnte durch keinen der Extrakte eine vollständige Relaxation erzielt werden. Die Konzentration-Wirkungs-Kurven (Abb. 3) lagen - mit Ausnahme der Kurve für 8658.100 (wässriger Extrakt) - nahe beieinander, das heißt, dass weitgehend identische Wirkungen erzielt wurden. Entsprechend variierten die EC50-Werte zwischen 4,16 mg/l (8658.200) und 9,8 mg/l (8658.600). Der wässrige Extrakt 8658.100 besaß zwar eine ähnliche maximale Wirkung wie die anderen Extrakte, seine EC50 lag aber viel höher, bei 22,39 mg/l. Die Referenzsubstanz Milrinon besaß erwartungsgemäß die stärkste Wirkung (maximale Relaxation auf 0,38 mN, also auf 2,38% des Ausgangswertes von 15,36 mN; EC50 = 1,31 mg/l).

    Die Wirkung der Extrakte spielte sich in einem relativ engen Konzentrationsbereich ab, wie aus dem steilen Verlauf der Konzentration-Wirkungs-Kurven ersichtlich ist (Abb. 3). Der Parameter Gamma, der ein Maß für die Steigung der Kurven darstellt, variierte zwischen 3,1 und 4,6 und lag damit deutlich höher als bei der Konzentration-Wirkungs-Kurve für Milrinon (γ = 0,82), das seine Wirkung auch bei niedrigeren Konzentrationen und damit in einem relativ weiten Konzentrationsbereich entfaltete.

    Der in den Versuchen eingesetzte Lösungsvermittler Ethanol wies keine relaxierende Wirkung auf, wie die Kontrollversuche zeigten, im Gegenteil: Er steigerte die Kontraktur um maximal 21%. Daher kann man annehmen, dass die lösungsmittelfreien Crataegus-Extrakte eine um etwa 20% stärkere Wirkung besitzen, als die Experimente (mit dem Lösungsvermittler Ethanol) gezeigt haben. Entsprechend könnte Milrinon ohne Ethanol eine vollständige Relaxation der durch Noradrenalin erzeugten Kontraktur bewirken.

    Statistisch signifikante Unterschiede

    Im Rahmen der statistischen Analyse wurden die beiden entscheidenden Parameter, EC50 und Emax, nochmals separat in einem Scatterplot zusammen mit ihren 95%-Konfidenzellipsen aufgetragen (Abb. 4. Bei dieser Darstellung kennzeichnen nicht überlappende Ellipsen einen statistisch signifikanten Unterschied auf einem Signifikanzniveau von 5%. Aufgrund disjunkter Konfidenzellipsen können primär vier Gruppen signifikant unterschieden werden:

  • das Crataegus-Muster 8658.100,
  • die Crataegus-Muster 8558.200 - 700W,
  • Milrinon sowie
  • Ethanol.

    Bei den Crataegus-Mustern 8558.200 - 700W lassen sich weitere disjunkte Ellipsen ausmachen. Bei einer Adjustierung des Konfidenzniveaus auf 99,67% (Bonferroni-Prinzip), um dem Umstand der Mehrfachtestung Rechnung zu tragen, sind aber nur noch die Ellipsen der Muster 8558.200 und 8558.500W disjunkt von der Ellipse des Musters 8558.600.

    Bewertung der Ergebnisse

    Die kürzlich gefundene [12, 13] relaxierende Wirkung von Crataegus-Extrakten an der durch Catecholamine kontrahierten Aorta wurde in der vorliegenden Arbeit bestätigt. Sie ist ausgeprägt (Relaxation auf 30 bis 40% des Ausgangswertes) und tritt bereits in niedrigen Extrakt-Konzentrationen auf. Dieser Effekt könnte auch von erheblicher klinischer Bedeutung sein, da bei bestehender Herzinsuffizienz erhöhte Catecholamin-Werte im Blut zu einer Vasokonstriktion führen und das Krankheitsbild weiter verschlechtern können. Eine Vasorelaxation entlastet in dieser Situation das Herz. In der modernen Therapie der Herzinsuffizienz haben Maßnahmen, die das Herz entlasten, Vorrang vor dem Einsatz von Herzkraft-steigernden Substanzen.

    Wegen der Einfachheit der Versuchsanordnung und der guten Reproduzierbarkeit eignet sich das vorgestellte Modell sehr gut für die biologische Standardisierung von Crataegus-Extrakten. Die Ergebnisse zeigen, dass mit wässrig-alkoholischen Auszugsmitteln ähnlicher Polarität (40 bis 70% [V/V] Ethanol bzw. Methanol) bei gleichem Herstellverfahren Crataegus-Extrakte erhalten werden, die sehr ähnliche Inhaltsstoffspektren aufweisen. Diese haben nicht nur ein vergleichbares DEVnativ (5 - 6:1), vergleichbare Gehalte an Procyanidinen, Flavonoiden, Gesamtvitexin und -phenolen und vergleichbare DC-Fingerprints, sondern auch vergleichbare pharmakologische Wirkungen.

    Der wässrige Crataegus-Extrakt zeigt dagegen einen abweichenden DC-Fingerprint, einen geringeren Gehalt der untersuchten Inhaltsstoffe (außer Gesamtvitexin und Flavonoide (HPLC)), ein höheres DEVnativ [8:1] und eine entsprechend geringere Potenz bei gleicher maximaler Wirkung. Die wässrig-alkoholischen Crataegus-Extrakte im Auszugsmittelbereich von 40 bis 70% (v/v) Methanol bzw. Ethanol können entsprechend als äquivalent in ihrer Zusammensetzung und in ihrer pharmakologischen Wirkung angesehen werden.

    Zusammenfassung

  • Es wurden sieben verschiedene Crataegus-Extrakte an isolierten Aortenringen des Meerschweinchens getestet. Dabei wurde die Reduktion der durch Noradrenalin (10 µM) induzierten Kontraktur (Vasospasmus) gemessen.
  • Die sechs wässrig-alkoholischen Extrakte (Ethanol bzw. Methanol (40 bis 70% [V/V]) wiesen qualitativ und quantitativ ähnliche Inhaltsstoffspektren (Procyanidine, Flavonoide, Gesamtvitexin und -phenole) auf, während der wässrige Extrakt niedrigere Werte zeigte.
  • Alle sieben Extrakte reduzierten die Kontraktur der Aortenringe auf 42 bis 29% des Ausgangswertes. Die Konzentration, mit der 50% des Maximaleffektes erzielt wurde (EC50), variierte bei den wässrig-alkoholischen Extrakten zwischen 4,16 mg/l und 9,8 mg/l, lag aber bei dem wässrigen Extrakt mit 22,39 mg/l deutlich höher.
  • Durch Verwendung von 40- bis 70%igen Ethanol- bzw. Methanol-Wasser-Gemischen ist es demnach möglich, Crataegus-Extrakte mit vergleichbaren Wirkprofilen zu erhalten.

    Kastentext: Äquivalenz von Phytopharmaka

    Die aus pharmazeutisch äquivalenten Extrakten hergestellten Phytopharmaka sind äquivalent, wenn zusätzlich folgende Parameter äquivalent sind:

  • Masse an nativem Extrakt
  • Hilfsstoffe
  • Darreichungsform
  • Tagesdosis

    Kastentext: Einfluss der Extraktionsmittel

    Bei Verwendung von Wasser-Methanol- bzw. Wasser-Ethanol-Gemischen und erschöpfendem Extraktionsverfahren werden Crataegus-Extrakte gewonnen, die keinen gravierenden Unterschied in ihrer Wirkung aufweisen. Die unter Verwendung von Wasser gewonnenen Crataegus-Extrakte erzielen zwar eine vergleichbare Maximalwirkung, aber die für die Erzielung der halbmaximalen Wirkung erforderliche Konzentration (EC50) liegt erheblich höher. Dies bedeutet, dass diese Extrakte in einer deutlich höheren Dosis eingesetzt werden müssen. Der geringere Effekt der wässrigen Extrakte lässt sich auf den geringeren Gehalt an bestimmten Substanzen zurückführen. Diese Unterschiede sind quantitativ, nicht qualitativ und können durch Steigerung der Konzentration ausgeglichen werden, wie die pharmakologische Untersuchung zeigt.

    Danksagung:

    Die ausgezeichnete technische Assistenz von Petra Apostolopoulos und Markus Heumann wird dankbar anerkannt.

    Literatur: [1] Gaedcke, F.: Phytoäquivalenz - Was steckt dahinter? Dtsch. Apoth. Ztg. 135, 311 - 318 (1995). [2] Gaedcke, F.: Pharmazeutische Äquivalenz - Vorstellung eines Konzeptes für Phytopharmaka. Z. Phytother. 17, 221 - 234 (1996). [3] Meier, B., Linnenbrink, N.: Status und Vergleichbarkeit pflanzlicher Arzneimittel. Dtsch. Apoth. Ztg. 136, 4205 - 4220 (1996). [4] Uehleke, B., Frank, B., Reinhard, E.: Bewertung und Vergleichbarkeit von Phytopharmaka. Einführung des Begriffs "Phytoäquivalenz". Dtsch. Apoth. Ztg. 134, 1772 - 1774 (1994). [5] Hänsel, R., Stumpf, H.: Vergleichbarkeit und Austauschbarkeit von Phytopharmaka. Dtsch. Apoth. Ztg. 134, 4561 - 4566 (1994). [6] Hänsel, R.: Phytopharmaka. Springer-Verlag, Heidelberg 1991, S. 33 - 36. [7] Wagner, H., Wiesenauer, M.: Phytotherapie. G. Fischer-Verlag, Stuttgart 1995, S. 38 - 43, 45-46. [8] Kaul, R.: Der Weißdorn. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 1998, S. 129 - 159. [9] Pöpping, S., Rose, H., Ionescu, I., Fischer,Y., Kammermeier, H.: Effect of hawthorn extract on contraction and energy turnover of isolated rat cardiomyocytes. Arzneim.-Forsch./Drug Res. 45, 1157 - 1161 (1995). [10] Joseph, G., Zhao, Y., Klaus, W.: Pharmakologisches Wirkprofil von Crataegus-Extrakt im Vergleich zu Epinephrin, Amrinon, Milrinon und Digoxin am isoliert perfundierten Meerschweinchenherzen. Arzneim.-Forsch./Drug Res. 45, 1261 - 1265 (1995). [11] Siegel, G., Casper, U., Walter, A., Hetzer, R.: Weißdorn-Extrakt LI 132. Dosis-Wirkungs-Studie zum Membranpotential und Tonus menschlicher Koronararterien und des Hundepapillarmuskels. Münch. Med. Wochenschr. 136, Suppl. 1, S47 - S56 (1994). [12] Franck, U., Günther, B., Vierling, W., Wagner, H.: Investigation of cecropia and crataegus extracts for their angiotensin converting enzyme inhibitory and vasorelaxant activities. Phytomedicine 3, Suppl. 1, 93 (1996). [13] Müller, B.: Untersuchungen zur Wirkung von Pflanzenextrakten und Pflanzeninhaltsstoffen auf das kardiovaskuläre System durch Kontraktionskraftmessung an isolierten Aortenringen und Papillarmuskeln. Dissertation, Fakultät für Chemie und Pharmazie, Ludwig-Maximilians-Universität München, 1997. [14] Holford, N.H.G., Sheiner, L.B.: Understanding the dose-Effect relationship: clinical application of pharmacokinetic-pharmacodynamic models. Clin. Pharmacokinet. 6, 429 - 453 (1981). [15] Prentice, R.L., Zhao L.P.: Estimating equations for parameters in means and covariances of multivariate discrete and continuous responses. Biometrics 47, 825 - 839 (1991). [16] Trunzler, G., Schuler, E.: Vergleichende Studien über Wirkungen eines Crataegus-Extraktes, von Digitoxin, Digoxin und g-Strophanthin am isolierten Warmblüterherzen. Arzneim.-Forsch./Drug Res. 12, 198 - 202 (1962). [17] Vogel, G.: Vorhersehbarkeit der Wirkung von Drogenkombinationen - ja oder nein. Arzneim.-Forsch./Drug Res. 25, 1356 - 1365 (1975). [18] Monographie Crataegus, in: Hänsel, R., Keller, K., Rimpler, R., Schneider, G. (Hrsg.): Hagers Handbuch der Pharmazeutischen Praxis, 5. Aufl. Springer-Verlag, Berlin u. a. 1992, S. 1050.

  • Welche Pflanzenextrakte sind pharmazeutisch und pharmakologisch äquivalent? Die alte Behauptung, dass die Äquivalenz bei Extraktion mit Alkohol-Wasser-Gemischen von 40 bis 80% (V/V) gegeben sei, wurde jetzt am Beispielt von Crataegus in aufwändigen pharmakologischen Versuchen bestätigt. Als Versuchsmodell diente die Gefäßmuskulatur des Meerschweinchens.

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